Die redselige Insel

50 Jahre nachdem Heinrich Böll beschlossen hatte, die Grüne Insel durch sein „Irisches Tagebuch“ zu würdigen, begibt Hugo Hamilton sich auf die Spuren des deutschen Literaten. In Dublin geboren und dort nach vielen langjährigen Auslandsaufenthalten, die unter anderem auch noch immer in Berlin stattfinden, wieder wohnhaft, musste Hamilton keine weiten Wege gehen, um die Fährte aufzunehmen. Auch hatte er es leicht, dieser nachzuspüren, denn ihre Aktualität hat seit dem Erscheinen des Böll-Werkes nichts eingebüßt. Nicht einmal der Schriftsteller konnte damals ahnen, welchen Strom an deutschen Besuchern in Irland er mit seiner „Liebeserklärung an sein liebstes Urlaubsziel“ auslösen würde. Und auch nicht, dass sein Tagebuch noch heute als „verstecktes Deutschlandbuch“ gesehen wird, denn „Irland wird immer wieder als Gegensatz zur Bundesrepublik betrachtet“ befindet zum Beispiel Marcel Reich-Ranicki unbeirrt.
Hugo Hamilton sagt von sich, er stehe stets mit einem Bein in Deutschland und mit dem anderen in Irland, also ist sein Buch eine spannende Auseinandersetzung mit den Bildern Heinrich Bölls. Indem er die gleichen Orte County Mayo, aber auch Dublin, Westport und Limerick anstrebt und dort nachschaut, was aus den Menschen geworden ist, denen Böll begegnet war, in dem er die Assoziationen Bölls in seinen Empfindungen spiegelt und so bei den Landschaftsbeschreibungen beispielsweise erkennt, dass auch deren Farben und Ausdrücke sich nicht verändert haben.
An anderen Stellen lässt er sich mit ironischer Selbstkritik auf die Erkenntnisse Bölls ein – indem er sie zu den eigene macht und überbrückt so auf unterhaltsame und sehr kluge Art ein halbes Jahrhundert irischer und deutscher Entwicklung.
Von nun an kann es sich kein Irland-Reisender mehr leisten, ohne die Lektüre dieses Buches die Grüne Insel zu besuchen – welch ein Gewinn für alle Beteiligten.

usch@saw 

Hugo Hamilton: Die redselige Insel – Irisches Tagebuch. Sammlung Luchterhand. ISBN: 978-3-630-62117-3. 8,00 Euro.

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