Rapa Nui und die Moai-Statuen

Ein Besuch auf den Osterinseln

Text und Fotos: Uwe Lexow

 

Osterinseln

Es gibt auf der Welt viele magische Orte, Orte, die einen begeistern, zum Nachdenken bringen, immer wieder anziehen. Rapa Nui, die Osterinseln, sind für mich so ein Ort.

Vor 50 Jahren verschlug es mich auf einem Zwischenstopp nach Hanga Roa, dem Hauptort der Osterinseln. Von hier sind es 3.800 Kilometer bis zur chilenischen Küste und 4.200 Kilomter bis Tahiti.

Von den Osterinseln und seinen Stein-Statuen wusste ich damals so gut wie nichts, - Herkunft und Bedeutung der Moai sind von der Wissenschaft bis heute nicht abschliesssend geklärt. Und doch: Es war nach ein paar Stunden Zwischenaufenthalt klar für mich, dass ich wieder hierher musste, der „Forscherdrang“ des Schützen war erwacht.

Die Legende sagt, dass König Hoto Matua die Insel entdeckte, nachdem ein Traum ihm signaslisiert hatte, dass seine Heimatinsel, die mystische Insel Hiva, im Meer versinken würde, und er sich nolens volens aufmachte, eine neue Heimat zu finden. Für alle Südseeinseln gibt es derartige Legenden in verschiedensten Variationen.

Hoto Matua landet mit seinem Doppelrumpf-Kanu am Anakena Beach im Nordern der Osterinsel, einem kleinen malerischen Sandstrand.

Folgt man Wikipedia waren nicht nur die Neusiedler an Bord, sondern „allerlei nützliche Pflanzen, Brotfrucht, Yams, Taro, Batate, Banane, Zuckerrohr, der Papiermaulbeerbaum und der Toromiro, des Weiteren auch Hühner, Schweine und  außerdem eine steinerne Statue, ein Moai mit dem Namen Te Takapau, und Rongorongo-Schrifttafeln.“

Osterinseln

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Anakena Beach und Ahu Nau Nau

Moai bedeutet „steinerne Figur“. Der genaue Zweck der Statuen – auf den Osterinseln sollen sich bis zu 1000 dieser Steinkolosse befunden haben – ist genauso umstritten wie der genaue Zeitpunkt ihrer Errichtung.

Man geht heute davon aus, dass die Moai keine Götterbilder darstellen, sondern Häuptlinge („Ariki“) oder Ahnen, die als Bindeglied zwischen dem Diesseits und dem Jenseits fungierten. Die Figuren stellen konkrete Personen dar, - heute wissen wir allerdings nicht, welche Häuptlinge abgebildet wurden. Zwar gab es auf den Osterinseln eine Schrift, Rorogongo genannt, die wenigen erhaltenen Schrifttafeln erschließen sich uns aber bis heute nicht.

Die Moai stehen nicht isoliert, sondern sind Teil einer Zeremonialanlage, die als „Ahu“ bezeichnet wird. Derartige Anlagen finden sich in ganz Polynesien, dort werden sie „Marae“ genannt.

Vermutlich errichtete jede Großfamilie, jeder Clan, eine solche Anlage, die aus einem Platz mit einer Steinplattform bestand, auf der die riesigen Steinfiguren ohne Mörtel aufgestellt waren, und zwar fast alle mit dem Rücken zum Meer, möglichweise um das vor ihnen liegende Dorf zu überwachen, oder Besitzansprüche zu dokumentieren.

Einzige Ausnahme: Ahu Akivi, 2 Kilometer im Landesinneren. Die sieben Moai blicken in Richtung Meer, nach Westen.

Der Legende nach repräsentieren die sieben Moai die sieben Kundschafter, die einst die Osterinsel für Hotu Matua ausfindig gemacht haben und nun zu ihrem ehemaligen Heimatland im Westen auf den Pazifik schauen.

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Ahu Akivi

Diese Anlage wurde 1960 von dem US-amerikanischen Archäologen William Mulloy als Pilotprojekt für weitere Restaurierungsprojekte Instand gesetzt und rekonstruiert. Dabei haben sich die Archäologen nicht an die Originalversion der Anlage gehalten: Die Ahu-Anlage Akivi ist die einzige Anlage auf der ganzen Osterinsel, deren Rampe mit Steinen errichtet ist, die nicht von der Osterinsel stammen. Verwendet wurden Ballaststeine, die Schiffe im 19. Jahrhundert im Hafen von Hanga Roa ausgeladen und auf der Insel zurückgelassen haben.

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Die genaue Anzahl der Moai auf den Osterinseln ist unklar:

Das „Archaeological Survey and Statue Project von 1969 bis 1976“ ermittelte insgesamt 887 Statuen. Der Schwerpunkt der Datierungen liegt in den Jahren zwischen 1400 und 1600 n. Chr. . Auch heute noch werden bei Ausgrabungen weitere Moai gefunden. Die Statuen sind rund um die Insel verteilt.

Abgebildet sind ausschließlich Männer. Nahezu alle Statuen der Osterinsel von den Hängen des Vulkanes Rano Raraku. 

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Das Foto zeigt den Rano Raraku von der Seeseite, im Vordergrund rechts sieht man die größte Moai-Gruppe der Ostzerinseln: Ahu Tongariki.

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Bei genauerem Hinsehen erkennt man zahlreiche nicht fertig gestellte Statuen am Berghang.

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Ein Weg führt die Besucher zwischen den Steinfiguren hindurch.

1960 wurden die 15 Moai von einem Tsunami ins Landesinnere gespült. In den 1990-ziger Jahren wurde Ahu Tongariki mit internationaler Hilfe wieder hergestellt. Heute ist Tongariki der meist besuchteste Ort auf den Osterinseln.

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Einige der Figuren tragen sogenannte „Pukao“ auf dem Kopf. Sie wurden alle aus einer sehr hellroten vulkanischen Schlacke gehauen , die aus einer einzigen Quelle in Puna Pau gewonnen wurde, und wurden nachträglich angebracht.

Damit wären wir beim nächsten wissenschaftlichen Streitpunkt: Sind Pukao Hüte oder hochgesteckte Haare? Welche Bedeutung hatten sie? Nur etwa 10 % der Moai sind mit einem Pukao verziert. War ein Pukao ein Zeichen besonderer Wertschätzung oder nur ein Unterscheidungsmerkmal? Heute glaubt man überwiegend, dass Pukao Haare darstellen,  da es für hochrangige Männer Brauch war, langes Haar zu einem Knoten auf dem Kopf zusammengebunden zu tragen.

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Zu den ebenfalls meistbesuchten Anlagen auf den Osterinseln gehört der Ahu-Tahai-Komplex in der Nähe des Hauptortes Hanga Roa.

Die Zeremonialanlage besteht aus 3 verschiedenen Ahus:

Die Moai auf der Plattform des Ahu Vai Uru sind von der Witterung stark angegriffen und verhältnismäßig schlecht erhalten.

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Auch dem einzeln stehenden Ahu Tahai Moai sieht man die Zeichen der Zeit an.

Nur ein par Schritte entfernt steht der „sehende Moai“, der Ahu Ko Te Riku, zu erkennen am großen Pakao und seinen Augen aus weißer Koralle und roter Vulkanschlacke.

Er ist der einzige Moai mit Augen.

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Ihren Zenit erreichte die inselweite Bautätigkeit vom 15. bis zur ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts n. Chr. In diesen 250 Jahren entstanden die meisten und auch die größten und aufwändigsten Zeremonialbauten. Ab dem Ende des 17., spätestens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, werden die Kultplattformen von den Insulanern systematisch zerstört und die Statuen umgeworfen. Es kommt zu einem völligen Verfall der tradierten, auf der Ahnenverehrung fußenden Kultur. Der genaue Grund ist wissenschaftlich ebenfalls umstritten. Die Mehrzahl der Forscher geht davon aus, dass die Probleme von den Insulanern selbst verursacht wurden.

Unstrittig ist, dass es in der Geschichte der Osterinseln Stammeskonflikte gab, die zu tiefgreifenden gesellschaftlichen, religiösen und ökonomischen Veränderungen führten: Es etablierte sich eine Kriegerkaste, die mehr und mehr auch politische Macht anstrebte. Die Autorität der Ariki schwand und damit einhergehend der allgegenwärtige Einfluss der Ahnen. Eine andere Religion, der Vogelmannkult, und die Hinwendung zum Kriegsgott Make Make gewannen die Oberhand.

Bis ins Jahr 1867 fand eine jährliche Zeremonie statt durch die das Oberhaupt der Insel bestimmt wurde: Jeder Stamm schickte einen Krieger, der zu der vorgelagerten Insel Motu Nui schwimmen musste, um das erste Ei des Jahres der Rauchseeschwalbe zurückzubringen. Der Häuptling des Stammes, dessen Krieger das Ei brachte, wurde für ein Jahr zum „Vogelmann“ ernannt, der neben der Funktion als Oberhaupt auch eine vermittelnde Funktion zwischen den Einwohnern und dem Gott Makemake hatte.

Dieses alte Ritual spiegelt sich in seit 1975 etablierten Tapati -Festival wieder, das jedes Jahr im Februar stattfindet.

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Zwei Wochen lang befindet sich die Insel im „Ausnahmezustand“. Zwei Gruppen rivalisieren mit unterschiedlichsten Wettkämpfen um den Titel der Inselkönigin. Das Fest gipfelt in einem Festumzug. Alle sind eingeladen, an diesem Fest teilzunehmen und mit den Traditionen der Insel in Kontakt zu kommen. Jung und alt bemalen ihre Körper, tanzen und feiern.

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Das Schöne ist: Tapati ist – im Gegensatz zu vielen Folklore-Veranstaltungen in Polynesien – keine für Touristen inszenierte Veranstaltung, sondern ein echtes Volksfest, bei dem buchstäblich die ganze Insel auf den Beinen ist, und Spaß und Freude an der Tradition hat

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Gefeiert wird, bis die Sonne versinkt.

Und man verlässt die Insel nicht nur in Erinnerung an magische Steinfiguren, sondern mit einem Lächeln und dem Versprechen, wieder zu kommen.

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Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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