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Der Moorkönig

MoorkönigUmgeben von nebelumwaberten Sumpf- und Moorlandschaften der Venne und des Davert bei Münster, begleitet vom Tosen eines Jahrhundertsturms und durch den von Grauen geschüttelten Vater ins Leben gezerrt, erblickt Jan Droste Tomberge zu Zeiten Napoleons das Licht der Welt. Wenngleich dieses im eher gedämpften Schein des Kaminfeuers besteht, das Jan stumm und bewegungsunfähig nahezu zwei Jahre aus seiner Wiege heraus verfolgt, so ist doch sein Leben bestimmt durch eine besondere Gabe des Hellsehens, die den bodenständigen und abergläubischen Bauern im Münsterland Schauer über den Rücken fahren lässt. Jan ist ein „Spökenkieker“, er sieht nicht nur die Gestalten der gruseligen Legenden des Moors leibhaftig vor sich stehen, sondern blickt auch auf diffuse und ihn verwirrende Weise in die Schrecken der Zukunft.

Eva Maaser, selbst gebürtig aus dem Münsterland, schildert die Lebensweise der Bauern und Kiepenkerle in ihrem sorgsam recherchierten Roman ebenso lebendig wie die Markatmosphäre und den imposanten Paulusdom zu Münster. Dessen noch heute zu besichtigende astronomische Uhr übt auf Jan eine besondere Faszination aus – er fühlt die Verbundenheit mit den Erfindern, für die die Zeit ebenfalls nicht nur aus der arbeitsreichen Gegenwart besteht.

Gerade die detailgetreue Beschreibung des bäuerlichen Alltags auf dem Drostenhof zeigt, wie einsam Jan mit seiner Gabe ist und wie sehr er sich sehnt nach Befreiung von dem vermeintlichen Fluch, der ihn so seltsam der Normalität entrückt. Clemens, der neue Dorflehrer, möchte sich seiner gern annehmen, aber wird Jan sich ihm anvertrauen - auch auf die Gefahr hin, sich offen zu seiner Rolle als Sonderling zu bekennen?

Lesenswert für alle, die mehr über das historische Leben im Münsterland erfahren wollen, die sich gern ein bisschen gruseln und die Atmosphäre von Moor und Nebellandschaft schätzen. Besonders zu empfehlen auch als Reiselektüre vor oder während einer Reise nach Münster – beim Spaziergang über Roggenmarkt, Drubbel und Domplatz hallen förmlich die alten Geschichten auf dem Kopfsteinpflaster nach. Und ein Restaurant mit Namen „Spökenkieker“ gibt es dort ebenfalls noch …

hf@saw

Eva Maaser: Der Moorkönig. Taschenbuch. Aufbau Verlag. ISBN 3-7466-1667-0, 8,50 Euro

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