Reiseführer Nordzypern
Famagusta
Lala Mustafa Pascha-Moschee
Die ehemalige Kathedrale St. Nikolaus, heute Hauptmoschee der Muslime Famagustas, zählt neben der Abtei Bellapais und der Kathedrale St. Sophia (Selimiye-Moschee) in Nicosia zu den herausragenden Bauwerken gotischer Architektur in Zypern. Seit 1954 trägt sie den Namen des osmanischen Eroberers Lala Mustafa Pascha.
Geschichte
Schon bald nach dem blutigen Finale in der osmanisch-venezianischen Auseinandersetzung um die Vorherrschaft auf Zypern (1571) begann die Umwandlung des christlichen Gotteshauses in einen Versammlungsort der Muslime. Gemäß der islamischen Tradition waren alle figürlichen Darstellungen zu entfernen, seien es Skulpturen, Abbildungen auf Fresken oder in der Glasmalerei. Auch die Einrichtung wurde fortgeschafft, Teppiche bedeckten jetzt den Boden. Wände und Säulen erhielten einen kalkweißen Anstrich, Mihrab (Gebetsnische) und Mimber, die Predigerkanzel für das Freitagsgebet, wurden eingebaut. Ein kurzes Minarett krönt seit jener Zeit den nördlichen Turm und ein Reinigungsbrunnen (sadirvan) fand Platz in den Resten eines venezianischen Gebäudes auf der Südseite des Vorhofs.
Ungeachtet aller Veränderungen blieb das Bauwerk doch unverkennbar
ein Spross reinster französischer Gotik. Allein die grandiose Westfassade
macht die Verwandtschaft mit der Kathedrale von Reims besonders deutlich.
Es war das Zeitalter großartiger Kirchen- und Kathedralenbauten,
als 1298 der Grundstein gelegt wurde, zeitgleich mit der Kathedrale von
Palma de Mallorca und dem Dom von Florenz. 1326, nach 28jähriger
Bauzeit, war das Werk vollbracht. Auch die Kathedrale St. Sophia in Nicosia
wurde in diesem Jahr eingeweiht. Wurden dort die Lusignanherrscher zu
Königen von Zypern gekrönt, setzte man ihnen in der Nikolaus-Kathedrale
zu Famagusta in einer nur noch symbolischen Zeremonie die Krone als Könige
des längst an die „Ungläubigen“ verlorenen Jerusalems
aufs Haupt. Während der Krönung von Pierre II. (1372) kam es
zu dem berüchtigten Zwischenfall, der Genuas Machtergreifung nach
sich zog und den Anfang vom Ende der Glanzzeit Famagustas markiert.
Auch die unglückliche Caterina Cornaro stand in enger Verbindung
zur Nikolaus-Kathedrale. Die letzte zyprische Königin heiratete hier
Jacques II. de Lusignan und siebzehn Jahre später (1489) unterzeichnete
sie am gleichen Ort in einem bewegenden Akt die Abdankungsurkunde, verließ
für immer Zypern und machte den Weg endgültig frei für
die Herrschaft Venedigs.
Das Bauwerk
Prunkstück der Kathedrale ist ohne Zweifel seine
Westseite, eine eindrucksvoll gestaltete Zweiturm-Fassade (ein unerreichtes
Beispiel für eine Einturm-Fassade zeigt das Freiburger Münster,
das etwa zur gleichen Zeit entstand). Entgegen einer weit verbreiteten
Meinung waren die beiden Türme im Originalzustand nicht höher
als jetzt. Lediglich einige Bauornamente (Fialen) und giebelartige Überbauungen
(Wimperge) am oberen Abschluss der Türme wurden zerstört oder
beschädigt.
Flankiert von den beiden schlanken polygonalen Treppentürmen, darin
Wendeltreppen hinaufführen, über die man die vorgelagerte Galerie
unterhalb der prächtigen Fensterrose erreichte, liegt das Hauptportal
mit den beiden Seitenportalen. Üppige Archivolten umspannen die Portale,
gekrönt von Wimpergen, die auf ihren Kanten sog. „Krabben“
oder Kriechblumen tragen, welche versteinerten Wellen ähneln. Maßwerk,
die für gotische Bauwerke so charakteristischen geometrisch-ornamentalen
Unterteilungen von Fenstern und Arkadenbögen, ist in immer neuen
Formen über die gesamte Fassade verteilt. Am eindrucksvollsten: die
große Fensterrose über dem Hauptportal. Sie wird von zwei seitlichen
Dreipässen (einem häufig verwendeten Maßwerkelement) flankiert
und von drei schön geschwungenen Doppelarkaden getragen. In den Turmfassaden
erkennt man die schlanken hochreichenden „Blendfenster“, Scheinfenster
mit aufgelegten Maßwerkmotiven. Vor der Fensterfront liegt die zu
besonderen Festlichkeiten von der Königsfamilie und den Kirchenoberen
genutzte Galerie.
Mihrab (Gebetsnische) und Minbar (Predigerkanzel)
Das dreischiffige Innere der früheren Kathedrale ist lichtdurchflutet. Starke Säulen stemmen den Bau. Er wirkt gedrungen, nicht höhenbetont. Dieser Eindruck bestätigt sich bei einem Gang um das Bauwerk. Besonders ins Auge fallen dabei die starken Strebepfeiler mit Strebebögen, die sich Stabilität verleihend an die Längsseiten lehnen, eine in Zypern verbreitete Bauweise angesichts häufiger Erdbeben. Wie sinnvoll diese Sicherung ist, zeigt der gute Erhaltungszustand des Ostabschlusses der Kathedrale, namentlich des Chors und der Apsis des südlichen Seitenschiffs.
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