Reiseführer Nordzypern
Famagusta
„Zwillingskirchen“ der Templer und Johanniter
Es gab große Rivalitäten und wenig brüderliche
Liebe zwischen den Militärorden in „Outre-mer“ (den Kreuzfahrerstaaten)
wie auch in Zypern. Beide hatten ihre Hauptquartiere nach dem endgültigen
Zusammenbruch der christlichen Baronien (Akkon, 1291) auf die Insel verlegt,
wo sie schon über beträchtlichen Haus- und Grundbesitz verfügten.
Verstrickt in das interne zyprische Machtgerangel pro- und antimonarchischer
Gruppierungen, vernachlässigten die Orden jahrelang ihre ureigenen
Aufgaben. Eine Entwicklung, wie sie unterschiedlicher nicht sein kann,
zeichnete sich in den Jahren 1306/07 ab. Während der eine Militärorden
(die Johanniter) aus seinem zyprischen Exil heraus den Aufstieg zu einer
praktisch selbständigen Mittelmacht betrieb und sich mit dem Segen
des Papstes auf Rhodos und einigen anderen Dodekanesinseln festsetzte,
ging es bei den Templern nur noch ums nackte Überleben. Man bezichtigte
sie der Häresie, behauptete gar, sie seien Anhänger eines östlichen
Geheimkults. Der berüchtigte Pariser Prozess von 1309 bestätigte
alle Anschuldigungen, löste den Orden auf und ließ Templer
reihenweise hinrichten.
Der Orden ist heute rehabilitiert. Man weiß, dass die Anklage auf
böswilligen Erfindungen seiner Feinde basierte.
Die Auswirkungen der Hatz auf die Templer waren auch in Zypern fatal.
76 Ordensmitglieder, darunter 38 Ritter, wurden zu Pfingsten 1308 festgenommen
und vor Gericht gestellt. Ihr Besitz fiel, wie überall dort, wo Templer
ansässig waren, an den Johanniter-Orden, wenngleich im zyprischen
Fall (und sicher auch an vielen anderen Orten) behauptet werden kann,
dass manches davon „an den Fingern christlicher Monarchen kleben
blieb“.
Innenraum der Templer-Kirche (links), Johanniter-Kirche (rechts)
Nicht mehr als 3,10 m, so ergab die penible Messung eines Kenners der Altertümer Famagustas, betrage der Abstand zwischen den Kirchen der beiden Orden. Die nördliche (das ist die größere mit dem kleinen Glockenturm) war die dem hl. Antonius geweihte Kirche der Templer vom Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts. Sie ist ein einschiffiger Bau mit Apsis, die eine Halbkugel überdeckt. Die Rippen seiner drei Kreuzgewölbe ruhen auf zierlichen pyramidenförmigen Konsolen. Viel Licht dringt durch die schmalen Fenster und das große Rundfenster in den Innenraum, der heute völlig leer ist. An der Außenfront, unter dem runden Fenster, erkennt man Auskragungen, die wohl eine kleine Galerie getragen haben, welche mit ihren Bögen nach vorne eine Vorhalle bildete. Von der Südseite führt eine Steintreppe zum Dach mit dem kleinen Glockenturm aus dem 16. Jahrhundert.
Wappengeschmücktes Portal der Johanniterkirche
Die deutlich kleinere, aber höhere Kirche der Johanniter entstand einige Jahrzehnte später. Auf den ersten Blick ähnelt
sie eher einem Turm. An ihr liegen keine die Seiten unterstützenden
Strebepfeiler an. Sie besteht aus einem Schiff, überdeckt von einem
Kreuzgewölbe, und einer recht großen halbkreisförmigen
Apsis. Licht dringt durch die lanzettförmigen Fenster über den
drei Portalen in das Innere. Das Hauptportal an der Westseite zeigt leicht
spitz zulaufende Archivolten und über dem Eingang einen Wappenfries.
An den Fassaden beider Kirchen sind hoch oben an den Ecken Halterungen
für die Stöcke der Ordensfahnen zu erkennen.
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