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Die Seele eines Landes offenbart sich in der Musik

Musik aus aller Welt

Winfried Dulisch präsentiert

Music City: Nashville / Tennessee

Statue des Gitarristen Chet Atkins vor einer Bankfiliale in Nashville


Weitere Hör- und Reisetipps für Musikfreunde sind zu finden unter

Musik aus aller Welt.

 

Der Trip durch die Musik-Metropole der USA beginnt schon in der Touristen-Infozentrale. Hier im Zentrum von Downtown Nashville (1) können sich die Besucher auf einer kleinen Bühne mit einer Gitarre fotografieren lassen und ihren Lieben daheim beweisen: I was in Music City.

Zur „Country Music Hall of Fame“ sind es von hier aus nur zwei Minuten zu Fuß. Dieses Museum erzählt die Entwicklungsgeschichte der Country Music. Es begann als Hinterwäldler-Mucke in den Appalachen und Ozark Mountains. Aus dieser Hillbilly- und Bluegrass-Music entwickelte sich der Honky-Tonk-Rhythmus, zu dem die Arbeiter auf den Erdölfeldern von Texas in den 1930er Jahren nach Feierabend tanzten. Daraus entwickelte sich der aktuelle Country-Pop.

Botschafter

Der Gitarrist David Andersen wurde von all diesen Einflüssen inspiriert. Als „Ambassador of Musicity“ schüttelt er im Foyer der Country Music Hall of Fame für jede Besuchergruppe das jeweils passende Repertoire aus dem Ärmel: Country-Schnulzen, Jazz-Standards, Gospel-Songs, Kinderlieder, Radiohits – „you name it, I play it“. Wer sich anschließend mit diesem Botschafter der Musikstadt Nashville fotografieren lässt, kann ebenfalls von sich behaupten: I was in Music City.

Am Ende seines Rundgangs durch das Museum betritt der Besucher die eigentliche Ruhmeshalle der Country Music. Diese Hall of Fame widmet solchen Wegbereitern wie dem Gospel-Ensemble Carter Family oder dem Rock’n’Roll-Urahnen Hank Williams die gleiche Aufmerksamkeit wie den späteren Weltstars Dolly Parton oder Willie Nelson. Über all diesem Starkult hebt die erste Zeile einer christlichen Hymne die Country Music in eine noch höher Sphäre: Will The Circle Be Unbroken – wird der Kreis ungebrochen bleiben?


Der berühmteste aller Countrysänger hat gleich um die Ecke sein eigenes Museum. „Manche Besucher erfährt hier zum ersten Mal, dass er seit 2003 tot ist“, erzählt Randall Bart. Er arbeitet als Guide im Johnny Cash Museum. „Vielen seiner Fans ist auch nicht bewusst, was für eine vielschichtige Künstlerpersönlichkeit er war. Johnny Cash war ein Rock’n’Roll-Sänger und Gospel-Prediger, Showmaster und TV-Comedian. Er spielte Charakter-Rollen – und zwar nicht nur in Westernfilmen. Außerdem setzte sich ein für die Rechte von Gefängnis-Insassen.“

Ureinwohner

Dass der Singer-Songwriter auch für die nordamerikanischen Ureinwohner seine Stimme erhob, fällt in dem ansonsten thematisch breit aufgestellten Johnny Cash Museum nur dem genauen Betrachter auf. Dabei hatte er 1964 eine komplette LP zu diesem Thema eingespielt: „Bitter Tears: Ballads of the American Indian“. 50 Jahre später ließen sich Emmylou Harris, Kris Kristofferson und mehrere junge Country-Barden davon inspirieren zu einem Remake: „Look Again to the Wind: Johnny Cash’s Bitter Tears Revisited”.



Gleich um die Ecke vom Johnny Cash Museum geht es zum Ernest Tubb Record Shop. Andere Musiker investierten ihr Geld in Aufnahmestudios oder Musikverlage. Der Countrysänger Ernest Tubb (1914-84) eröffnete 1947 in bester Geschäftslage seinen eigenen Plattenladen.

Souvenirs

„Mit diesem Shop hatte Ernest Tubb sein Ohr ganz nah dran an den Plattenhörern“, schwärmt Gloria Ellingson von ihrem einstigen Chef, für den sie 1967 als Verkäuferin zu arbeiten begann. Damals setzte der Laden noch die jeweils aktuellen Musiktrends. Heute decken die Country-Nostalgiker aus aller Welt ihren Souvenir-Bedarf bei Ernest Tubb.

Die Musicity steht aber nicht nur auf dem Country-Fundament. Gleich in der Nähe zu den Countrymusiker-Gedenkstätten steht das Schermerhorn Symphony Center. Dieses Konzerthaus wurde benannt nach Kenneth Schermerhorn. Der Dirigent leitete das Sinfonieorchester der Stadt von 1983 bis 2005.

Virtuose

2013 spielte die Nashville Symphony das „Concerto for Banjo & Orchestra“ ein. Solist bei diesem Konzert war der bedeutendsten Klassik-Star der Stadt: Béla Fleck. Dieser Banjo-Virtuose aus Nashville hatte vorher schon zusammen mit anderen Klassik-Kollegen bewiesen, dass sein Instrument weitaus mehr zu bieten hat als nur Jazz- und Bluegrass-Klänge.

Als Erfinder des „Nashville Sound“ gilt aber ein anderer Saitenzupfer: Chet Atkins (1924-2001). Nach seinen Vorstellungen wurde 1956 in der Music Row, dem Musikindustriegebiet im Südwesten von Downtown Nashville, das RCA Studio B gebaut. Vor allem viele Countrymusiker nahmen ihre Platten hier auf.

Presley-Fans

Doch die kommerziell erfolgreichsten und musikhistorisch bedeutendsten Produktionen wurden im Studio B von einem Hüftenwackler aus Memphis, Tennessee, eingespielt: „Are You Lonesome Tonight“, „It’s Now Or Never“ und andere Elvis-Hits. Einige Presley-Fans bedauerten, andere stellten damals erfreut fest: Der King of Rock’n’Roll entwickelte in Nashville seine künstlerische Reife.



Das Studio B wird heute als Lehrwerkstatt für junge Tontechniker genutzt. Außerdem ist es ein Museum. Die Museumsführerin erzählt: „Elvis und seine Musiker kamen immer abends um zehn ins Studio und blödelten die ganze Nacht rum. Zwischen vier und fünf Uhr nahmen sie dann einen Song auf. Als Elvis im Juni 1966 ‚If Every Day Was Like Christmas’ einspielte, ließ er Tannenbäume im Studio aufstellen, um das ‚Nashville A-Team’ und sich selbst in die gewünschte Stimmung zu bringen.“

Klimperkasten

Das „Nashville A-Team“ war ein Studiomusiker-Pool, wie er sonst nirgendwo auf der Welt zu finden war. Neben Chet Atkins und anderen stadtbekannte Guitar-Pickers waren vor allem das röhrende Saxophon eines Boots Randolph, die Mundharmonika von Charlie McCoy sowie der Klimperkasten-Sound des Pianisten Floyd Cramer die Erkennungszeichen des Nashville A-Team.


An diesem Klavier klimperten Floyd Cramer
und andere Musiker im Studio B ihre Hits

„Ohne diese hervorragend aufeinander eingespielten Begleiter wären viele Stars niemals ein Star geworden“, erzählt Joe Chambers, Direktor von The Musicians Hall of Fame (MHOF). Sein Museum will nicht nur die legendären Nashville-Studiomusiker würdigen. „Viele Instrumente und Aufnahmegeräte, die wir heute im MHOF präsentieren, wurden einst verwendet von Hitfabrik-Fließbandarbeitern in Detroit und Memphis.“

Verkehrsschilder

Inzwischen ist Nashville der bedeutendste Musikindustrie-Standort in den USA – und somit für die gesamte Welt. Sämtliche prominenten Musikverlage und Plattenfirmen haben hier ein Büro. Aber die Musik lebt nicht vom Big Business allein. Deshalb weisen Verkehrsschilder überall in der Music City den Weg zu den Clubs und Konzerthäusern und erinnern die Nashville-Besucher daran: Hier spielt die Musik.

Allgemeinde Informationen (deutsch)
über Nashville und Tennessee www.tennessee.de/

Englischsprachige Websites für Musikfreunde:

http://www.visitmusiccity.com/

www.countrymusichalloffame.org/

http://www.johnnycashmuseum.com/

http://www.musicianshalloffame.com/contact/

http://www.nashvillesymphony.org/

http://etrecordshop.com/

http://www.davidandersenmusic.com/


Downtown Nashville


CD-Tipps:

Look Again to the Wind: Johnny Cash’s Bitter Tears Revisited”

Béla Fleck & Nashville Symphony

Nashville Symphony: American Classics - Charles Ives

Chet Atkins

Elvis Presley



Text & Fotos: Winfried Dulisch

 

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