Südschweden inklusive Stockholm

Ein handlicher praktischer Reiseführer sieht gewiss anders aus als die vorliegende Veröffentlichung. Mit mehr als 450 Seiten gleicht der Band einem Ziegelstein, und zwar auch deshalb, weil unbedingt Stockholm Eingang in einen Reiseführer Südschweden finden musste. Warum eigentlich die Insel Gotland im Reiseführer ausgespart wurde, ist in diesem Kontext klar: Die schwedische Hauptstadt sollte unbedingt abgehandelt werden, obgleich jeder weiß, dass derartige Metropolen im Rahmen von Städtereisen gesondert besucht werden und daher eigentlich einen eigenständigen Reiseführer erzwingen. Die allgemeinen Infos zu Südschweden und die praktischen Tipps von „Anreise“ bis „Wissenswertes von A bis Z“ gleichen Pflichtübungen, auf die kein Reiseführer zu verzichten meint, obgleich man derartige Infos ohne Probleme aus dem Netz beziehen kann.

Mit Skåne und Halland beginnt die Exkursion durch Südschweden, dabei verliert sich die Autorin wie im Kapitel zu Malmö allzu häufig in Allgemeinplätzen, wenn es um die Beschreibung von Sehenswürdigkeiten geht. Was fängt man beispielsweise mit dem Hinweis auf das Kunstmuseum Malmö an, wenn es dort heißt, man zeige Arbeiten skandinavischer Künstler. Welcher Stilrichtung, welcher Zeit, mit oder ohne europäischen Bekanntheitsgrad – das sind die Fragen, die dabei außen vorbleiben. Wie also soll der Reisende eine Entscheidung für oder gegen einen Besuch treffen? Überbordend sind die jeweiligen praktischen Tipps, oftmals mit Preisangaben, die unter Umständen bei der Drucklegung des Reiseführers veraltet sind. Sehr gelungen sind inhaltliche Einschübe in die doch teilweise eher lexikalisch anmutende Aufzählung von Sehenswürdigkeiten, so unter anderem ein Kapitel zum Vogelzug in Falsterbo – schließlich ist Vogelbeobachtung im Kommen!

Nein in Ystad sind wir nicht mit Kommissar Wallander unterwegs, auch wenn auf ein entsprechendes Angebot hingewiesen wird. Klassisch werden die Sehenswürdigkeiten wie auch in anderen Kapiteln abgehandelt. Warum es zu Kulturen in Lund, einem der wichtigsten Freilichtmuseen Schwedens, kein eigenständiges Kapitel gibt, weiß nur die Autorin zu beantworten. Auch beim Abstecher nach Ven vermisst man mehr Hintergründiges zum Leben und Wirken des Astronomen Tycho Brahe. Sehr positiv zu bewerten sind die in den Reiseführer aufgenommenen Wanderungen wie über das Herrestadsfjäll bei Udevalla, die Sabine Gorsemann in ihren Reiseführer integriert hat, sodass nicht nur Städtetouren und -ziele präsentiert werden. Das eher unbekannte Weltkulturerbe Grimeton – 1925 richtete man hier eine Sendestation für den drahtlosen Telegrafieverkehr mit den USA ein – wurde in den Band ebenso aufgenommen wie eine Wanderung über die Schäreninsel Häron und die Felsritzungen bei Tanum, gleichfalls als Weltkulturerbe von der UNESCO geadelt. Nach Dalsland entführt uns Gorsemann und in den Nationalpark Tresticklan zu einer vierstündigen Wandertour. Die „Planstadt“ Eskilstuna wird ebenso im vorliegenden Band vorgestellt wie das Straßenbahnmuseum von Malmköping – ein guter Tipp für Familien mit Kindern. Ein bisschen sehr stiefmütterlich wurde von der Autorin Gamla Linköping behandelt, obgleich auch dies eine der Sehenswürdigkeiten ist, bei deren Besuch sich Kinder und Eltern nicht langweilen, wenn sie sich in die Zeit um 1900 zurückversetzen lassen. Dazu trägt das inszenierte urbane Ambiente in historischen Kleidern gehüllten Mitarbeiter des „Freilichtmuseums“ bei. Warum Sabine Gorsemann keine Wanderung durch den Nationalpark Store Mosse beschreibt, und das Fabrikmuseum in Husqvarna ebenso wenig Beachtung findet wie das Streichholzmuseum in Jönköping, ist völlig unverständlich, zumal beide Museen nicht nur dann Besucheranziehungspunkte sind, wenn sich der schwedische Himmel über Südschweden ergießt.

Wer nach dem Lesen des Abschnitts über Stockholm – mehr als 70 Seiten sind der schwedischen Hauptstadt vorbehalten – noch meint, er müsse einen gesonderten Stadtreiseführer Stockholm kaufen, dem scheint den Abschnitt nicht gründlich genug gelesen zu haben.

© fdp

Sabine Gorsemann: Reiseführer Südschweden – inkl. Stockholm, Michael Müller Verlag Erlangen, 4. Auflage 2011, 456 Seiten, farbig, 20,90 EUR, 35,90 CHF, ISBN 978-3-89953-642-3