Südkorea im Überblick
Im Vergleich zu seinen direkten Nachbarn - der VR China im Westen und Japan im Osten - ist Korea hier bei uns noch weitgehend unbekannt. Obwohl touristisch gut erschlossen, gehen die Hauptreiseströme in Richtung Asien immer noch meist an Südkorea vorbei. Dabei hat das "Land der Morgenstille", wie es oft bezeichnet wird, neben einer fantastischen Landschaft auch eine große Anzahl von bedeutenden Kulturdenkmälern in seiner fünftausendjährigen Geschichte hervorgebracht. Die UNESCO hat mehrere davon zum Weltkulturerbe erhoben. Sie geben stellvertretend Einblick in eine Kultur, die in vielen Bereichen einst die Brücke zwischen China und Japan war.

Olympiator in Seoul
Der kulturell-materielle Wohlstand hat immer wieder die begehrlichen
Blicke der Nachbarvölker geweckt. So war Korea zuletzt von
1910 bis 1945 von Japan annektiert. Leider blieb dem Land nach
der Befreiung als Spielball zwischen den alliierten Mächten
die Teilung nicht erspart. Es entstanden zwei koreanische Teilstaaten,
die sich am 38. Breitengrad seit dem Koreakrieg 1950-53 beinahe
unversöhnlich und nur getrennt durch eine schmale entmilitarisierte
Zone gegenüberstehen.
Korea wird gelegentlich auch als "die Mutter Japans" bezeichnet.
Der Buddhismus kam über Korea auf die japanischen Inseln, ebenso
die hohe Kunst der Keramikherstellung, welche die Japaner von entführten
Kunsthandwerkern aus Korea erlernten. Neben China ist Korea wohl das
am meisten vom Konfuzianismus geprägte Land mit einer Tradition,
die heute noch lebendig ist. Sehr alte Reiseberichte beschreiben die
koreanische Halbinsel als das "Land der Hohen Schönheit".
Tatsächlich sind die Koreaner ein sehr die Schönheit verehrendes,
auf Harmonie bedachtes Volk. Gleichgültig ob Klosteranlage oder
kleine Pagode, weltlicher Palast oder monumentale militärische
Verteidigungsanlage - die alte Architektur ist stets im Einklang mit
der umgebenden Natur entstanden und fügt sich harmonisch in eine
Landschaft ein, die sich durch eine Folge von sanften, fruchtbaren
Tälern neben gebirgigen Formationen mit teilweise hochalpinem
Charakter beschreiben lässt.
Während die Ostküste der China vorgelagerten, beinahe 1000
km langen Halbinsel sich steil aus dem Meer erhebt, fällt sie
an der Westküste sanft ab. Die Südküste Koreas hingegen
zersplittert sich in Abertausende von malerischen Buchten und kleinen
Inseln. Fährt man von Seoul Richtung Süden, durchquert man
mehrere sich von Nordost nach Südwest erstreckende Gebirgsketten,
welche mit 70 % Flächenanteil die Landschaft charakteristisch
prägen. Diese Abwechselung, verbunden mit schöner Blüte
im Frühling und prächtiger Laubfärbung in den Bergen
im Herbst, macht den einzigartigen Reiz Südkoreas aus.

Auf der Inseln Namhae-Do
Der Name bedeutet in der koreanischen Sprache einfach "Hauptstadt" - und sie ist die unumstrittene Metropole des Landes. Etwa 11 Millionen Menschen leben und arbeiten dort - rechnet man den Gürtel aus Vorstädten und Trabantensiedlungen mit ein, so kommt man auf gut 19 Millionen, also etwa 40 % der Gesamtbevölkerung Südkoreas ! Durch Seoul fließt der Han-Fluss (Han-gang), dessen Ufer zahlreiche Parks und Grünanlagen säumen, in denen sich die Menschen nach Feierabend oder am Wochenende erholen.
Inmitten der nördlichen Stadthälfte mit dem historischen Zentrum erhebt sich der Nam-Berg (Nam-san), der mit seiner Bewaldung die größte "grüne Lunge" Seouls bildet. Gekrönt wird er durch den Fernsehturm, von dem aus man einen fantastischen Blick auf das Häusermeer Seouls hat. Nördlich wird die Stadt, die nur knapp 50 km von der Entmilitarisierten Zone zu Nordkorea liegt, vom Pukak-Gebirge begrenzt. Will man als Reisender Erinnerungen an den in Europa längst vergangenen Kalten Krieg wecken, kann man eintägige geführte Touren in englischer Sprache in die Entmilitarisierte Zone buchen, die zum Waffenstillstandsdorf Panmunjom führen. Lohnenswerter, wenn man wenig Zeit hat, ist jedoch ein Ausflug auf die landschaftlich reizvolle Kanghwa-Insel nordwestlich von Seoul, wo man auf Märkten koreanische Ginsengwurzeln erstehen kann. Der Handel und der Anbau von Ginseng, koreanisch "Insam" genannt, unterliegt strenger staatlicher Kontrolle und die koreanischen Ginsengprodukte gehören zu den qualitativ besten weltweit.
Innerhalb der Metropole bewegt man sich am praktischsten mit der U-Bahn
vorwärts. Das Netz ist sehr gut ausgebaut und Ansagen und
Ausschilderung gibt es auch in englischer Sprache. Auch sind
die Koreaner immer sehr hilfsbereit und vor allem jüngere
treten gerne in Kontakt mit den "We-guk", wie Ausländer
hier oft genannt werden.
Die Stadt ist extrem sauber und sehr modern. Alte Pavillons oder Gärten
wechseln mit himmelstürmenden Wolkenkratzern ab. Neues überragt
das Alte, erdrückt es aber nicht: so steht z.B. gleich in der
Nähe zum sehr empfehlenswerten alten Kunst- und Antiquitätenviertel Insadong der
mächtige, futuristisch auf Säulen ruhende Milleniumstower -
eines der architektonisch interessantesten Hochhäuser Seouls.
Die Stadt ist - bedingt durch die explosive Entwicklung Koreas in den
letzten 20 Jahren - eine junge Stadt. Menschen unter 40 prägen
das Bild. Ältere, denen das Ganze wohl zu hektisch ist, bleiben
meist in den Vorstädten, oder man kann diese in einem jener zahlreichen,
beschaulichen Parkanlagen sehen - wie dem Pagodenpark,
einem wichtigen Ort für die Freiheitsbewegung Koreas während
der japanischen Okkupationszeit. Dort sitzen meist ältere Herren
und vertreiben sich die Zeit im Gespräch oder mit Paduk, dem Brettspiel,
das auf japanisch "Go" heißt.
Seoul ist sehr sauber, und es ist wie eigentlich fast überall
in Korea sicher - auch als Frau am Abend ohne Begleitung. Natürlich
sollte man als Tourist die üblichen Vorsichtsmaßnahmen treffen.
Aber bezogen auf die Größe der Stadt ist die Wahrscheinlichkeit
doch äußerst gering, Opfer einer Straftat zu werden. Auch
Vandalismus ist völlig unbekannt.
Des Abends in einer Seitengasse, man ist allein und man hört Schritte
hinter sich? Keine Angst - das sind nur ein paar nächtliche Schwärmer,
die auf den Weg nach Myon-dong sind -
dem Einkaufsmekka der Jugend; oder zum Tongdaemun-Mode-Markt,
der auch des Nachts geöffnet ist. Die Straßen Seouls sind
voller Menschen bis in den späten Abend.
Ein anderer, am beeindruckenden, alten Süd-Stadttor Namadaemun gelegener
Einkaufsmarkt ist ebenso beliebt. Ginseng, Kunsthandwerk, Taschen,
Schmuck, Lebensmittel - hier bekommt man alles.
Itaewon ist ein weiterer Markt,
der speziell für amerikanische Touristen und Armeeangehörige
geschaffen wurde und weniger Lokalkolorit bietet - dafür
ist er die erste Wahl für "Maßanzüge
in wenigen Stunden" und Luxusartikel aller Art zu relativ
erschwinglichem Preis. Am Abend wandelt sich Itaewon in ein
bei manch Touristen beliebtes Ausflugsziel westlichen Stils
mit zahlreiche Kneipen, Bars, Diskos und Restaurants.
Einen
Ladenschluss wie in Deutschland gibt es in Korea nicht. Kleine
Geschäfte haben teilweise auch auf dem Lande bis spät
in die Nacht geöffnet. Handeln kann man außer im Kaufhaus
eigentlich überall. Auf den Märkten ist es sogar Pflicht.
Man wird jedoch in Korea kaum überzogene Preise antreffen.
Auch auf Märkten wird hauptsächlich gute Qualität
geboten, die in Korea wie überall auf der Welt ihren angemessenen
Preis hat.
Sehenswert ist Seouls Lotte-Center. Ein Kaufhaus der Superlative mit
12 Stockwerken und zusätzlich etwa vierzig Restaurants mit allen
kulinarischen Köstlichkeiten. Gleich nebenan befindet sich das
First Class Hotel Lotte mit seiner noblen unterirdischen Einkaufspassage.
Als Tourist sollte man unbedingt das Informationszentrum im koreanischen
Fremdenverkehrsamt KNTO besuchen, wo es auch umfangreiche Infos in
Deutsch gibt, ferner die Insel Youido,
das "Manhatten" Seouls mit dem Parlament und dem goldfarbenen
63 Building, das in seinen 63 Stockwerken u.a. ein großes Aquarium
beherbergt. Da Seoul nicht erst seit 1945 Hauptstadt ist, sondern diese
Funktion bereits seit über 600 Jahren ausübt, befinden sich
auch einige sehr eindrucksvolle Paläste in der Stadt: so z.B.
der Kyongbok-Palast, einst Königsresidenz
in der Choson-Zeit (1394 erbaut), der eine Ausdehnung von etwa vierzig
Morgen hat. Nicht allzu weit entfernt der Changdok-Palast (Weltkulturerbe)
mit seinem geheimen Garten, einem eindrucksvollen Beispiel koreanischer
Gartenbaukunst. Der südlich an den Palast angrenzende Chongmyo-Schrein beherbergt
die Ahnentafeln der Choson-Dynastie und wurde 1995 in die Liste der
UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.
Nordwestlich des Kyongbok-kung befindet sich das aus Angst vor nordkoreanischen
Angriffen in keinem südkoreanischen Stadtplan eingezeichnete blaue
Haus - der Amtssitz des Präsidenten - das man mit einer Führung
besichtigen kann. Man sollte sich auf strenge Sicherheitskontrollen
gefasst machen.
Eine Fahrt von der Insel Youido mit einem Schiff zum koreanischen Welthandelszentrum COEX sollte man sich nicht entgehen lassen. In der Nähe liegt der schön angelegte Olympiapark mit Kunstwerken aus 66 Ländern und einer Ausgrabung aus der Paekche Zeit, jener Epoche der "drei Königreiche" Koreas.

Landschaft bei Hahoe
Südlich von Seoul liegt die Stadt , die man mit der Bahn in knapp einer Stunde bequem erreicht. Sie beherbergt ein weiteres Weltkulturerbe: die knapp 7 km lange Ring-Festungsanlage Hwasong aus der Chosonzeit (um 1796), die man in ganzer Länge begehen kann. Das östlich von Suwon gelegene Volkskundedorf gibt einen vielschichtigen Einblick in das Leben Koreas in alter Zeit. Die dort lebenden Menschen zeigen dem Besucher traditionelles Handwerk, alte Tänze, die typische koreanische Bauernmusik "Sanmulnori" sowie konfuzianistische Hochzeitszeremonien.
An der Ostküste, fünf Fahrstunden von Seoul entfernt erstreckt sich das eindrucksvolle Sorakgebirge. Im Herbst raubt die Schönheit der Laubfärbung selbst den Einheimischen den Atem. Entlang der schönen Ostküste, die touristisch gut erschlossen ist, gelangt man durch gebirgige Formationen schließlich landeinwärts nach Andong und Hahoe; ersterer Ort ist berühmt für den traditionellen, farbenreichen Maskentanz, letzterer für seine denkmalgeschützten, strohgedeckten Häuser.
Über die zu Füßen des malerischen Palgong-Gebirges liegende Stadt Taegu gelangt man nach Kyongju (UNESCO-Weltkulturerbe), die alte Hauptstadt des Shilla-Reiches, die viele kunsthistorische Schätze birgt - einst sollen hier etwa eine Million Menschen gelebt haben. Das Nationalmuseum präsentiert Tausende einzigartiger Exponate aus jener Epoche, und die Stadt selbst wird "Museum ohne Mauern" genannt. Hochhäuser sind untersagt und im heutigen Stadtzentrum erheben sich nicht die üblichen Banken- und Verwaltungspaläste, sondern die altehrwürdigen Hügel-Grabanlagen (Tumuli) von denen sogar einer begehbar ist. In Kyongju findet man die weltweit älteste Sternwarte ebenso wie den schönsten Tempel Koreas: Pulguk-sa; dem "reinen Lande Buddhas" nachgebildet ist er zu Recht zusammen mit der östlich von Kyongju an der Küste gelegenen Sokkuram-Grotte, welche die vollkommenste Buddha-Statue beherbergt, ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe.
Die größte Hafenstadt Koreas ist Pusan.
Vier Millionen Einwohner leben in einer durch Meer und Berge geprägten
Landschaft. Der Blick vom Pusan-Tower auf die Stadt und Umgebung ist
sehr eindrucksvoll. Ein Abstecher mit der U-Bahn in Richtung Pomo-Tempel
(Pomo-sa) im Norden der Stadt lohnt sich sehr. Großartige kulinarische
Eindrücke von der Vielfalt der Meeresfauna erhält man auf
dem Chagalchi-Fischmarkt. Frischer kann Fisch nicht serviert werden
- sozusagen vom Fisch-Trawler über die Markthalle direkt auf den
Teller - meist roh.
Auch wer Shopping liebt, wird in Pusan nicht enttäuscht: rund
um den Tower befindet sich der große Markt und wenn man zur U-Bahn
hinabsteigt kommt man in das Reich der unterirdischen Einkaufspassagen
mit Hunderten von Läden und Geschäften.
Von
Pusan erstreckt sich an der südlichen Küste der Hallyosudo-Waterway;
ein Meeres-Nationalpark mit über dreitausend zerklüfteten
und meist unbewohnten Inseln, die z.T. mit Fähren erreicht
werden.
Ebenfalls per Fähre oder auch mit dem Flugzeug gelangt man von
Pusan aus zu Südkoreas größter Insel Chejudo.
Ein Tropenparadies, das zu Recht "Hawaii Asiens" genannt
wird und geologisch bereits zum japanischen Inselarchipel gehört.
Chejudo beherbergt auch den höchsten Berg Südkoreas: den
Halla-san, einen erloschener Vulkan. Von Chejudo kann man direkt nach
Seoul fliegen oder zu einem anderen der 16 miteinander vernetzten Inlandsflughäfen.
Verläßt
man Pusan wieder nordwestlich Richtung Seoul so gelangt man durch
den landschaftlich reizvollen Kayasan-Nationalpark zum Haein-Tempel mit
der Tripitaka Koreana, die 1251 fertiggestellt
wurde und den gesamten buddhistischen Kanon auf 82000 hölzernen
Druckplatten mit 45 Millionen handgeschnitzter chinesischer Buchstaben
enthält.
Gelagert werden die Druckstöcke in einem zu jener Zeit dafür
errichteten, einzigartigen Bauwerk, dessen geniales Belüftungssystem
bis heute dafür sorgt, dass das Holz der Tafeln nicht zerfällt.
Die Halle mitsamt der Tripitaka Koreana wurde als Weltkulturerbe anerkannt.
Weitere lohnenswerte Ziele im Südwesten und der Zentralregion sind die kleine Stadt Namwon, die den Eingang zum Chiri-Gebirge (Chiri-san), das oft als "Schweiz Koreas" bezeichnet wird, markiert, und die Stadt Taejon, die einen Science Park auf dem Gelände der EXPO 1993 bietet. Der Popchu-sa ist eine großräumige Tempelanlage und besitzt mit einer 36 m hohen, frei stehenden Bronzestatue eines der größten Buddhabildnisse Asiens.
Südöstlich Seouls kann man bei Ich´on traditionelle Töpfer-Manufakturen besichtigen, wo das berühmte jadegrüne Seladonporzellan der Koryo-Zeit oder das weiße aus der Choson-Dynastie noch heute in alter Tradition gefertigt wird. Im Keramikmuseum der Stadt werden eindrucksvolle Exponate aus der Geschichte koreanischer Keramik präsentiert.
Thomas Schneider
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