Belize im Überblick

Belize ist das einzige Land Zentralamerikas, das britische Kolonie war. Noch heute, bald drei Jahrzehnte nach Erringung der Unabhängigkeit, steht das Land soziokulturell den einst von den Engländern kolonisierten jungen Inselstaaten der Karibik näher als seinen lateinamerikanischen Nachbarn. Ist Belizes Verbundenheit mit der anglokaribischen Welt an sich schon eine Besonderheit, so überrascht als nächstes das harmonische Miteinander in dieser nun wahrhaft multikulturellen Nation, während in allen Anrainerstaaten ethnische Spannungen an der Tagesordnung sind. Die Belizer sind offen und tolerant, ihre gelassene und versöhnliche Lebensweise bleibt Besuchern unvergeßlich.

Dabei ist ihr Alltag nicht gerade rosig. Es gibt Armut und unverschämten Reichtum, die Führungsklasse ist korrupt und die Naturgewalten sind erbarmungslos. Immerhin erweist sich die Demokratie als stabil, das Schulsystem trägt seinen Namen zu Recht, die Wirtschaft hat schon schlechtere Zeiten erlebt. Und zu Recht sind die Belizer stolz auf die international anerkannte Spitzenposition ihres Landes beim Schutz der Umwelt – tatkräftig unterstützt von namhaften Naturschutzorganisationen wie WWF, Smithsonian Institute und Audubon Society, die schon frühzeitig erkannten, dass ihr Engagement hier Früchte tragen würde.

Belize

Strand auf den Tobacco-Islands
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Ein Netz von Nationalparks, „forest reserves“ und „marine reserves“ überzieht heute Festland und Inselwelt, fast die Hälfte des Landes ist erklärtes Schutzgebiet. Und es wird hart daran gearbeitet, informiert, aufgeklärt, fachkundig geführt. Dank dieses Einsatzes sind tropischer Regenwald, Savannen und Mangrovensümpfe mit ihren unzähligen, uns so fremdartigen Pflanzen- und Tiergattungen eine der Hauptattraktionen Belizes. Ein weiteres Highlight sind die türkisfarbenen karibischen Gewässer mit Tupfen winziger palmenbestandener Inseln darauf, fischreich und voll bunter Korallengärten. Ebenso zählt die Begegnung mit der geheimnisumwitterten architektonischen Hinterlassenschaft der Mayakultur des Alten Reiches zu den großen Erlebnissen in diesem Land.

Belize

Urlaubsresort
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Zu den Cayes, Reefs und Atollen

Von den Piers in Belize City jagen Speedboote („water taxis“) in 35 Minuten hinüber nach Caye Caulker und nicht viel länger dauert die Überfahrt nach Ambergris Caye, Belizes populärsten Badeinseln. Einmal angekommen auf Caulker, fügt man sich rasch dem „go slow“-Motto der Einheimischen, schlendert barfuß über den schneeweißen Korallensand, leiht sich vielleicht ein Fahrrad oder einen zum Querfeldeinfahren zweckentfremdeten „golf cart“, um die Mangrovenwälder im Norden der Insel zu erreichen oder startet gleich einen Tauchgang, schnorchelt im Flachwasser, wirft die Angel aus, stöbert im Strandgut nach Schätzen. San Pedro auf Ambergris Caye ist die einzige städtische Siedlung auf Belizes größter Insel. Hier geht es etwas weniger relaxed zu als auf Caulker. Es ist auch teurer, seit man nur noch auf den Tourismus setzt und die traditionelle Kokosnußproduktion und den Fischfang vernachlässigt. Als Besuchermagnet erweist sich die sog. „Shark Ray Alley“, ein Tauchspot, wo man in Begleitung eines „dive masters“ mit Amerikanischen Stachelrochen und Ammenhaien Freundschaft schließen kann.
Palmblätter decken pittoreske Hütten, die als Bars fungieren und als Restaurants, wo frisch gefangenes Seegetier serviert wird, während vom Barriere-Riff das Donnern der Wellen herübertönt. Mit einer Ausdehnung von 260 km ist das größte Barriere-Riff der nördlichen Hemisphäre das Herzstück der an Naturschönheiten reichen Küstenzone Belizes, zu der noch Mangrovenwälder gehören und Küstenlagunen, Mündungsdeltas, drei große Atolle und schätzungsweise 450 zumeist kleine Sandinseln. Sieben Schutzzonen entlang des Riffs und weiter draußen auf den Atollen, zusammen 96.300 ha, sind als Belize Barrier Reef Reserve System 1996 in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen worden. Die ausgewählten sieben Gebiete würden „die Entstehungsgeschichte einer Riffbildung dokumentieren“ und sie seien „Lebensraum für bedrohte Tiere wie Meeresschildkröten, Seekühe (Karibik-Manati), Amerikanische Salzwasserkrokodile“,hieß es in der Aufnahmebegründung. Wenigstens zwei oder drei dieser großartigen Naturreservate sollte man besuchen, das Lighthouse-Atoll etwa, gut 100 km vor Belize City jenseits des Barriere-Riffs mit dem Half Moon Caye Natural Monument. Es ist das Brutgebiet des Rotfußtölpels und Prachtfregattvogels, denen an die 120 weitere Vogelarten Gesellschaft leisten wie der Mangrovensänger, der Dohlengrackel und der Fischadler. Das Tierparadies ist auch die Heimat kleiner Echsen aus der Anolisfamilie, schwarzer und grüner Leguane, des endemischen Belize Atoll-Geckos und Eiablageplatz gefährdeter Meeresschildkröten.

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The Blue Hole Natural Monument im Zentrum des Lighthouse-Atolls ist eines der weltweit begehrtesten Ziele unter Tauchern. Der französische Meeresforscher Jaques-Yves Cousteau hat es 1972 in einem Fernsehfilm populär gemacht. Nationales Naturdenkmal und Weltnaturerbe ist es schon, doch sähen es die Einheimischen am liebsten noch der Liste der Sieben Weltwunder hinzugefügt. Ein Naturwunder ist das „Blaue Loch“ allemal. Aus der Vogelperspektive betrachtet, zeigt es sich als kreisrunder tiefblauer Fleck im türkisfarbenen Meer, 300 m im Durchmesser und an die 145 m tief, Ende der letzten Eiszeit als Zugang zu einem Höhlensystem entstanden, das einstürzte und vom ansteigenden Meeresspiegel überflutet wurde. Nur erfahrene Taucher dürfen in den Spot hinein und die phantastischen, bis zu 15 m langen Stalaktiten bewundern und in Gesellschaft von Hammer- und Bullenhaien an Seeanemonen und farbenfreudigen Korallen vorbeischweben.

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Maya-Stätte Xunantunich
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Mayastätten und Naturreservate

Zurück in Belize City, der 64.000-Einwohner-Stadt, die etwas im Schatten der touristischen Highlights steht und obendrein noch 1970 ihre Hauptstadtfunktion verlor. Mag sich auch das Retortenstädtchen Belmopan, 80 km landeinwärts, seitdem mit dem Hauptstadttitel schmücken, bleibt doch Belize City das wirtschaftliche, gesellschaftliche und historische Herz der jungen Nation.
Folgt man von Belize City für eine runde Stunde dem Highway nach Norden, bestimmen bald Pinien-Savanne und Hartholzwälder das Landschaftsbild. Hier oben liegt Altun Ha, eine Ruinenstadt der Maya aus der klassischen Periode zwischen etwa 200 und 900 n. Chr. Damals lebten bis zu 10.000 Menschen in dem weiträumigen Gelände, das noch lange nicht alle Geheimnisse preisgegeben hat. Strukturen zahlloser Gebäude sind zu erkennen, darunter mindestens dreizehn, meist grasbewachsene Tempelpyramiden. Im Innern einer der Pyramiden machten Ausgräber einen sensationellen Fund: einen 4,5 kg schweren Jadekopf, der den Maya-Sonnengott Kinich Ahau darstellt.

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Ranger mit jungem Alligator
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Westlich der Mayastätte liegt das Crooked Tree Lagoons and Wildlife Sanctuary, ein unberührtes, dichtes Geflecht von Binnenlagunen, Sümpfen, Dickichten, Inseln und Wasserwegen, seit 1984 Vogelschutzgebiet, Refugium für Ohrenscharben aus der Familie der Kormorane, für Schneckenweihen und den nachtaktiven Kahnschnabel, für Schmuck-, Silber- und Speerreiher und den Jabiru-Storch, Amerikas größten fliegenden Vogel.   
Lamanai ist eine weitere bedeutende Maya-Siedlung in dieser Gegend, die in der Zeit um 700 n. Chr. über 20.000 Einwohner beherbergt haben soll. Vom 16. vorchristlichen bis zum 17. nachchristlichen Jahrhundert war dieser Ort kontinuierlich bewohnt, solange wie keine andere Stadt der Mayas in Mittelamerika. Bisher konnten zwei Tempelpyramiden freigelegt werden. Viele andere Bauwerke sind dem angrenzenden Dschungel noch zu entreißen. Ein kleines Museum zeigt Fundstücke und informiert über die Ausgrabungsgeschichte.
Das Community Baboon Sanctuary südlich der besuchten Plätze ist ein ganz besonderes Schutzgebiet. Etwa 140 Kreolen-Farmer verpflichteten sich 1985 zum Erhalt ausgesuchter Waldstreifen, in denen Bäume mit breitblättrigem Laub wachsen, deren Blüten und Früchte Hauptnahrungsquelle der bedrohten Schwarzen Brüllaffen sind. Dass es gelang, ihren Lebensraum zu erhalten, beweist die stabile, gesunde Population der lautstarken „Brüller“, die das 47 km² große Gelände im Tal des Belize River durchziehen. Zum Schutzpark gehören ein kleines naturhistorisches Museum und ein Besucherzentrum.
Auf der Fahrt nach Süden lohnt sich ein Abstecher zum „Best Little Zoo in the World“. Belize Zoo und das angeschlossene Tropical Education Center bieten eine willkommene Gelegenheit, sich mit 125 Wildtierarten Belizes und ihren Habitats vertraut zu machen, denn es ist wenig wahrscheinlich, dass man ihnen allen in freier Wildbahn begegnen wird. Hier jedenfalls bekommt man sie zu Gesicht: den Jaguar und den Ozelot, Nasenbär und Wieselkatze, Baumozelot und Wickelbär, den großen Nager Paca, den Baird`s Tapir, Ameisenbär, Opossum, die Boa Constrictor, Tukane, Jabiru-Störche u.v.a.
Weit im Westen, nahe der Grenze zu Guatemala, liegen mit Xunantunich (25 Tempel und Palastbauten, gruppiert um sechs Plazas), Cahal Pech und El Pilar (Plazas, Tempel, Nebengebäude, beide noch nicht vollständig freigelegt) drei andere bedeutende antike Maya-Stätten.

Belizes Süden

Wer den südlichen Landesteil erkunden will, sollte Dangriga ansteuern, einen idealen Ausgangsort für Entdeckertouren ins Bergland und zu den südlichen Barriereinseln. In Dangriga endet der Hummingbird-Highway, der von Belmopan kommend, sich durch herrliche Landschaften schlängelt, bevor er das 12.000-Einwohner-Städtchen an der Karibik erreicht. Das Besondere an Dangriga sind ihre Bewohner, eine der weltweit größten Communities der Garifuna, auch Schwarze Kariben genannt, die man zu den jüngsten Ethnien der Erde zählt. Ihre Geschichte begann, nachdem Mitte des 17. Jahrhunderts ein mit schwarzen afrikanischen Sklaven beladener Segler vor der Karibikinsel St. Vincent kenterte. Die Überlebenden retteten sich auf die Insel und vermischten sich mit den dort lebenden Indianern. 1796 wurden sie von den Briten vertrieben, an der zentralamerikanischen Karibikküste fanden sie ein neues Zuhause. Mehr als 200.000 Nachfahren leben heute an den Küsten Nicaraguas, Guatemalas und Belizes.
Die kleine Stadt mit ihren traditionellen Holzhäusern auf Pfählen verdankt ihr einzigartiges Flair dem Garifuna-Erbe. Die eigenen Tänze und musikalischen Traditionen werden hier mit Hingabe gepflegt, das Kunsthandwerk blüht, die Festivals sind zahlreich, mit dem wichtigsten am 19. November, dem Garifuna Settlement Day, der an die Ankunft in Belize erinnert. Dann brodelt die Stadt. Trommler, Waribagabaga-Tänzer und die Turtle Shell Band verwandeln Straßen und Plätze in Bühnen und heißer Punta Rock, der vor Jahren hier entstand, reißt die Zuhörer mit bis zum frühen Morgen und das nicht nur am 19. November!

Westlich von Dangriga breiten sich die Maya Mountains aus, ein Bergland mit moderaten Höhen, üppigen Niederschlägen, zahllosen Bächen, Flüssen und Höhlen, Regenwaldzonen und Pinienbeständen. Die gesamten Maya Mountains sind in mehr als ein Dutzend Schutzgebiete gegliedert. Wenn man sie durchstreift, versteht man rasch, warum Belize mehr und mehr zu einem „Hotspot“ für Amateur- und Profi-Birders wird, spricht man doch schon von ungefähr 600 identifizierten Vogelarten im Land und jedes Jahr kommen etwa fünf „neu“ entdeckte hinzu und auch die zunächst kaum vorstellbare Zahl von 250 Orchideenarten erscheint auf einmal glaubwürdig.


Rückblende

Als Christoph Columbus 1502 in den Golf von Honduras vordrang, existierten auf dem Territorium des heutigen Belize nach dem Niedergang des glanzvollen Alten Reiches der Maya eine Reihe kleiner Nachfolgereiche, von denen einzelne noch bis ins 17. Jahrhundert ihre Autonomie wahren konnten. Grosse Teile der Region wurden dem Vizekönigreich Neuspanien unterstellt. Englische Piraten, nicht selten in königlichem Auftrag operierend, setzten sich an der schwer zugänglichen Küste fest, überfielen spanische Handelsschiffe und zogen britische Siedler, die sog. „baymen“, nach, Holzfäller zumeist, die ab 1724 in grossem Stil afrikanische Sklaven von den englischen Karibikinseln ins Land holten. Der spanisch-britische Konflikt um die Vormacht an der Karibikküste endete 1798 mit einer vernichtenden Niederlage der Spanier. 1802 erkannte Spanien die englische Souveränität über die Region an, 1862 erklärte sie Großbritannien zu ihrer Kolonie Britisch-Honduras (seit 1871 Kronkolonie). Mexiko verzichtete 1893 auf Territorialansprüche, während Belizes westlicher Nachbar Guatemala bis auf den heutigen Tag Ansprüche auf ein 12.772 km² großes Grenzgebiet erhebt. 1964 erhielt Belize innere Autonomie, 1981 wurde es im Rahmen des Commonwealth unabhängig. Wegen der Einmarschdrohungen Guatemalas blieben britische Truppen bis 1991 im Land. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vermittelt im ungelösten Konflikt zwischen beiden Ländern.

E i n  Schutzgebiet weckt besonderes Interesse unter den Besuchern Belizes, obwohl sie das Objekt ihrer Neugier dort nur im Ausnahmefall zu Gesicht bekommen werden: den Jaguar. The Cockscomb Basin Wildlife Sanctuary ist weltweit der einzige Jaguar-Schutzpark. Nirgendwo sonst leben innerhalb eines bestimmten Areals so viele dieser scheuen und meistens nachtaktiven Großkatzen des Regenwalds. Für alle Besucher, die den nächtlichen Jäger nicht sichten konnten, gibt es den schwachen Trost, in dem 400 km² großen Reservat mit einiger Wahrscheinlichkeit auf andere Großtiere stoßen zu können, auf Belizes Nationaltier etwa, den Baird`s Tapir oder den Jaguarundi (Wieselkatze), den Ameisenbär, Puma oder Margay (Baumozelot).

Wer sich für die untergegangene Maya-Kultur interessiert, sollte sich nicht durch die beschwerliche Anfahrt (manche beschreiben sie als schön und spektakulär!) von einer Stippvisite nach Caracol abhalten lassen. Die antike Stätte an der guatemaltekischen Grenze liegt 500 m hoch in den westlichen Ausläufern der Maya Mountains. Sie zählt zu den größten Kult- und Siedlungsplätzen der Mayawelt Zentralamerikas. Archäologen schätzen seine Ausdehnung auf 100 km², die Zahl der Einwohner soll in der späten Klassischen Periode (550 – 900) bei 60 – 100.000 gelegen haben. Es wurde Fernhandel betrieben, aufwendige Terrassenfelder sicherten die Ernährung. Tempel, Paläste, Märkte, Werkstätten, Durchgangsstraßen entstanden. Man beherrschte perfekt die Monumentalarchitektur und die Kunst hieroglyphischer Inschriften. Ein komplexes gesellschaftspolitisches und religiöses System reglementierte das Alltagsleben.
Den besten Überblick über die zahllosen Relikte der antiken Stadt gewährt die 43 m hohe Plattform des Canaa-Tempels.    

Zum Ende der Reise noch einmal hinaus auf die karibische See zu den Inseln an der Südspitze des Barriereriffs. Es sind die Sapodilla Cayes, ein zum Welterbe zählendes „marine reserve“ aus 14 kleinen Sand- und Mangroveninseln mit herrlichen Stränden und glasklarem Wasser, in dem sich Fledermaus- und Papageienfische, Barsche und Engelhaie tummeln und einheimische Fischer den begehrten Delikatessen Trompetenschnecke und Hummer in den Seegraswiesen und zwischen Korallenbänken nachstellen. Hier kann man phantastisch relaxen und schnell darüber hinwegkommen, dass eigentlich noch das Hinterland von Punta Gorda mit den großartigen Maya-Stätten Lubaantum und Nim Li Punt auf dem Programm stand und auch Placencia und ihr 30 km langer Sandstrand und der Laughing Bird Caye National Park und . . .

Eckart Fiene



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