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Die Entdeckung einer Landschaft -

oder: Sind die Alpen noch zu retten?

Auch die kleinen touristischen Träume sind abgeleitet von den großen menschlichen Sehnsüchten – schon seit Jahrhunderten projizieren die Europäer Wünsche und Illusionen, Herausforderungen und Mut in den Mythos Alpen. Lange schon, bevor auch Herr Goethe ihn entdeckte.

Herr Goethe, der lange vor uns und dem Massentourismus die Alpen entdeckte und erkundete, hatte es mal wieder in einem Satz auf den philosophischen Begriff gebracht: „Hätte mich nur das Schicksal in irgend einer großen Gegend heißen wohnen, ich wollte mit jedem Morgen Nahrung der Großheit aus ihr saugen.“ Wie muss die Grandiosität der Alpenlandschaft damals gewirkt haben, wenn sie uns noch heute überwältigt? Wie gewaltig muss der gedankliche Übergang gewesen sein vom beängstigenden „topos horribilis“, der furchterregenden Bergwelt, zum romantisierenden Alpenbild des achtzehnten Jahrhunderts? Die von Goethe bemerkte Größe trug wohl die beiden widerstreitenden Sichtweisen in sich, die erhabene und die furchterregende. Und genau aus diesem Zwiespalt wollte der Dichter Material für noch größere Taten gewinnen. Geht es uns heute nicht ähnlich, auch wenn wir dabei eher an banale Großtaten denken? Die Besteigung des Mont Blanc, das Erklettern der Eiger Nordwand, eine Wanderung auf der Haute Route von Chamonix nach Zermatt oder einfach nur eine sauber hingelegte Skiabfahrt auf einer schwarzen Piste?

Claude Reichlers Kulturgeschichte der Alpen erinnert uns auf Schritt und Tritt daran, dass auch die kleinen touristischen Träume abgeleitet sind von den großen menschlichen Sehnsüchten, die die Europäer seit Jahrhunderten auf die Alpen projizieren. Immer schon war die Idealisierung dieses Gebirges eine Suche nach einem Ort, der den Wandel der Zeit überlebt hat, nach einem Ort, der noch er selber geblieben ist - das Relikt einer verlorenen Vergangenheit. Dass dies damals wie heute ein Mythos bleiben musste, wird in diesem Buch unterhaltsam und doch wissenschaftlich anspruchsvoll dargelegt. Und genau deshalb ist es ein Buch für alle Liebhaber der Alpen: Zeigt es doch, woher unsere Bergsehnsucht kommt und wohin sie bisher geführt hat. Ob die Alpen unsere übersteigerte Liebe auf Dauer überstehen - das bleibt freilich dahingestellt.

vm@saw

Claude Reichler: Entdeckung einer Landschaft, Rotpunktverlag 2005. ISBN 3-85869-306-5, 340 Seiten, 26,50 Euro.

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