Nordportugal - Weinbau und der Portwein

Text und Fotos: Beate Schümann

Gott war über alle Maßen großzügig, als er Portugal schuf. Er bedachte das Land nicht nur mit einem ausgezeichneten Klima, sondern auch mit fruchtbaren Böden. Die Menschen dankten es ihm mit der Herstellung eines köstlichen Weines.

Unbekümmert, als wüßten sie nicht, daß sie sich am geheiligten Ort aller Portweinkenner befinden, baumeln vor den Balkonen die Wäschestücke in der leichten Brise, die vom Atlantik in die Douro-Mündung hereinweht. Blumentöpfe mit roten Geranien reihen sich hinter schmiedeeisernen Balkonen in Portos Altstadt.
An vielen der hübschen Fassaden brökelt die Farbe ab; zu lange wetzt schon das Salz von der nahen See an ihnen seine Klingen. Terrassenartig klettern die altersschiefen Etagenhäuser der Ribeira vom Hafenkai zur über allem herrschenden Kathedrale hinauf.

Nachdem sich der Bus durch zähe Autokarawanen ins historische Zentrum geschoben hat, zeigt sich Porto, die Portweinzentrale und Portugals zweitgrößte Stadt, von seiner besten Seite. Beim Schlendern durch das labyrinthische Gassegewirr sind in einem der vielen Straßencafés die Hektik der quirligen Wirtschaftsmetropole schnell vergessen.

Seit Ende 1996 ist die Ribeira in den Listen des UNESCO-Weltkulturerbes zu finden. Das dürfte sie vorerst vor dem Verfall gerettet haben. Porto ist schließlich nicht Wein allein, obwohl die meisten Gäste in erster Linie seinetwegen hierher kommen. Niemand gelangt in das Weinland, ohne Porto gesehen zu haben.

Weiter unten am Fluß, wo vor 500 Jahren die Karavellen der alten Seemacht zur Weltentdeckung ablegten, sind ausgediente Weinschiffe werbewirksam vertäut und spannt die vom Pariser Ingenieurbüro Eiffel entworfene Eisenbrücke Dom Luís I. ihren Bogen kühn zur anderen Uferseite nach Vila Nova de Gaia. Mit sicherem Gefühl für das Schöne betätigen alle Kamerabesitzer gleich mehrmals den Auslöser.

Ausgediente Weinschiffe und die Eisenbrücke Dom Luís I.

Eigentlich ist nicht Porto sondern Vila Nova de Gaia die Portweinzentrale. Die Schwesterstadt ist mit Porto zusammengewachsen und wird von ihr nur noch durch den Douro getrennt. Diesseits der Flußseite leben die Kaufleute, jenseits lagert das weltberühmte, hochprozentige Kapital der Sandemans, Calems, Grahams, Niepoorts und Co.: Portwein allererster Qualität.

Ein Kellereibesuch auf der Portweinmeile ist ein Muß. Umgeben von Spinnweben und modrigem Geruch bewahrt der Hersteller Graham’s etwa rund 7 Millionen Liter Wein in mannshohen Eichenfässern auf. Jeder Portweinliebhaber wird nervös, wenn er am Schluß des Rundganges zum Heiligtum gelangt, wo der Vintage hinter verschlossenen Türen reift. Für diesen Port aus einem deklarierten Superjahrgang, der nach zwei Jahren Faßreife mindestens zehn, manchmal bis zu vierzig Jahren in der Flasche reifte, darf man mit hohen bis sehr hohen Preisen rechnen, je nach Jahrgang.

Den Trauben auf der Spur, beginnt wenige Kilometer östlich von Porto das Rebgartenland, eine Entfernung, mit der man auch unverzeihliche Bausünden, wilde Autofriedhöfe und Schutthalden im Großraum Porto hinter sich läßt. Das Douro-Gebiet als Portweinregion wurde 1756 als weltweit erste offiziell abgegrenzt, die Produktion gesetzlich kontrolliert.
Wildzerklüftete Gebirgszüge schützen den gut 100 km langen Landstrich mit seinen Rebenhängen vor dem rauhen Atlantikwind der Küste. Für Trauben ein Paradies: Die Sonne sorgt für den hohen Zuckergehalt, der Schiefer konserviert die Wärme im Boden.

Portweinregion Douro-Gebiet

Grün ist hier beinah alles, die Berg-, Tal- und Flußlandschaft. An den steilen Hängen reifen die weißen und roten Reben, die den Saft für die Weine und die großen Ports liefern. Zeitweise blitzen mitten im Traubenwald weiße oder rosafarbene Quintas auf, herrschaftliche Weingüter, in denen der Wein die ersten Phasen seines Werdens durchläuft: Man befindet sich in der Heimat der Grundbesitzer und Saisonarbeiter. 

Wie eh und je kommen Tagelöhner zur Weinlese her, um Arbeit zu suchen. Bereits im April beginnen die Weinstöcke auszutreiben. Im Herbst kann man die Männer und Frauen in den Reihen stehen sehen, die die Reben mit dem Messer schneiden und in die 70 Kilo fassenden Körbe auf ihren Rücken werfen.

Portugal steht mit einer Anbaufläche von 356 000 Hektar und einer Jahresproduktion von durchschnittlich neun Millionen Hektolitern in der Weltrangliste der Weinproduzenten weit oben. Insgesamt gibt es 41 anerkannte Weinregionen, die auf den Etiketten mit dem Herkunftszertifikat Denominação de Origem Controlada, D.O.C. abgekürzt, ausgewiesen werden - die mesiten befinden sich im Norden. Der Portwein, ein Verschnitt von Wein und Weinbrand, stammt ausschließlich aus dem Douro-Gebiet. Ende 1996 wurde die ganze nördliche Weinregion zu einem touristischen Erholungsgebiet gemacht. Unter dem Namen Rota do Vinho do Porto haben sich Besitzer von Weinbergen, Kellereien und Landsitzen zusammengetan, um den Besuchern die Erkundung des Reblandes zu erleichtern. Ein Jahr später folgte die Rota do Vinho Verde. Das gleiche System, nur diesmal für den "Grünen Wein". Man kann an der Weinlese teilnehmen, bei Akkordeon-Klängen die Trauben mit nackten Zehen zerstampfen und sich nach getaner Arbeit auf fürstliche Laken betten, aber auch einfach nur Weine verkosten und kaufen.

Weinprobe

Zu den Reben führen viele Wege. Für die Erkundung des Weinlandes eignet sich daher der Wagen am besten. Empfehlenswert ist eine kombinierte Zug- und Schiffstour. Die Dourotal-Bahn führt durch aufregende Landschaftsbilder von Porto bis zur spanischen Grenze immer am Fluß entlang. In Pinhão, im Herzen des Reblandes, steigt man aus und wechselt zum Motorschiff, das auf dem windungsreichen Douro verkehrt. Durch dramatische Steilufer und romantische Täler schippert man wieder zurück nach Porto. Bei der Wahl der Strecke sollte eine der fünf Schleusen dabeisein, z.B. der Eclusa do Carrapatelo. 70 Flußkilometer von Porto entfernt, zwischen engen, wassertriefenden Betonwänden muß das Schiff eine Fallhöhe von 35 Meter überwinden, die tiefste Kammerschleuse Europas.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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