Buchbespechung

100 Orte an der belgischen Küste

Bereits beim flüchtigen Durchblättern und bei einem Blick ins Inhaltsverzeichnis wird deutlich, dass nicht alle aufgeführten Orte an der Küste liegen, sondern vielfach auch im Hinterland und weit von der Küste entfernt, so Antwerpen und Gent. Doch die gleichfalls in ähnlicher Entfernung zur Küste liegenden Städte Lier, Mechelen und Aalst sowie Oudenaarde hat die Autorin nicht in ihr Buch einbezogen. Vorsatz? Zudem hat sie den Begriff der belgischen Küste jenseits der tatsächlichen geografischen Lage bestimmt, denn sonst wäre es nicht möglich, die niederländischen Flecken Sluis und Sint Anna ter Muiden aufzuführen. Gleiches gilt für drei in Nordfrankreich befindliche Städte, nämlich Calais, Dünkirchen und Gravelines.

100 Orte an der belgischen Küste

Wie man einen Epilog zum 100. Ort machen kann und dabei all das beschreibt, was nicht Berücksichtigung fand, weiß nur die Autorin zu beantworten. Wenn sie denn schon Park Middelheim und Middelheimmuseum kurz erwähnt, warum macht sie dieses Freilichtmuseum der europäischen Bildhauerkunst nach 1945 nicht zu einem eigenen Ort? Bleiben wir noch bei Antwerpen, der Hafenstadt an der Schelde, die die Autorin auf die Stichworte „Rubens und Moretus“, „Meir und Shoppen“, „Rolltreppenfahren im Sint-Anna-Tunnel“ und „Het Eilandje“ reduziert. Das international renommierte Middelheim-Jazzfestival im Park Den Brandt scheint Edda Neitz wohl nicht zu kennen, oder? Und was ist eigentlich mit der Ikone des sakralen Art déco, der Christus-Königskirche, die man in einem Atemzug mit der Nationalbasilika des Heiligen Herzen in Brüssel nennen muss?

Doch nun zu den anderen Kapiteln des vorliegenden Reiseführers, der zwar 100 Orte auflistet, von denen aber lediglich etwa die Hälfte als Orte der belgischen Küste zu charakterisieren sind. Und bei diesen gibt es dann auch noch Lücken. Das gilt zum Beispiel für das Openlucht Museum Atlantikwall Raverside nahe Middelkerke. Dieser Ort wird von der Autorin lediglich mit Street Art vorgestellt – nun gut.

Kapitel wie „Staunen und Toben“ sowie „Vielfalt ist Trumpf“ über Familienvergnügen und Strandvergnügen erscheinen eher als Pflichtübungen und Lückenfüller. Warum beschreibt die Autorin nicht einen Freizeitpark wie Plopsaland bei De Panne mal ausführlich?

Belle Epoque kann man nicht nur in Blankenberge bewundern, sondern auch in De Haan. Doch warum der drei Kilometer lange Rundweg zu den 16 herausragenden Baudenkmälern der Belle Epoque in De Haan nicht behandelt wird, bleibt ein Rätsel. Hätte man einen weiteren „Ort“ einfügen müssen? Gewiss, aber das hat die Autorin ja auch bei Het Zwin getan!

Die sogenannte Westhoek wird einfach zum Teil der belgischen Küste erklärt, obgleich Orte wie Kemmel im Landschaftsprofil noch nicht einmal der küstennahen Polderlandschaft zugeordnet werden können, sondern im sogenannten Hügelland („Heuvelland“) liegen. Die Aufnahme von Brügge, Gent und Antwerpen scheint wohl nur deshalb vorgenommen worden zu sein, weil dies die bekanntesten Städte Flanderns und Besuchermagneten sind, oder? Übrigens, wieso fehlt eigentlich das dicht bei Brügge gelegene Jabbeke mit dem Permekemuseum? Im Wohn- und Atelierhaus des bekannten Expressionisten Constant Permeke kann man einen Großteil seines Schaffens sehen. Kein Ort für „100 Orte an der belgischen Küste“?

© fdp

Edda Neitz (Autorin): 100 Orte an der belgischen Küste, Buch | Softcover, 216 Seiten, GEV – Grenz-Echo-Verlag Eupen 2020, ISBN 978-3-86712-159-0 (ISBN)1, Preis 15 Euro

 

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