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Ausstellungsorte in Bonn: Rheinisches Landesmuseum / Museum König /Deutsches Museum / Ägyptisches Museum /Gedenkstätte Bonn

Bonn
Gedenkstätte Bonn

Bonns braune Vergangenheit
laufend

Nein, nichts weist deutlich daraufhin, dass neben dem Stadtmuseum Bonn die Gedenkstätte Bonn existiert. Diese dokumentiert in mehreren Räumen anhand von Bild- und Schriftdokumenten sowie wenigen Originalexponaten die Verfolgung, das Leid und die Ermordung der Bonner Opfer des Nationalsozialismus. Die Präsentation ist 2005 im Wesentlichen gestaltet worden, doch bereits bereits seit 1984 existiert der Trägerverein der Gedenkstätte. Der Ausstellungsort ist historisch nicht belastet so wie andere Gedenkstätten – man denke nur an das ehemalige KZ Neuengamme (Hamburg). Das ist unter Umständen von Vorteil, um in einer gewissen Distanz zu den Orten der NS-Verbrechen der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.

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Detail der Ausstellungsinszenierung

An die so genannte Reichskristallnacht erinnern die Bruchsteine der Synagoge am Rheinufer, die in der Ausstellung gezeigt werden und diese auch aufmachen. Was der Besucher sieht, ist alles was von dem 1879 erbauten basilikalen Gotteshaus übrig geblieben ist: steinerne jüdische Geschichte Bonns nach dem Niederbrennen jüdischer Gotteshäuser im November 1938. In der Bonner Zeitung vom 7.2.1879 können wir nachlesen, dass die Synagoge Platz für 350 Gläubige bot und sogar eine Orgel besaß, was in Synagogen recht außergewöhnlich ist.

Vom Friedensplatz zum Adolf-Hitler-Platz
Das Foto des Bonner Friedensplatzes in den 1930er Jahren zeigt eine scheinbar heile Welt. Doch damit sollte es nach 1933 vorbei sein. Aus dem Friedensplatz wurde kurzerhand der Adolf-Hitler Platz. In jenen Tagen wurden Alfred Israel, Erich Beer und andere Bonner Bürger von einem Tag zum anderen zu unerwünschten Bürgern. Die Besucher sehen die Aufnahme eines fröhlichen Geschwisterpaares und Bonner Bürger wie du und ich im Kostüm der Gardeoffiziere und erfahren zugleich von deren Schicksal. Einige überlebten die Nazizeit, andere wie Alfred Israel nicht. Den Lebenslauf des Häftlings 188002 aus Auschwitz kann man nachlesen. Adolf Berkovitsch-Alberti war sein Name. Er war Musiker und trat im Berliner Wintergarten auf, ehe er wegen Wehrkraftzersetzung zunächst ins KZ Welzheim und dann nach Auschwitz gebracht wurde. Er überlebte das KZ, ließ sich in Leipzig nieder, ehe er nach Westberlin floh. Andere Bonner endeten im KZ Theresienstadt und überlebten die Torturen der Lagerhaft nicht. Auch im Zuge des Euthanasieprogramms kamen Bonner Bürger ums Leben. Allein 188 Bonner Kinder wurden Opfer dieses Programms.


Bonn ist judenfeindlich
Vor der Münsterkirche flattert ein Banner mit der Aufschrift „Der Jude ist unser Staatsfeind“. Im Hofgarten versammeln sich die Massen zur NS-Großkundgebung 1939. HJ und BdM beherrschen den Marktplatz – in historischen Schwarzweißaufnahmen wird all dies wieder lebendig. Wer nicht arisch und volkdeutsch war, wurde aussortiert, verschwand im KZ Börgermoor und durfte wie Wilhelm Parsch an seine Verwandten unverfängliche Kartengrüße aus dem Lager schreiben. Wer nicht ins KZ kam, verschwand wie Josef Geisler in Schutzhaft und dann im Strafbataillon 999. Ein ähnliches Schicksal, so lesen die Ausstellungsbesucher, erfuhr auch der letzte SPD-Vorsteher des Godesberger Gemeinderates.

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Vernichtung wurde verwaltet

Es gab auch Widerstand
Mitglieder von SPD und KPD wie Josef Geisler waren im Widerstand tätig. Auch Mitglieder der Wandervogelbewegung standen im Widerstand zum Naziregime. Doch deren Zahl war überschaubar. Mit Recht kümmern sich die Ausstellungsmacher weit eingehender um die Opfer, so auch um die 6000 Toten, die die Eingriffe der staatlich verordneten Zwangssterilisierung nicht überlebten. Akte an Akte reiht sich mit den verdeckten Namen der Euthanasieopfer. In einer der Akten, die beim Bonner Amtsgericht geführt wurden, findet sich das Schicksal von Michael G. zwischen den Deckeln eines Schnellhefters.

Auswandern oder bleiben
Was kann besser das Thema „Auswandern oder bleiben“ vermitteln als ein Koffer, in dem sich Reisepässe, ein Beförderungsvertrag mit Red Star Line und andere Dokumente befinden. Sie gehörten der Familie von Dr. Artur Samuel, der sein Haus in der Colmantstraße verkaufen musste, um das Geld für die Auswanderung in die USA zusammenzubekommen. Als Vorsitzender der Synagogengemeinde musste er zudem dafür sorgen, dass die Überreste der niedergebrannten Synagoge beseitigt wurden. An den Kosten dafür wurde er beteiligt. 1939 gelang es ihm und seiner Familie wie anderen auch, Nazideutschland zu verlassen und eine neue Heimat zu finden.
Zum Thema Internierung, Deportation und Tod stehen Lesemappen mit Berichten bereit. Überlebende wie Dora Philippson lassen die Nachwelt hautnah an ihrem Schicksal teilnehmen.

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Teddy Bimbo: aus Stoffresten selbst gefertigt -
das Geschenk einer Freundin an Elsa Waldemann
während der Zeit im KZ Theresienstadt

Universität unterm Hakenkreuz
Zu erfahren ist, dass wie anderswo Bonner Hochschullehrer am 4. April 1933 eine Erklärung „Für Adolf Hitler“ veröffentlichten . Studenten verbrannten im Mai auf dem Marktplatz während der so genannten Bücherverbrennung Schriften jüdischer Autoren. Dutzende von Hochschullehrern mussten, da sie mosaischen Glaubens waren oder als politisch unzuverlässig galten, die Hochschule verlassen – Proteste gab es keine. Unter den Entlassenen war auch der Arzt und Zahnarzt Alfred Kantorowicz, der nach seiner Entlassung aus dem Staatsdienst und dem Aufenthalt im KZ Börgermoor emigrieren konnte.

Gedenkraum
Als wäre es eine Installation von Christian Boltanski, so schaut der letzte Ausstellungsraum aus. In diesem finden wir Namen und/oder Fotos derjenigen Bonnerinnen und Bonner, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden oder infolge verschiedener Maßnahmen der NS-Regierung starben. Wir lesen Namen wie Albert Beer, Erich Beer, Josephine Beer ... Manche haben ein Gesicht, viele jedoch nicht! text/fotos: fdp

Gedenkstätte Bonn
http://www.ns-gedenkstaetten.de/nrw/bonn/besucherinformationen/ausstellung-und-sammlung.html

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