Bob´s World – The Life and Boys of AMG`s Bob Mizer

Er gilt als einer der Wegbereiter für die Akzeptanz, die Schwulen im heutigen aufgeklärten Alltag selbstverständlich ist: Bob Mizer. 1945 ist er der Gründer der AMG (Athletic Model Guild) Studios und wird für 41 Jahre lang Herausgeber des Physique Pictoral, jenem Magazin, das die sexuelle Körperkultur nicht nur offen darstellt, sondern ihr sogar huldigt. Was um diese Zeit noch lang nicht selbstverständlich war.

So verbrachte Mizer sogar 1947 sechs Monate in Haft, wegen des Verteilens männlicher Nacktfotografie per Post, was laut den Beförderungsstatuten der US-Mail damals noch strafbar war. Und auch Mizers Mutter akzeptierte die sexuelle Orientierung ihres Sohnes nie – obwohl sie ihm in dessen Studio behilflich war, die „Posing-Straps“ für seine Fotosessions nähte und gewusst haben muss, dass Bob´s Models ihm auf eine Art Gesellschaft leisteten, die ihren puritanischen Grundsätzen nicht entsprachen.

So schirmte Bob Mizer bis zum Tod seiner Mutter 1964 sein Privatleben komplett ab und nahm darüber hinaus auf ihre moralischen Prinzipien Rücksicht, in dem er darauf achtete, dass keines seiner Models völlig nackt fotografiert wurde.

Man muss diese eigentlich konkurrierenden Lebensmuster – hier das Bekenntnis zu einer sexuellen Andersartigkeit, dort die rücksichtsvolle, unumstößliche Bindung zur Mutter – als gemeinsamen Nenner sehen, um die gesellschaftliche Gleichstellung in der „straight world“ zu erreichen. Denn nur aus dem sicheren Schutz des Establishments konnten Bohemiens wie Bob Mizer ihren Neigungen nachgehen und sie zu einem Selbstbewusstsein entwickeln, das in aller Konsequenz die Welt verändert.

Das Behütetsein, das Mizer 42 Jahre lang bei seiner Mutter fand, vermittelte er auch seinen Boys, jenen schönen jungen Männern, die sich bei AMG um einen Modeljob bewarben und sich zwei Dingen dabei sicher sein konnten: Auf dem Anwesen willkommen zu sein, das Mizer nach dem Tod seiner Mutter um sein Elternhaus in Los Angeles herum wie ein Königreich ausbaute, und von ihrem Protegée persönlich fotografiert zu werden. Endlich in Farbe und ganzer nackter Pracht! Spielerisch anmutend und voller Lebensfreude, in alltäglichen und umso skurrilen Requisiten.

Diese Zeit prägt die neue Welt Homoerotik, denn noch nie wurde mit schwuler Sexualität so offen umgegangen wie in den Filmen und den Fotos von Bob Mizer. Oft wurde er deshalb als „Hugh Hefner schwuler Publikationen“ bezeichnet, denn wie Hefner beeinflusste er das Weltbild Prominenter aus Gesellschaft und Kunst – nicht zuletzt David Hockney und Arnold Schwarzenegger.

Die Kunst erotischer Fotografie liegt in der Objektivität, der unvoreingenommenen Darstellung des Dargebotenen, dem Respekt vor dem Darbietenden und der Lust daran. Das macht die Klasse der Bob´s World-Fotos aus, denn Mizer hat seine Models nie entblößt, hat sie selbst in den gewagtesten Posen nie erniedrigt.

Diese Genialität macht den opulenten Bildband zu einem Werk nicht nur für Schwule. Vielmehr ist die „Wunderbare Welt“ – Sammlung Zeugnis für die Entwicklung eines neuen, aufgeklärten Zeitalters, angereichert mit Texten aus den Tagebüchern des Bob Mizer und zudem in drei Sprachen: englisch, deutsch und französisch – zum besten Verständnis für alle.

Darüber hinaus macht es ausgesprochen viel Spaß, das Buch Seite für Seite anzuschauen.

usch@saw

Dian Henson (Hrsg.): Bob´s World. The Life and Boys of AMG´s Bob Mizer. Taschen Verlag. ISBN 978-3-8365-1230-5. 39,99 Euro.



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