Auf Du und Du mit Ötzi

Erlebnisreiche Familienferien im Ötztal

Text und Fotos: Ulrike Katrin Peters

Ötzi-Tattoos, Milchkannen-Xylophone, diebische Raben, schmusige Widder und das Rätsel um einen Edelstein auf 2.020 Metern - die Urlaubsmöglichkeiten für Groß und Klein sind im Ötztal perfekt für sorglose Tage in den Bergen. Und wer meint, Bergurlaub sei automatisch gleichbedeutend mit Wanderurlaub, hat sich getäuscht. Gerade für Familien bietet das Ötztal Freizeitbedingungen, die an Vielfalt kaum zu toppen sind.

Österreich - Ötztal in Tirol - Ötzi-Dorf

"Wer ist das denn?", fragt die siebenjährige Maike staunend, als sie die Gletschermumie Ötzi beim Betreten des Ötzi-Dorfes (1) entdeckt. Die Nachbildung zeigt den ausgetrockneten Leib in Fundsituation und sieht ziemlich schrumpelig aus. "Wie eine Rosine!", ergänzt ihr gleichaltriger Kumpel Constantin. Recht hat er - schließlich ist das ganze Wasser aus dem Körper gewichen. Weil er schnell ausgeblutet ist, ist der Mann aus der Jungsteinzeit aber nicht verwest. "Wir können uns also irgendwie fast freuen, dass er einst von einer Pfeilspitze getroffen wurde", grinst Museumsführerin Tamara Scheiber mit einer Mischung aus Verlegenheit und Begeisterung und rollt dabei jedes "R" unübertroffen alpenländisch.

Dass das Ötzi-Original in Italien im Museum liegt, stört im Ötzi-Dorf keinen. Viel zu anschaulich wurde hier im Umhausener Museum nachgebildet, wie man in der Jungsteinzeit lebte. Man kann Ötzis Waffen in die Hand nehmen, den Steinschlagplatz begutachten, den Daumen sacht über die scharfe Kante eines Feuersteins reiben und geduckt in Ötzis Wohnhütte an seiner Feuerstelle Platz nehmen.

Österreich - Ötztal in Tirol - Ötzi-Dorf

Spannend ist auch die Geschichte des Fundes der Gletschermumie: Als ein deutsches Wandererpaar im Herbst 1991 beim 3.208 m hohen Tisenjoch auf den Leichnam traf, gingen sie zunächst davon aus, auf einen verunglückten Bergsteiger getroffen zu sein.

Nach Neu-Vermessung der Landesgrenzen stellte man fest, dass Ötzi "... leider auf der italienischen Seite lag. Aber immerhin, er trägt unseren Namen", lacht die Oetzerin Nicole Jäger und schiebt ihre trendige Sonnenbrille ins Haar. Schnell kommt man mit der jungen Frau ins Gespräch und schlendert gemeinsam weiter. Vor einer Schauwand mit "Ötzis Leiden" bleiben wir stehen. "Er hatte kein so leichtes Leben wie wir heute und seinen Körper zeichnete bereits so manches Leiden." Karies zählte dazu, Arterienverkalkung und eine Raucherlunge.

Österreich - Ötztal in Tirol - Ötzi-Dorf

Der bedeutendste Fund aus dem Neolitikum hatte auch schwarze Striche auf dem Rücken - "Wie ein Tattoo, Mama!", meint der Constantin. "Ja, sieht so aus, stimmt - aber es sind in Wirklichkeit Akupunkturpunkte, die mit Asche desinfiziert wurden." erklärt Jäger weiter.

"Ötzi wurde ermordet, aber um Raubmord handelte es sich nicht, so viel haben wir nach all den Jahren noch raus gefunden", so die Führerin und die Augen der kleinen Museumsbesucher werden immer größer. "Er trug nämlich ein über 5.000 Jahre altes Kupferbeil bei sich, ein echtes Statussymbol, das zu jener Zeit ungefähr so wertvoll für die Menschen war wie heute das neueste iPhone“, berichtet die Blondine weiter. Jetzt ist klar, dass sie mit den jungen Museumsbesuchern auf einer Wellenlänge liegt, und so folgen ihr alle in den Außenbereich des Museums.

Österreich - Ötztal in Tirol - Ötzi-Dorf

Schon bald ist das Kuhgatter erreicht. Die Kinder verziehen die Nase, als sie hören, dass die Blase der Tiere früher als Trinkflasche benutzt wurde und ihre Felle durch das Gerben mit Gehirnmasse der Tiere sowie durch weich kauen bearbeitet wurden. Cooler finden die Nachwuchs-Archäologen da schon den Langbogen, mit dem man bis zu 100 Meter weit schießen konnte, den Fischspeer und die Pfeilspitze.

Als die kleine Gruppe die nachgebildete Wohnhütte von Oetzi betritt, wird schnell klar, warum bei Oetzi eine Raucherlunge festgestellt wurde, obwohl der Tabak noch gar nicht erfunden war. Die Feuerstelle bildete den Mittelpunkt, einen vernünftigen Rauchabzug gab es noch nicht. Bevor sie uns aus dem Oetzi-Dorf verabschiedet, präsentiert die Museumsführerin den Besuchern noch die jungsteinzeitliche Version einer Light-Show. Geschickt zeigt sie, wie viel Mühe es macht, aus Zunderstein und Feuerstein ein Feuer zu entfachen.

Österreich - Ötztal in Tirol - Ötzi-Dorf

Wenn es direkt im Anschluss nebenan zur Greifvogelflugshow geht, dann steigt die Spannung vor allem unter den jungen Besuchern. Wilde Tiere, Adler gar, die frei fliegen - das hört sich nach einem Abenteuer an. "Am Eingang steht einer, der sieht aus wie ein leibhaftiger Oetzi", lacht uns Meike zu, die schon vorgerannt ist. Norbert Rudigier ist damit gemeint und schaut mit seinem Rauschebart wirklich ein wenig verwegen aus. Der schmucke Tirolerhut und die Falkner-Uniform verleihen ihm eine abenteuerliche Erscheinung. Der freundliche Tiroler bittet die Besucher in eine offene, aus Natursteinen gestaltete Arena, die von den Volieren umgeben ist.

Österreich - Ötztal in Tirol - Ötzi-Dorf

Die Greifvögel sorgen für Spannung und Spaß. Im freien Gelände zeigen die Geier, Adler, Milane, Eulen, Falken, Bussarde und Raben, was sie drauf haben: lautlose Gleitflüge, elegante Segelflüge, waghalsige Sturzflüge und rasante Jagdflüge. Dabei streift der Adler schon mal das Haupthaar der Zuschauer, wenn er von einem Falkner zum anderen fliegt. Der Milan nimmt gar kurz Platz auf der grünen Mütze eines Zuschauers und das Kolkrabenpaar Bonny und Clyde, so verrät Norbert Rüdigier, trägt seinen Namen nicht ohne Grund. Beim Käfig-Reinigen klaut das diebische Paar schon gern mal Kehrschaufel und Handbesen. Während die Vögel über die Haare der jungen und alten Zuschauer hinweg düsen, füttert der sympathische Trainer die Gäste mit spannenden Infos. "Der Baumeister Natur hat der Schneeeule zwar steife Augen, aber einen sehr beweglichen Hals gegeben."

Österreich - Ötztal in Tirol - Piburger Mühle

Nach so viel geistigem Input haben Eltern und Kinder Lust auf Chillen und Toben. Und diese Möglichkeit bietet sich nur ein paar Schritte weiter am liebevoll angelegten Badesee Umhausen. Der klare Badesee liegt am Fuße des Stuibenfalls. Auf der zugehörigen Terrasse lässt es sich wunderbar ausruhen. "Geht´s auch noch rüber in die Piburger Mühle?", fragt unsere Oetzer Bekanntschaft Nicole beim Abschied und schon steht der Plan für den kommenden Tag.

Wer nämlich meint, diesen runden Familientag könne man nicht toppen, der lasse sich auf das nächste Abenteuer im Ötztal ein. Regelmäßig schmeißt eine Truppe Freiwilliger den Holzkohleofen der restaurierten Piburger Mühle an und lädt Groß und Klein zum Brot backen ein. Man wählt zwischen süßen Hefeschnecken, deren Zubereitung besonders den Kindern schmeckt, und den herzhaften Brotlaiben mit Kräutern, die große Feinschmecker zu schätzen wissen. Während die Teigwaren im Ofen garen, haben sich die Kinder schnell die kleinen Styroporbötchen geschnappt und lassen Sie um die Wette den Mühlbach hinab sausen.

Österreich - Ötztal in Tirol - Piburger Mühle

Ein paar Schritte weiter ist schon der Piburger See (2) erreicht, einer der wärmsten Badeseen in Tirol. Er schimmert dunkelgrün und geheimnisvoll, das klare Wasser lädt zum Sprung ins kühle Nass ein. Die mutigen unter den Familienmitgliedern schwimmen gleich in schnellen Zügen zum hölzernen Ponton, der in der Mitte des von dichtem Wald gesäumten Sees liegt. Auf den warmen Holzplanken ausgestreckt, trocknet die Haut in der Sonne schnell und der Blick gleitet zum Seerestaurant hinüber. Spezialität ist, passend zum Ortsnamen, der "Pi-Burger" und auch die Forelle in Mandelkruste mundet hervorragend.

Österreich - Ötztal in Tirol - Piburger See

"Der Tag hat Euch gefallen, oder?", lacht Nicole verheißungsvoll und serviert gleich den Vorschlag zur Gestaltung des nächsten Tages: "Rauf auf 2.020 Meter nach Hochoetz mit der Gondelbahn und dann ab ins Widiversum! (3)" Dieser Spiel- und Schnitzeljagd-Platz ist optimal für sorglose Sommertage. Während die großen auf Woke 7, einer Mischung aus Holllywood-Schaukel und überdimensionaler Sitzbank, den Tag einen guten Freund sein lassen, können die Kleinen eine Schnitzeljagd rund um die verschwundenen Kristalle von Widi, dem wuscheligen Maskottchen, absolvieren.

Österreich - Ötztal in Tirol - Widiversum!

Dabei gilt es, dem Milchkannen-Xylophon Töne zu entlocken, an der Tauchstation ordentlich Gas zu geben, ein Floß per Pedalschwung über einen kleinen See zu schippern, ins Alphorn zu flüstern, zu rätseln, zu klettern und schließlich mit Hilfe des Lösungswortes im Restaurant eine kleine Überraschung abzustauben. Die Familie trifft sich dann gern zum gemeinsamen Abkühlen in der "Fußbaumelzone", bei der man mit den Füßen plantschen kann. Die Gesetze der Physik lernen sich an der überdimensionalen Kugelbahn gleich nebenan genauso schnell wie an dem abschüssigen Kanalsystem, in dem man Schleusen schließen und öffnen kann und herrlich mit kühlem Nass um sich spritzen kann.

Österreich - Ötztal in Tirol - Widiversum!

Dass Eltern und Kind die gute Bergluft bekommt, merkt man dann spätestens beim Einkehrschwung in der Kühtaile Alm. Hungrig machen sich die Kids in einer Trampolin-Hüpf-Löwenzahn-Pflück-Pferde-streichel-Pause über Schnitzel und anschließend noch eine Portion Kaiserschmarren her. Die großen Bergurlauber legen derweil entspannt die Füße auf der Terrasse hoch und prosten sich mit einem kühlen Radler zu. "Spielt ihr nur schön", ruft auch Nicole der munteren Kindertruppe zu und hilft den Großen, derweil die Sonne zu bewachen ...

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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