Krumme Touren 3 – Reisen in die NäheAlso, wie schon gesagt, die Renate Just wohnt gar nicht in Niederbayern, sondern 1800 Meter davon entfernt. Doch „vom Hang hinterm Haus schaue ich auf die Waldflecken, Maisäcker und Hofstellen von Grubing, das ist schon niederbayrisch“ schreibt sie und verweist darauf, dass sie, nach eineinhalb Jahrzehnten mit dieser Nahsicht vor dem Fenster, sich eine Einheimische nennen dürfe. Zumal sie die Gegend akribisch erkundet hat und sogar bis in die „Landkommunen im abseitigsten Rottal“ gekommen ist. „Eine Einöde mit komischen Namen, bei der man sich in gleichförmigen Hügeln ständig verfuhr, eine Gegend, wo da Hund verreckt.“ Eine der maßgeblichen Prägungen der „Krummen Touren“ (es gibt sie auch als „Franken/Alpenvorland/Nördlich von München“ und „Chiemgau und Salzkammergut“) ist die Wegweiser-Rolle der regionalen Autoren, von damals wie von heute. So sind es in dem vorliegenden Band die wild-verrückten Brentanos mit ihren schrecklichen Landshuter Eheszenen, die dem Begriff „Rosenkrieg“ eine völlig neue Dimension eröffnen, aber auch der tolle und großartige Wiener Autor Heimito von Doderer, der in Landshut so ganz unkenntlich lebte: als kleinbürgerlicher Pantoffelheld, mickrig und ganz und gar nicht ansehenswert. Und auch Hans Carossa, der Landarzt zweifelhafter Reputation, kommt bei „krumme Touren 3“ zu neuer Beachtung, der Lyriker Günter Eich ebenso und natürlich Anna Wimschneider, die Rottaler Altbäuerin, die mit ihren Erinnerungen „Herbstmilch“ einen unschlagbaren Bestseller verfasste. Endlich einmal wieder ein Reiseführerformat, das sich lohnt es komplett zu lesen. Lesen, nicht überfliegen und nur nach den Infos suchen. Lesen! usch@saw Renate Just: Krumme Touren 3 – Reisen in die Nähe in Niederbayern. Verlag Antje Kunstmann GmbH. ISBN 978-3-88897-434-2. Euro 19,90. |