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Himmelsbegräbnis

Schon die Entstehungsgeschichte dieses Buches macht neugierig auf das, was die Autorin Xinran zu erzählen hat: Sie, eine renommierte Journalistin, bekommt im Jahre 1994 den Tipp, dass eine verhärmt aussehende Tibeterin in der Stadt Suzhou aufgetaucht sei, deren Geschichte ein Interview wert sein könnte . Xinran macht sich auf und erfährt innerhalb der nächsten zwei Tage nahezu alles Bewegende der letzten dreißig Lebensjahre dieser Frau . Beim Niederschreiben kommen ihr Fragen, sie will den Kontakt erweitern, doch Shu Wen, die Protagonistin der Geschichte, ist verschwunden . Geblieben ist einer der bewegendsten Liebesbeweise, die ein Mensch seinem Partner erbringen kann.

Zu Beginn ihrer Erzählung ist Shu Wen eine junge hoffnungsvolle Medizinerin, die gerade die große Liebe ihres Lebens, den jungen Militärarzt Kejun, geheiratet hat . Doch nur kurz währt das Glück: China führt Krieg gegen Tibet und Kejuns Einheit wird ins Krisengebiet verlegt . Nach nur hundert Tagen Ehe erhält Shu Wen die lapidare Nachricht, ihr Mann sei umgekommen . Keine Details, keine Anerkennung als Kriegsmärtyrer, kein Abschied . Shu Wen ist außer sich . Sie tritt der Armee bei, um mit einem Außenposten nach Tibet zu reisen und dort die Vorgänge zu recherchieren, bei sich nichts als ein Buch ihres Vaters mit weisen Novellen, etwas Proviant, ein Foto von Kejun und ein tränenbenetztes Tuch, in das sie die wenigen Habseligkeiten einschlägt .

Mao verändert China und die kommunistische „Befreiung“ macht Tibet zum Kriegsschauplatz einer ungewollten Annexion . Shu Wen, die die höhenkranken Soldaten pflegt, gerät in die Schusslinie der Partisanen . Zhuoma, eine chinafreundliche Tibeterin, deren Leben Shu Wen retten kann, wird ihr eine unentbehrliche Hilfe in einem Land, deren Sitten und Sprache sie nicht versteht, das durchdrungen ist vom buddhistischen Glauben und einer für die trauernde Shu Wen unbegreiflichen schicksalsergebenen Freundlichkeit . Ihre Suche geht weiter, Jahre unter dem Schutz von umherziehenden Nomaden prägen ihr Wesen, doch ihre Liebe zu Kejun bleibt . Selbst als Zhuoma, die ebenfalls auf der Suche nach ihrer Liebe ist, von umherstreifenden Banden entführt wird, gibt Shu Wen nicht auf . Und während all der Jahre findet das Wesen Tibets Eingang in ihre Seele . Mehr als eine Dekade später stehen sich Zhuoma und Shu Wen wieder gegenüber, denn, so sagt man in Tibet, was man verlegt oder verloren hat, findet man immer auf einem der heiligen Berge wieder . Und so wartet am Ende dort auch die Antwort auf Shu Wens Fragen .

Ein besonders für Europäer interessanter Einblick in die Verschiedenartigkeiten zwischen China und Tibet . Eine Reise in die Seele eines Landes und das Herz einer Frau . Besonders vor dem Hintergrund des chinesischen Umbruchs unter Mao, der das Individuum und die menschlichen Emotionen so sehr in den Hintergrund rückt, wirkt Shu Wens bedingungslose Hingabe an die Suche nach ihrem Mann bewegend, auch lange, nachdem die letzte Seite gelesen ist .

hf@saw

Xinran: Himmelsbegräbnis. Ein Buch für Shu Wen . Droemer Verlag . ISBN 3426778785. 7,95 Euro.

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