Kultur auf der ganzen Linie

Mit der Kultur-Straßenbahn zu den Sehenswürdigkeiten in Essen

Text und Fotos: Karsten-Thilo Raab

Deutschland Essen Kulturlinie

Sie ist gelb, verkehrt teilweise unterirdisch, teilweise oberirdisch. Die Sitze sind in ein gewöhnungsbedürftiges lilablau, rot, gelb und schwarz gehalten. Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Linie 107 nicht von anderen Linien im Streckennetz der Essener Verkehrs AG. Die Besonderheit der Tram liegt entlang der Strecke, denn hier wartet im wahrsten Sinne des Wortes „Kultur auf der ganzen Linie“ darauf, entdeckt zu werden. Auf ihrer 45minütigen Fahrt zwischen dem mondänen Villenvierteln im grünen Essener Stadtteil Bredeney und dem Gelsenkirchener Hauptbahnhof passiert die Bahn mehr als sechzig kulturelle Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten, die bis auf wenige Ausnahmen nur wenige Gehminuten von den 34 Haltepunkten entfernt liegen.

Deutschland Essen Grugapark

Hundertwasser-Haus im Gruga-Park

Auf einer Strecke von siebzehn Kilometern liegen Vergangenheit und Zukunft, Industriebrachen, Baudenkmäler und einhundert Jahre alte Wälder dicht beieinander. Der Bogen spannt sich von der viel beachteten Philharmonie und zwei Opernhäusern über sieben Theater, zehn Museen und einem der bedeutendsten Kirchenschätze Deutschlands bis hin zur Alten Synagoge und dem Weltkulturerbe "Zeche Zollverein".

Deutschland Essen Folkwang

Die schlichte Fassade des Folkwang Museums

Auch weniger bekannte Sehenswürdigkeiten, wie etwa das "Soul of Africa", Europas erstes und einziges Museum für Voodoo und Heilung, das mit mehr als tausend Exponaten Einblicke in komplexe Götterwelten vermittelt, sind entlang der Strecke zu finden. Gleichwohl richtet sich das Hauptaugenmerk auf herausragende kulturelle Einrichtungen wie das international renommierte Museum Folkwang mit seiner Kunstsammlung des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, das natur- und kulturgeschichtlich orientierte Ruhrlandmuseum oder die Lichtburg, den mit 1.250 Sitzen größten deutschen Filmpalast, der seit 1928 als eines der wichtigsten Premierenkinos bundesweit gilt.

Von der Goldenen Madonna zur Kohlengrube

Deutschland Essen Zollverein

Zu den wichtigsten Anlaufpunkten zählt natürlich auch der Essener Dom nebst der angrenzenden Domschatzkammer. Das Gotteshaus bildet zusammen mit der vorgelagerten Kirche St. Johann Baptist das Zentrum des mittelalterlichen Stadtkerns und erinnert durch die Herrscherempore und die zweifachen Säulenreihe im Inneren an die Aachener Pfalzkapelle. Während der Dom die mit der über tausend Jahre alten Goldenen Madonna die älteste vollplastische Marienfigur des Abendlandes beheimatet, sind in der Domschatzkammer unter anderem das goldene Schwert und die Kinderkrone von König Otto III.(980-1002) zu bewundern.

Derweil wird in der Zeche Zollverein ein Stück Industriekultur lebendig. Die von der Unesco zum Weltkulturerbe erhobene Schachtanlage galt nach ihrer Fertigstellung 1932 als vermeintlich „schönste Zeche auf Erden“ und avancierte zugleich zur größten und modernsten Schachtanlage der Welt. Nach der Schließung im Jahre 1986 wandelte sich die Anlage um Schacht XII zu einem Design- und Kulturstandort par excellence.

Deutschland Essen Villa Hügel

Deutschlands "größtes Einfamilienhaus"

Wichtige Stücke der Stadtgeschichte dokumentieren entlang der Linie 107 daneben das Eltingviertel, eine Arbeitersiedlung mit Gründerzeithäusern aus den 1880er Jahren, sowie die von der Krupp-Familie angelegten Siedlungen Altenhof I und Brandenbusch. Nicht fehlen darf natürlich auch der Blick auf den Stammsitz der Krupp-Dynastie, die Villa Hügel. Das „größte Einfamilienhaus Deutschlands“ mit seinen 269 Zimmern liegt inmitten des prächtigen Hügelparks nur einen Steinwurf vom Baldeneysee entfernt. Die klassizistische Gründerzeitvilla zeigt neben einer Sammlung von Wandteppichen und Gemälden ein Deckenfresko von Giovanni Battista Tiepolo und informiert in einer Dauerausstellung über das Leben der Familie Krupp sowie die Entstehung des Firmenimperiums.

Ein Kaleidoskop des Lebens im Ruhrgebiet

Doch die Kulturlinie 107 vereint noch mehr attraktive Ziele. So die Alte Synagoge unweit des Essener Rathauses, das mit 106 Metern das höchste in Deutschland ist. Das jüdische Gotteshaus, zwischen 1911 und 1913 mit Unterstützung jüdischer Familien errichtet, zeigt als Gesamtkunstwerk ein Zusammenspiel von byzantinischer und abendländischer Architektur. Die Dauerausstellung in der größten Synagoge nördlich der Alpen zeigt Stationen des jüdischen Lebens und dokumentiert die Verfolgungen und den Widerstand in Essen zwischen 1933 und 1945.

Deutschland Essen Philharmonie

Die Philharmonie

Fest steht, die Kulturlinie 107 durchquert auf siebzehn Kilometern die Vergangenheit und Zukunft der einstigen Industriemetropole und erweist sich als Kaleidoskop des vielschichtigen Lebens in der 600.000 Einwohner zählenden Ruhrgebietsstadt. Eine Linie, die gleichermaßen Besuchern und Bewohnern Essens einen Einblick ins Kulturleben der Stadt verschafft. Eine Linie, auf die nicht wenige im wahrsten Sinne des Wortes abfahren dürften - und dies zu Recht.

Reiseinformationen zu Essen

Auskunft:
Touristikzentrale Essen
Im Handelshof
Am Hauptbahnhof 2
45127 Essen
Tel.: (02 01) 1 94 33
www.kulturlinie107.de (Hier kann auch der komplette Fahrplan der Linie 107 abgerufen werden)

Literatur:
Stiftung Zollverein: Kunstführer Zollverein, 96 Seiten, zahlr. farb. Abb., zweisprachig (dt./engl.), Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0464-4, Preis 9,95 Euro.

 

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