Reiseführer Rom

Villa Farnesina

Sie ist eine bekannte römische Sehenswürdigkeit, das schöne Beispiel einer städtischen Renaissance-Villa, eingebettet in einen parkähnlichen Garten voller exotischer Pflanzen. Errichtet hat den Prachtbau der Architekt und Maler Baldassare Peruzzi, der kein Unbekannter im Rom des frühen 16. Jahrhunderts war. Von ihm stammen u. a. der Palazzo Massimo alle Colonne, zwei Palazzi auf der Piazza Monte Vecchio und zahllose Fresken in Kirchen und Palästen, so auch in der Villa Farnesina. Neben Peruzzi selbst waren auch sein Freund Raffael und dessen Schüler mit den Ausmalungen betraut worden und zu diesen gesellten sich noch Sebastiano del Piombo und Giovanni Antonio Bazzi.
Es sind ihre herrlichen Fresken, die den Ruhm der Villa begründet haben.

Rom: Villa Farnesina Außenansicht

Villa Farnesina Außenansicht


Auftraggeber war der aus Siena stammende Agostino Chigi, seinerzeit der wohl erfolgreichste italienische Unternehmer und Banker, zu dessen Klienten Päpste, Kardinäle und Fürsten zählten. 1505 hatte er das Grundstück zwischen dem rechten Tiberufer und der Via della Lungara erworben und im Jahr darauf den damals erst 25jährigen  Peruzzi mit dem Bau beauftragt. Schon 1508 konnte mit den ersten Ausmalungen im Erdgeschoss begonnen werden. 1511 zog Chigi ein und von da an war es mit der Beschaulichkeit vorbei, gab es doch für den reichen Mann aus Siena keine amüsantere Beschäftigung als seine prominente Klientel verschwenderisch zu bewirten. Dazu lud er Roms schönste Frauen und die hellsten Köpfe des Geisteslebens ein. Die märchenhafte Prachtentfaltung in der Villa am Tiber brachte ihm den Beinamen il magnifico (der Großartige) ein. Noch Jahrzehnte später sprach man von den üppigen Festgelagen, zu denen man sogar hin und wieder Tafelsilber mit dem Wappen der Gäste anfertigen ließ, um es nach dem Bankett mit lässiger Geste in den Tiber zu werfen, wo es – was die Gäste freilich nicht wussten – von versteckten Netzen aufgefangen wurde.

Rom: Villa Farnesina

1519 heiratete Agostino Chigi auf Drängen des Papstes die „niedrig geborene“ (sie war die  Tochter eines Marktschreiers) Francesca Andreazza, eine wunderschöne Venezianerin, Mutter seiner vier Söhne, mit der er seit sieben Jahren zusammenlebte. Papst Leo X. aus dem florentinischen Hause Medici leitete die Trauzeremonie, weiterhin waren 12 Kardinäle anwesend und alles, was sich zur nobiltà romana zählte. Dann riss die Glückssträhne. Agostino starb 1520, Francesca nur sieben Monate nach ihm (vielleicht vergiftet). 1528 wurde die einst florierende Bank geschlossen. Der einzige überlebende Sohn Lorenzo verprasste das Erbe und 1579/80 musste die Villa an die Farnese-Familie verkauft werden, deren Namen sie seitdem trägt. Im frühen 18. Jahrhundert übernahmen die neapolitanischen Bourbonen das Erbe der Farnese. 1927 wurde die Farnesina Eigentum des italienischen Staates. Seit Kriegsende dient sie gemeinsam mit dem benachbarten Palazzo Corsini der Accademia Nazionale dei Lincei als glanzvoller Ort für Konzerte, Workshops und Tagungen.

Eine Mischung aus Palast und Villa

Die Farnesina war eine der ersten römischen Villen, die in Anlehnung an das Vorbild der antiken Villa suburbana die Annehmlichkeiten des Landlebens (frische Luft, sauberes Wasser, viel Grün, Schatten) mit denen der Stadtnähe verband. Während zur Straße hin der Bau die geschlossene, strenge Fassade eines Stadtpalastes zeigt (die repräsentative Seite), öffnet sich die eigentliche Hauptfassade, aufgelockert durch die fünf, früher offenen großen Arkaden und gerahmt von den seitlich vorspringenden Flügeln zum Park, wo noch heute viel immergrünes Buschwerk, Zypressen, Lorbeerbäume, Libanon-Zedern und Bergamotten wachsen. Früher, vor der Regulierung des Tiber in den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, erstreckte sich das Parkgelände bis hinunter zum Flussufer.
Die zweigeschossige Fassade wird zwischen den Fensterachsen durch zarte Wandpfeiler (Pilaster) gegliedert. Ein kräftiges Gesims trennt die beiden Geschosse und unter dem markant auskragenden Dach findet die strenge Fassade mit einem Stuckfries voller Girlanden und Putten einen üppigen Abschluss. Im 19. Jahrhundert wurde der Eingang von der offenen Loggia des Mitteltraktes der Gartenseite auf die Hofseite an der Straße verlegt.

Agostino Chigi machte seinen villenartigen Stadtpalast zu seinem Hauptwohnsitz, fernab des städtischen Alltags und der aufreibenden Geschäftswelt, harmonisch eingefügt in eine großzügige Garten- und Parklandschaft, der Brunnen, Mauern und Statuen ein reizvolles antikes Flair verliehen.

Fresken vom Feinsten

Mit den ersten Schritten schon taucht man in eine phantastisch gemalte antike Götter- und Mythenwelt ein, die den Lebensgenuss, Sinnlichkeit und Schönheit, Natur und Liebe feiert und das in einem Umfang und einer Qualität, die noch keinen Profanbau jener Zeit schmückte, allenfalls in zeitgenössischen päpstlichen Gemächern eine Entsprechung fand. Chigi hatte die bedeutendsten Künstler der Zeit für sein Projekt gewinnen können und sie legten sich mächtig ins Zeug, um den nicht gerade bescheidenen Vorgaben ihres Auftraggebers zu entsprechen. Denn es ging natürlich auch darum, die Rolle des Hausherren in ein glanzvolles Licht zu rücken, sein öffentliches Renommee, seine Beziehung zu Frauen. All das sollten die Fresken widerspiegeln und überhöhen in harmonisch bewegten, farbenfrohen, stimmungsvollen und inhaltlich aufeinander abgestimmten Bilderzyklen.

Gegenüber dem Eingang betritt man eine große, lichtdurchflutete Galerie mit schönem Ausblick auf den Gartenbereich. Diese Loggia di Psiche wurde nach den Vorstellungen Raffaels gestaltet, hauptsächlich ausgemalt aber von seinen Schülern Giulio Romano und Gianfrancesco Penni. Ein weiterer Schüler, Giovanni da Udine, schuf die Blumen- und Früchtegirlanden, welche die einzelnen Szenen der Eifersuchtsgeschichte von Venus, Psyche und Amor umrahmen, die auf einer Erzählung in den Metamorphosen des Apuleius fußt. Von Raffael selbst stammt nur eine der drei Grazien (die dem Betrachter den Rücken zukehrt) in einem der Winkel der Decke (s. Foto).

Rom: Raffael, Villa Farnesina

In der angrenzenden Loggia di Galatea haben sich wieder drei Künstler bei ihren Ausmalungen zu Höchstleistungen angestachelt. Im Mittelpunkt steht die aus der griechischen Mythologie bekannte Nymphe Galateia, die von dem eifersüchtigen Kyklopen Polyphem geliebt wird. Die anmutige Meernymphe auf einem von Delphinen gezogenen Muschelwagen malte Raffael und den sehnsuchtsvoll zu der Schönen hinüber blickenden Polyphem Sebastiano del Piombo und Baldassare Peruzzi gestaltete die Sternenkonstellation am Deckengewölbe, die als Anspielung auf das Horoskop des Agostino Chigi gedeutet wird.

Auf der gegenüber liegenden Seite des Erdgeschosses wurde 1508 von Baldassare Peruzzi der „Saal mit dem Fries“ als erster Raum ausgemalt. Er zeigt auf einem hoch an den Wänden umlaufenden Fries u. a. die 12 Aufgaben des Herkules und weitere mythologische Episoden.

Rom: Villa Farnesina, Hochzeit Alexander d. Gr. mit Roxane

"Hochzeit Alexanders mit der persischen Königstochter Roxane"

Im oberen Stockwerk hat sich Giovanni Antonio Bazzi, den man Sodoma nannte, mit gleich zwei wandgroßen Fresken im Schlafzimmer des Agostino Chigi verewigt. Es sind Szenen aus dem Leben Alexander d. Gr., die Begegnung mit der Familie des persischen Königs Darius und an der Stirnwand die Hochzeit  Alexanders mit der persischen Königstochter Roxane, die einen Blick i^n das Schlafzimmer des makedonischen Herrschers erlaubt, der seiner Braut die Krone reicht, während verspielte Eroten allerlei Unfug anrichten und die Dienerschaft die Szene neugierig betrachtet.

Nebenan, im Saal der Perspektiven, hat Baldassare Peruzzi mit seinen  Scheinarchitekturen eine verblüffende Raumdekoration geschaffen, eine monumentale Augentäuschung (trompe l`oeil), die mittels raffinierter perspektivischer Darstellung von Schein-Säulengängen den Blick nach außen auf alte Stadtansichten lenkt.
Darüber sieht man auf einem Fries mythologische Szenen und Raffaels Schüler Giulio Romano malte das Fresko „Die Schmiede des Vulcanus“ über dem Kamin.  

(Via della Lungara 230)





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