Reiseführer Rom

„Hier wohnte . . .“

Wo sich Roms prominente Besucher einquartierten, erfährt man mit etwas Glück aus der einen oder anderen Stadtbeschreibung oder auch durch Zufall, wenn man an den Häuserfronten eine der vielen Gedenktafeln entdeckt. Für ihre Anbringung sorgte in erster Linie die römische Stadtverwaltung, aber auch Freundeskreise, Verehrer, Stiftungen. Hier und da sind die Gedenktafeln nicht mehr zu entziffern, da von Wind und Wetter abgenutzt und manchmal sind sie einfach nicht mehr dort, wo sie eigentlich sein sollten, wie die Erinnerungsplakette an Friedrich Nietzsches Unterkunft. Etwa wegen seiner freimütigen Aussage Rom ist kein Ort für mich, soviel steht fest!?

Gogol

Nikolai Wassiljewitsch Gogol (1809 – 1852), Via Sistina 125


Die russische Gemeinde in Rom ehrte 1901 ihren Landsmann mit der Inschrift:

Dem großen russischen Schriftsteller
Nicola Gogol
In diesem Haus,
wo er von 1838 bis 1842 wohnte,
erdachte und schrieb er
sein Meisterwerk

Gemeint ist „Die Toten Seelen“, womit er nicht so recht vorankam. Mal brütete er darüber zuhause, dann wechselte er hinüber ins „Caffè Greco“ und wieder zurück. Das tat seiner Begeisterung für Rom keinen Abbruch. In seinen Briefen an Freunde in Russland schwärmte „Signore Niccolò“, wie er in Rom gerufen wurde, von der italienischen Küche, von „Makkaroni, so lang wie der Weg von Rom nach Neapel.“ Und: „Was für eine Luft! Wenn Du einatmest, dann meinst Du, dass Dir mindestens 700 Engel in die Nasenlöcher fliegen!“ „Rom, es ist mein! Niemand wird es mir nehmen! Hier bin ich geboren . . . wo meine Seele schon vor mir, bevor ich zur Welt kam, wohnte.“ Die Drei-Zimmer-Wohnung im 2. Stock der Nummer 125 ist kürzlich zu einem Gogol-Museum umgestaltet worden.

Ferdinand Gregorovius (1821 – 1891), Via Gregoriana 14


Von 1860 bis 1874
lebte in diesem Haus
Ferdinand Gregorovius
deutscher Historiker der Stadt Rom
und deren Ehrenbürger,
der in Solidarität und mit Verständnis
den Italienern Gerechtigkeit widerfahren ließ
wie auch ihrer Geschichte und ihrer Zeit

Seine „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter“ gilt als eines der bedeutendsten Werke der deutschsprachigen Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert. Gregorovius führte Tagebuch. Aus seinen frühen Notizen, unmittelbar nach der Ankunft am Tiber:

„Mein erster Gang war aufs Kapitol und Forum; noch spät ins Kolosseum, darüber der Mond stand. Worte habe ich nicht zu sagen, was da alles auf mich einstürmte (…) Noch eine Woche will ich Rom planlos durchstreifen, denn in das innere Wesen der Stadt kann ich mich noch nicht wagen (…) Rom ist so tief still, dass man hier in göttlicher Ruhe empfinden, denken und schaffen kann...“

Richard Wagener, Rom

Richard Wagner (1813 – 1883), Via del Babuino 82


Zur Erinnerung haben 1905
„einige Bewunderer seiner Kunst“
die Gedenkplakette anbringen lassen
„Hier wohnte Richard Wagner im Jahre 1876“

Von Sorrent kommend, wo er sich mit Nietzsche getroffen hatte, war Wagner mit seiner Frau Cosima in Rom eingezogen und genoss die Huldigungen der römischen Society und der deutschen Kolonie. Wagner war Mitglied im römischen Künstlerclub Associazione Artistica Internationale wie auch sein Schwiegervater Franz Liszt, Giacomo Puccini, Emile Zola, Gabriele d`Annunzio u.v.a. Cosima Wagner hielt in ihrem Tagebuch unter dem 10. November fest

: „(…) dann mit R(ichard) eine Fahrt bis Sankt Peter und dann zum Forum begonnen. Grauenhafter Eindruck in St. Peter, alles, was Unmusik ist, drückt sich darin aus.“ Und am 11. Nov. notierte sie: „Nach dem Palatin, bei herrlichem Wetter mit den Kindern das ganze Forum besichtigt, seliger Morgen; nachmittags Villa Borghese wie im Traum und Rausch durchwandert.“ Unter dem 12. Nov. heißt es: „(...) nachmittags wieder St. Peter, „ein verfehlter Cäsarenpalast“, sagt R(ichard)...“

Thomas Mann (1875 – 1955), Via del Pantheon 57

Der deutsche Dichter
Thomas Mann
1875 – 1955
hat in diesem Palast gelebt
von November 1896
bis Juli 1897

...gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich. Den Rest des Sommers verbrachten sie in Palestrina. Wieder zurück in Rom, bezogen sie eine Wohnung in der Via del Torre Argentina und hier in der Nummer 34, „drei Stiegen hoch“, begann Thomas Ende Oktober 1897 die Niederschrift der „Buddenbrooks“. Sie endete vorerst im darauffolgenden Februar, wurde dann in München fortgesetzt und am 18. Juli 1900 abgeschlossen. „Wir betrachteten Rom als Berge unserer Unregelmäßigkeit, und wenigstens ich (Thomas) lebte dort nicht um des Südens willen, den ich im Grunde nicht liebte, sondern einfach, weil zu Hause noch kein Platz für mich war.“ Zwar nehme er die „historisch-ästhetischen Eindrücke, welche die Stadt zu bieten hat, ehrerbietig auf“, doch begegnete er den italienischen Phänomenen mit großer Skepsis, „dem sammetblauen Himmel, dem Wein und süßer Sinnlichkeit“. Und: „Rom, dies überschwenglich reiche Museum aller Kunst, diese moderne Großstadt im Süden, diese Stadt, die voll ist von lautem, raschem,heißem, sinnreichem Leben, und in die doch der warme Wind die schwüle Trägheit des Orients hinüberträgt.“ Doch für eine „biographische Wende“ war Rom gut, wie ein Literaturkritiker ausgemacht haben will. Während der Zeit in Rom sei es Thomas Mann gelungen, „seine quälende Lebensträgheit zu überwinden“. Und im hohen Alter schien er mit der Stadt am Tiber versöhnt. Als fast 80jähriger, auf seiner letzten Italienreise, betonte er seine „Sympathie für Rom mit seinen Obelisken und Brunnen“ und bekannte: „Möchte wohl dort leben“.

Ingeborg Bachmann, Rom

Ingeborg Bachmann (1926 – 1973), Via Bocca di Leone 60

Ich sah, dass, wer „Rom“ sagt,
noch die Welt nennt und der Schlüssel der Kraft vier Buchstaben sind:
S.P.Q.R.
Hier lebte und arbeitete von 1966 bis 1971
Ingeborg Bachmann
österreichische Dichterin und Schriftstellerin

Ingeborg Bachmann lebte 1953-1957, 1960-1962 und 1966-1973 in verschiedenen römischen Quartieren. Sie starb im Oktober 1973 nach einem Unfall in ihrer damaligen Wohnung im Palazzo Sacchetti, Via Giulia 66.

„Man hat mich so oft gefragt, warum ich nach Rom gegangen bin, und ich habe es nie gut erklären können. Denn Rom ist für mich eine selbstverständliche Stadt, man pilgert heute nicht mehr nach Italien. Ich habe kein Italienerlebnis, nichts dergleichen, ich lebe sehr gerne hier.“

„In Italien, könnte ich sagen, bin ich froher geworden, hier habe ich gelernt, Gebrauch von meinen Augen zu machen, habe schauen gelernt. In Italien esse ich gern, gehe ich gerne über eine Straße, sehe ich gerne Menschen an.“

„Gelernt habe ich etwas von den Italienern, das ist schwer zu erklären. Denn man kann von ihnen etwas lernen, wenn man alles wegwirft, jede Vorstellung, die man sich vorher gemacht hat davon. Es sind nicht die Schönheiten, nicht die Orangenbäume und nicht die herrliche Architektur, sondern die Art zu leben. Ich habe hier leben gelernt.“





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