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Reiseführer Danzig (Gdansk)

Günter Grass - der Danziger

Geboren wurde Günter Grass am 16. Oktober 1927 in Danzig als Sohn eines protestantischen Vaters und einer katholischen Mutter kaschubischer Abstammung. Seine Kindheit verbrachte er in einfachen Verhältnissen  im Stadtteil Langfuhr / Wrzeszcz in der heutigen ul. Lelewela 13 in einer engen Zweizimmerwohnung. Dort betrieben die Eltern ein Kolonialwarengeschäft.

Nach seiner Gymnasiastenzeit am Danziger Conradinum, dem Dienst als Luftwaffenhelfer und beim Arbeitsdienst, wurde Grass am 10. November 1944 zur Waffen-SS einberufen. Dort tat er als Panzerschütze Dienst und geriet am 8. Mai in amerikanische Gefangenschaft.

Nach seiner Freilassung 1946 arbeitete er in einem Bergwerk und absolvierte 1947/48 eine Steinmetzausbildung. Von  1948 bis 1952 studierte er dann Bildhauerei und Graphik an der Kunstakademie in Düsseldorf. Von 1953 bis 1956 setzte er sein Studium der Bildhauerei bei Karl Hartung an der Berliner Akademie der Schönen Künste fort.

Danach lebte Grass mit der Schweizer Balletttänzerin Anna Schwarz, die zwischen 1954 und 1978 seine Ehefrau war, bis 1959 in Paris. Seit 1957 gehörte Günter Grass parallel der Gruppe 47 an, deren Preis er ein Jahr später für „Die Blechtrommel“ erhielt, das Buch, das ihn weltberühmt machte. 1960 siedelte Grass nach Berlin über. Im Jahr darauf erschien die Novelle „Katz und Maus“, die wieder in Danzig spielt.
Ein weiterer Markstein in diesem Jahr ist die erste Begegnung des Schriftstellers mit Willy Brandt. Grass beginnt sich für die SPD zu engagieren und macht zwischen 1961 und 1972 Wahlkampf für sie, ohne überzeugter Anhänger zu sein. Er sah diese Partei als das kleinere Übel an. Parteimitglied wurde er erst 1982 und trat 1993 aus Protest gegen die Asylpolitik der SPD wieder aus.

Im Jahr 1963 erschien mit „Hundejahre“ das letzte Werk der Danziger Trilogie. Grass’ Ausdrucksweise bleibt provokativ, er mischt sich ein, misstraute Ideologien und Fanatikern zutiefst und ließ nicht zu, dass seine Generation sich als Opfer der Nationalsozialisten darstellte, Hitler als Dämon und das Deutsche Volk als verführt. Daher erlangte Günter Grass rasch den Ruf eines politischen Moralisten, ja wurde zur moralischen Instanz der Bundesrepublik. In „Denkzettel“ (1978) formulierte er seine Haltung so: „Ich bin ein Gegner der Revolution. Ich scheue Opfer, die jeweils in ihrem Namen gebracht werden müssen. Ich scheue ihre übermenschlichen Zielsetzungen, ihre absoluten Ansprüche, ihre inhumane Intoleranz.“

Im Jahr 1972, dem Jahr in dem Grass ins schleswig-holsteinische Wewelsfleth zog,  erschien die Erzählung "Aus dem Tagebuch einer Schnecke", in der  Grass den Bundestagswahlkampf 1969 beschrieb. Im Jahr 1977 folgte der epische Roman "Der Butt". Kurz darauf erfolgte 1978 die Scheidung von seiner Frau Anna. 1979 heiratete er in zweiter Ehe die Organistin Ute Grunert.

In diesem Jahr erschien auch Volker Schlöndorffs kongeniale Verfilmung von "Die Blechtrommel". Ein Jahr später wurde "Die Blechtrommel" als erster deutscher Film mit einem Oscar als "Bester fremdsprachiger Film" ausgezeichnet. Sechs Jahre später erschien 1986 "Die Rättin". Danach ging Grass mit seiner Frau von August 1986 bis Januar 1987 nach  Indien, wo er die meiste Zeit in Kalkutta verbrachte. Nach seiner Rückkehr trat Grass wieder stärker ins politische Leben ein. Er beteiligte sich am Wahlkampf der SPD für die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein.

Als die Akademie der Künste, deren Präsident Grass 1983-86 gewesen war, 1989 eine Solidaritätsveranstaltung für Salman Rushdie verweigerte, trat Grass aus.
Zur Zeit der deutschen Wiedervereinigung blieb Günter Grass politischer Mahner, und wandte sich gegen eine "Ruckzuck-Einheit über den bloßen Anschlussartikel 23 des Grundgesetzes". Er setzt sich für ein langsameres Zusammenwachsen zu einer Kulturnation ein.

Die Versöhnung zwischen Ost und West wurde zu einem wichtigen Thema für den Schriftsteller Grass. Sein 1992 veröffentlichter Roman "Unkenrufe" beschrieb so die Versöhnung zwischen Deutschen und Polen. Nur ein Jahr später erhielt Günter Grass die Ehrendoktorwürde der Universität Gdansk und die Ernennung zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt – ein noch fünf Jahre zuvor undenkbares Geschehen.
Sein bisher letzter Roman, „Ein weites Feld“ erschien 1995. Er spielt in Berlin zwischen dem Bau der Mauer und der Wiedervereinigung und ist ein Abziehbild deutscher Geschichte von der Revolution 1848 bis zur Gegenwart.

Die Annerkennungen und Preise häuften sich inzwischen  für Grass. Unter vielen anderen Auszeichnungen erhielt er 1997 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 1999 den Nobelpreis für Literatur. 
Die Novelle „Im Krebsgang“, die den Untergang der „Wilhelm Gustloff“ sowie Flucht und Vertreibung der Ostdeutschen zum Thema hat, erschien 2002 und eröffnete den gesellschaftlichen Diskurs über diesen Themenkomplex neu.

In seinem 2006 erschienenen autobiografischen Buch „Beim Häuten der Zwiebel“ gesteht Grass erstmals öffentlich, dass er als 17-jähriger Mitglied der Waffen-SS war.
Zuvor hatte er immer angegeben, in der Zeit von 1944 bis 1945 nur Flakhelfer gewesen zu sein. Begleitet wurde diese Klarstellung von großem Rauschen im Medienwald. Das späte Geständnis gerade des politischen Moralisten Grass löste heftige kontroverse Reaktionen aus, was allerdings besondere Aufmerksamkeit auf das Buch lenkte.

Günter Grass lebt heute unweit von Lübeck in Schleswig-Holstein.

Bücher von Günter Grass


 

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