Ach Caipirinha ...
Caipirinha – inzwischen kennt dich jeder; wir brauchen nirgends mehr auf deinen Geschmack zu verzichten, der so unnachahmlich vom Zuckerrohrschnaps Cachaza geprägt ist. Doch was bedeutet ein solcher Drink zu Hause, wenn man ihn einmal in der „Academia da Cachaza“ probiert hat, jener schlichten Kneipe, in der es Dutzende von Sorten gibt, die man pur oder in Mixgetränken probieren kann. Oder besser noch in der „Confeitaria Colombo”, dem berühmten Café und Jugendstil-Restaurant im Zentrum der Stadt. Dort sitzt man in einem Ambiente aus einer anderen Epoche. Denn das Etablissement existiert tatsächlich fast unverändert seit 1894 – eines der wenigen Gebäude, das überhaupt noch aus dem 19. Jahrhundert übriggeblieben ist.
Blick vom Zuckerhut
Ein antiquierter Aufzug befördert die Gäste in den ersten Stock. Die verglaste Jugendstildecke, Vitrinen aus Jacaranda-Holz, absurd wirkende Ventilatoren, vergilbte Vorhänge, riesige, seinerzeit aus Belgien importierte Spiegel – das gesamte Inventar stammt aus einer Vergangenheit, die anderswo in der Stadt längst vergessen ist. Im „Colombo“ aber ist der Charme der Belle Époque noch lebendig. Hier haben Generationen von Politikern, Künstlern und Schriftstellern gesessen, gegessen, getrunken und palavert. Viele erfolgreiche Samba-Songs sollen an den Tischen geschrieben worden sein. Der Pianist auf der Empore allerdings spielt seinen Chopin heute so unbeachtet wie vor Jahrzehnten, die Kellner im dunklen Anzug agieren so ernsthaft wie stets, und die kleinen portugiesischen Häppchen und Süßspeisen schmecken genau so gut wie beim ersten Besuch. Was soll sich hier jemals ändern?
Nostalgische Straßenbahn in Santa Teresa
Kaum etwas hat sich auch im hübschen, sympathisch maroden Viertel Santa Teresa verändert – es ist der Stadtteil am Hang, den die Reichen verlassen haben, weil sie sich anderswo wohler oder sicherer fühlten. Jetzt haben ihn Künstler übernommen, die den frischen Wind und den wunderbaren Blick genießen. Ein Hauch von Europa herrscht hier. Lissabon lässt grüßen, nicht nur wegen der uralten Straßenbahn, die auf ihrem Weg vom Zentrum nach Santa Teresa zunächst den Lapa-Aquädukt überquert, der früher die Wasserversorgung der Stadt sicherstellte. Anschließend ächzt der Waggon mit seiner Menschenfracht, die sich auf den hölzernen Sitzbänken und außen auf den Trittbrettern drängt, die verschlungenen Straßen hinauf – Rio wie vor zwanzig, fünfzig, achtzig Jahren.