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Musik aus Österreich

Leonard Bernstein: „Mass“
Mitwirkende: Randall Scarlata (Bariton), Company of Music; Tölzer Knabenchor, Chorus sine nomine, Absolute Ensemble, Tonkünstler-Orchester Niederösterreich - Kristjan Jarvi
Doppel-CD: Chandos CHSA5070 (2)

www.chandos.net


Leonard Bernstein (1918-90) schuf dieses akustische Mosaik zeitgenössischer US-Musikkultur zum Gedenken an den 1963 ermordeten John F. Kennedy. JFKs Witwe blieb der Uraufführung im September 1971 fern, vermutlich hatte sie von der Partitur nur die erschreckend neutönerisch klingenden Anfangstakte gelesen. Jackie Kennedy – damals bereits Jacqueline Onassis – verpasste dadurch eine überaus weltliche („weltlich“ im Sinne von „erdverbunden“ wie auch „global“) musikalische Darbietung.


Und „Mass“ ist hier zu übersetzen mit „Masse von vielen Sängern, Musikern und Tänzern“ wie auch mit „Messe, entsprechend jener Konstitution über die heilige Liturgie, wie sie 1963 von der römisch-katholischen Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil festgelegt wurde“. In Bernsteins Ausdeutung dieser Liturgie-Reform wechseln sich persiflierte Militärmarsch-Rhythmen ab mit tief empfundenen Gospel-Gebeten, opulente Kammerchor-Gesänge mit fetzigen Pop-Tanzweisen.
Als jüdischer Weltbürger zeichnete der Komponist hier das Portrait eines Schmelztiegels der Kulturen, wie ihn die Amerikaner und die übrige Welt vielleicht erst heute zu würdigen wissen. Immer wieder lugt zwischen den Melodien der charmante Musical-Komponist hervor – wobei Bernstein sich weniger an seiner eigenen „West Side Story“, sondern mehr an der damals aktuellen Hippie-Operette „Hair“ zu orientieren schien.


Die vorliegende Einspielung mit dem Niederösterreichischen Tonkünstler-Orchester lässt die vom Komponisten gewollten Schroffheiten wirkungsvoll aufeinander prallen. Die Gesangssolisten sorgen immer wieder dafür, dass sich die Momente höchster Spannung künstlerisch überzeugend und spirituell glaubwürdig abwechseln mit stimmungsvoll einschmeichelnden Passagen. wd@saw

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Lutz Görner: „Joseph Haydn“
3CDs: Naxos NHB 30162
www.rezitator.de

Lutz Görner ist keiner von diesen Promi-Schauspielern, die im Vorbeigehen ein Hörbuch produzieren. Lutz Görner gehört auch nicht zu jener Sorte von Kehlkopf-Virtuosen, die jede Art von literarischer Vorlage – egal ob Bibel oder Krimi – deklamieren würden, um die Fans mal wieder im Wohlklang ihrer Stimme baden zu lassen. Dieser Vollblut-Rezitator ist ein Diener der Sprache – und manchmal auch ein Diener der Musik. Wohltuend nimmt er sich selbst zurück, wenn er diesmal die Lebensgeschichte des 1799 verstorbenen Joseph Haydn erzählt. Und immer wieder liefert Görner die Stichworte für musikalische Beispiele aus dem Schaffen dieser Vaterfigur der Wiener Klassik. 30 Jahre lang arbeitete „Papa“ Haydn im Dienste der Eszterházy-Fürstenfamilie – ständig wechselnd zwischen deren Familiensitz im 50 Kilometer östlich von Wien gelegenen Eisenstadt, dem Wiener Winterpalast und dem ländlich gelegenen Schloss Eszterháza im heutigen Ungarn. wd@saw

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Daniel Barenboim & Wiener Philharmoniker: “Neujahrskonzert 2009”
DVD: Decca 074 3317
CD: Decca 478 1133
www.wienerphilharmoniker.at
www.decca.com/newyearsconcert2009

 

Same procedure as every year: Der ORF überträgt das Neujahrskonzert aus dem Saal des Wiener Musikvereins, wenige Tage später liegt ein Mitschnitt dieser beinahe schon kultischen Veranstaltung in den CD- und DVD-Regalen. Nach vier Wochen dürfen diese Scheiben als Ladenhüter eingestampft werden – aber nicht im Jahre 2009. Denn diesmal verbreitete Daniel Barenboim als Dirigent viel, viel mehr als nur überschäumende Jahres-Aufbruchstimmung, die dann sofort wieder verpufft. Allein schon seine Inszenierung des Schluss-Satzes aus Joseph Haydns „Abschieds-Sinfonie“ hat das Zeugs zum Alltime-Kult – statt „Dinner For One“ kredenzt Barenboim auch schauspielerisch überzeugend hier eine „Symphony For No One“. Der „Donauwalzer“, „Geschichten aus dem Wienerwald“, ja sogar der „Radetzky-Marsch“ klingen unter seinen Händen farbenfroh und wie frisch komponiert. – Ein wenig enttäuschend wirken vielleicht jene Bilder, mit denen sich Linz zwischendurch als Kulturhauptstadt 2009 präsentiert; da hatte sich Graz während des Neujahrskonzertes 2003 überzeugender einem weltweiten Publikum als Reiseziel für Kulturtouristen empfohlen. Aber für ihren Mut, zwischen zwei Johann-Strauß-Klassikern ein avantgardistisches Percussion-Ensemble in einer Hochofen-Halle trommeln zu lassen, verdienen die Macher des Linzer Neujahrskonzert-Trailers ein dickes Kompliment: Hut ab! wd@saw

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Bonsai Garden Orchestra: „Take One“
CD: Extraplatte EX 835-2
www.extraplatte.at

Gitarrist Ken Emerson wurde 2005 mit einem Grammy für die beste Platte mit hawaiianischer Musik ausgezeichnet, im April 2008 ging er mit prominenten Vertretern der österreichischen Worldmusic-Szene ins Studio. Das Ergebnis: Alpenländische und irische Melodien, gespielt auf Ukulele, Hawaii-Gitarre, Geigen, dazu kommen noch Bierflaschen und andere Percussion-Instrumente. Oder: Gypsy-Swing und Rhythm-and-Blues treffen afrokubanische Rhythmen und Reggae-Grooves. Oder: Weltmusik mit Heimatmusik-Feeling – oder umgekehrt. Oder: Elektrisierende Klänge ohne elektronische Sound-Mätzchen. Oder: Einfach mal keine Gedanken machen über stilistische Einordnungen und an den schönsten Stellen dieser CD ungeniert mitjodeln oder auf dem Küchentisch tanzen! wd@saw

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Los Torpedos: „Oysters And Wine“
Extraplatte EX 814
CD: www.extraplatte.at
www.lostorpedos.org

Diese CD verdient das Gütesiegel „Duchgeknallt, total durchgeknallt“. Und wegen der drei Torpedos darf Linz an der Donau sich 2009 nicht nur als europäische Kulturhauptstadt präsentieren, sondern auch wie eine heimliche Subkultur-Hauptstadt fühlen. Im richtigen Leben sind die Herren R.B. Friedrich (Gitarre), H.G. Gutternigg (Tuba, Posaune) und Rudy Pfann (Schlagzeug – oder besser gesagt: Trümmerhäuflein) seriöse Musiker und/oder Musikpädagogen. In ihrer Freizeit verstößt dieses Trio gegen alle Regeln des guten Pop- und Rock-Geschmacks und gönnt sich selbst und seinen Hörern eine verdammt große Riesen-Gaudi. Auf ihrer dritten CD zerfleddern die drei Polkajazz-Hausmusikanten (bei den meisten Tracks stampfen ihre Filzpantoffeln den Takt mit) heuer mit Blues-Feeling und deftigem Spielwitz solche Popularmusik-Meisterwerke wie „Whiter Shade Of Pale“ oder die tragikomische Mini-Oper „Delilah“. wd@saw

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Walter Tilgner: „Bezaubernder Frühling“
CD: Natural Sound SM 9013-2 / Note 1
www.natur-tilgner.de
www.wergo.de

 

Er hat bereits einige Hits und Evergreens produziert – zum Beispiel jenes „Waldkonzert“ (Schott-Wergo SM 9001), bei dem ein röhrender Hirsch den übrigen Tierstimmen die Show stahl. Aber die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) zahlt dem Natur-Belauscher keine Komponisten-Tantiemen. Denn seine Freiland-Aufnahmen gelten laut GEMA-Satzung nicht als musikalische Werke. Trotzdem verzichtet Walter Tilgner konsequent auf melodische Beigaben. Und auch diesmal präsentiert der Tontechniker Natur pur. Als „Komposition mit Natur-Hörbildern aus den Schilf- und Riedgebieten der Bodensee-Region“ bezeichnet Walter Tilgner das vorliegende „Riedkonzert“, bei dem 72 Minuten und neun Sekunden lang die Vögel zwitschern und das Wasser in allen möglichen Klangfarben murmelt. wd@saw

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Franziska Vondru, Sopran und Sprechtexte; Otto Honeck, Klavier:
„Wiener Melange - Lieder und Texte rund um das Wiener Kaffeehaus“
Musicaphon M 56907 / Klassik Center
www. Klassikcenter-kassel.de

Wiener Lieder und Geschichten rund um den Wein füllen Hunderte von Tonträgern. Das Kaffeehaus ist diesbezüglich ein Geheimtipp. Dabei haben die literarisch und musikalisch hellsten Köpfe der Donau-Metropole ihre Loblieder geschrieben auf dieses öffentliche Wohnzimmer – und nach Hause gingen die Kaffeehaus-Poeten nur, um sich von dieser Arbeit auszuschlafen. In charmantem Plauderton - als würde sie dem CD-Hörer am Kaffeehaustisch gegenübersitzen – singt und erzählt Franziska Vondru von einer guten alten Zeit, deren Ende schon oft vorausgesagt wurde. Aber sogar Karl Kraus - ansonsten mit seinem Prognosen zum Untergang des Abendlandes meist richtig liegend - irrte sich, als er 1896 beim Abriss des Café „Griensteidl“ behauptete: „Wien wird jetzt zur Großstadt demoliert.“ Die aktuelle Auflistung von Wiener Kaffeehäusern (www.wien.info/article.asp?IDArticle=2860) und die vorliegende CD beweisen: Zumindest im Kaffeehaus bleibt Wien immer noch Wien. wd@saw

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WDR Rundfunkchor: „Musik der Wiener Hofkapelle“
CD: Phoenix Edition 112 / Naxos
www.phoenixedition.com

Eine Attraktionen für Kultur-Touristen sind jene Messen, die an Sonn- und Feiertagen in der Kapelle der Wiener Hofburg zelebriert werden (www.hofburgkapelle.at, Reservierung erforderlich unter WHMK@chello.at). Seit dem späten 13. Jahrhundert feierten die Habsburger dort ihre weltlichen und liturgischen Feste. Kaiser Maximilian I. etablierte dort 1498 die Wiener Hofmusik-Kapelle, Europas älteste Musik-Institution und eine Wiege des Wiener Musiklebens. Diese Tradition wird heute weitergeführt von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und der Wiener Sängerknaben. Wer keine Eintrittskarte mehr bekommen hat für eine Messe in der Hofburg, hört auf der vorliegenden CD liturgische Werke von Mozart, Schubert und anderen Komponisten, die zu den Repertoire-Lieferanten der Wiener Hofmusik-Kapelle gehörten. wd@saw

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Wiener Salon Ensemble: „Wien Meine Liebe“
Novalis 150 190-2
www.avc-music.com
Wiener Concert Schrammeln: „Auf der Rennbahn“
Preiser Records PR 90653 / Naxos
www.concertschrammeln.at
www.preiserrecords.at

 

Zwei künstlerisch empfehlenswerte, aber höchst unterschiedliche CDs mit konzertanter Unterhaltungsmusik aus Wien. - Die Damen (zwei Geigen) und Herren (Viola und Kontrabasss) vom Wiener Salon Ensemble spielen kammermusikalisch abgespeckte Orchester-Schmankerln der Strauss-Familie, von Joseph Lanner und Carl Michael Ziehrer. Wien-Fans kennen dieses Repertoire aus den ORF-Neujahrskonzerten und hören es immer wieder gerne in den Kaffeehäusern und Hotel-Foyers der Stadt. - Die Concert-Schrammler kultivieren dagegen jenen Sound, der in den Heurigen-Gärten derDonaumetropole zuhause ist: zwei – an manchen Stellen erfrischend kratzbürstig klingende – Violinen, eine Knopfharmonika und eine Kontragitarre. Wenn dieses Quartett in Wein- und Walzerseligkeit schwelgt, überschreitet es ungeniert alle stilistischen Grenzen und jubelt dem Hörer sogar kleine Pretiosen des Zwölfton-Avantgardisten Arnold Schönberg unter. – Fazit: Das Wiener Salon Ensemble eignet sich als Reise-Andenken für Wien-Touristen, die dort Bestätigungen für das biedermeierlich romantische Image der Stadt gesucht hatten; die Wiener Concert Schrammeln beweisen dagegen, dass Wien nicht unbedingt Wien bleiben muss, sondern sich immer wieder aus sich selbst heraus neu erfindet. wd@saw

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The Cistercian Monks Of Stift Heiligenkreuz: „Chant – Music For Paradise”
Universal 28947 66774 2
www.chantmusicforparadise.com

Diese CD verkündet keine Botschaften aus fremden Galaxien, sie ist auch kein Freifahrschein in das Wunderland der paradiesischen Klänge. Diese CD dokumentiert einfach nur jene Gregorianischen Gesänge, mit denen die Mönche im Stift Heiligenkreuz (15 km südwestlich von Wien) und anderen Zisterzienser-Klöstern dieser Welt ihr tägliches Beten und Arbeiten beenden; außerdem ist hier eine Begräbnismesse zu hören, wie sie für verstorbene Ordensbrüder gesungen wird. Nicht mehr. Und nicht weniger. Aber das ist bereits sensationell genug in einer Zeit, die kaum noch Raum für die Entfaltung von inspiriert langatmige Gesängen zu bieten scheint. Wer diese A-cappella-Einstimmigkeit – und vor allem jene Atmosphäre, in der sie zur Entfaltung gelangt – auch live genießen möchte, findet Informationen auf www.stift-heiligenkreuz.org. Weitere österreichische Klöster mit kulturellen Highlights für Tagesreisende oder mit Wellness-Angeboten für (K-)Urlauber sind zu finden auf www.kloesterreich.at. wd@saw

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