Riesling pur oder ein mörderischer Jahrgang
Dass Homophobie auf dem Lande für Turbulenzen bei der Aufdeckung des Verbrechens sorgt und schließlich der Täter, wie fast zu erwarten, im Umfeld des Opfers zu suchen ist, wird den Ermittlern spät, sehr spät klar - nicht zuletzt dank der neuen Kollegin namens Eveline El Ayanouni, die einen erkrankten Kollegen Hartmanns ersetzt. Dass auch die beiden Ermittler wechselseitig mit Vorbehalten und Vorurteilen zu kämpfen haben und diese Vorurteilen hier und da auch den Blick auf die guten und die schlechten Menschen im Ort des Verbrechens verstellen, ist eine geschickte Regie der Autorin. Eveline, die bei den Hartmanns aufgenommen wurde, lernt nicht nur die Pfälzer Mundart kennen, sondern auch die Lebensart der Region, die ihr absolut fremd ist. Sie stößt bei ihren ersten Gehversuchen in der neuen Heimat auch auf den von der Kanzel gegen Homosexuelle wetternden Pastor, der wohl als Kind selbst Missbrauch erlebt hat und seither ein besonders inniges Verhältnis zu Kindern pflegt. Und das macht ihn für die Ermittler gewiss verdächtig. Von einem aufgewiegelten Mob ist in dem bisweilen an ein Dorf-Soziogramm erinnernden Roman zu erfahren: Die vom Pastor angestachelten Dorfbewohner suchen die beiden jungen Schwulen auf – sie scheinen die ersten Tatverdächtigen. Zur Lynchjustiz kommt es nicht. Denn das verhindert Hartmann, im Dorf nur der Hubert genannt. Zwei Touristen geraten außerdem ins Fadenkreuz der Ermittlungen, ehe der Täter - durch Zufall und die Aussagen der Mutter des Täters - ermittelt werden kann. Und der Täter ist, man kann es sich denken, ein Missbrauchsopfer, der dem ermordeten kleinen Julian sehr nahestand. Fazit: ein sehr spannender Krimi mit Lokalkolorit, mit Einblicken in Pfälzer Küche und die nicht mehr heile Welt des Dorflebens. © fdp Anne Riebel: Riesling pur oder ein mörderischer Jahrgang, 304 Seiten, Societätsverlag, Frankfurt 2012, ISBN 978-3-7973-1089-7, Preis 12,80 Euro |