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Ein Romantiker war auch schon hier
Die Hansestadt Greifswald 

Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther 

Was haben Lübeck, Lüneburg, Wismar, Stralsund und Greifswald gemeinsam? Es sind nicht nur Städte des mittelalterlichen Hansebundes, sondern auch „Leuchttürme“ der Backsteingotik. Insbesondere die Kirchenbauten dieser Städte, ob St. Marien in Lübeck, St. Georgen in Wismar und St. Nikolai in Greifswald sind Meilensteine der sakralen Baukunst. Doch mit Greifswald ist auch der Name des wohl bekanntesten Malers der deutschen Romantik verbunden. Der Maler Caspar David Friedrich wurde nämlich in der Greifswalder Lange Straße 57 geboren.

Greifswald - Haus in der Brüggestraße
Haus in der Brüggestraße

Widmen wir uns zunächst dem neben Carus und Dahl wohl bekanntesten Vertreter der Romantik. Wer allerdings glaubt, im hiesigen Pommerschen Landesmuseum seien die Hauptwerke Friedrichs zu sehen, der wird eine Enttäuschung erleben. Für „Schiffe im Hafen von Greifswald“ muss man die Alte Nationalgalerie in Berlin besuchen, für eine weitere marine Ansicht, „Lebensstufen“ genannt, ist Leipzig und das Museum der Bildenden Künste der Ort, an dem man Friedrichs Motiv bewundern kann.

Der bekannteste Sohn der Stadt

Das Geburtshaus des Malers ist bei einem Brand im Jahr 1901 vollständig zerstört worden. Eine Gedenktafel am Haus erinnert heute an den Maler, der nicht nur ein hervorragender Zeichner war, wie zum Beispiel eine Bleistiftzeichnung der Jacobikirche unterstreicht, sondern bezüglich der Stadt Greifswald auch wegen seiner Hafenansichten mit dort ankernden Schiffen von sich Reden machte. Auf einem Rundgang, beginnend in der Lange Straße und weiter durch die Turmgasse zum Greifswalder Dom, der Taufkirche Friedrichs, führt der Weg zum Universitätsplatz, von wo aus Friedrich die Jacobikirche im Bild festhielt. Entlang der Stadtumwallung – beginnend am ehemaligen Fettentor – und an der Ryck längs kann man weitere Stationen der Karriere des Romantikers Caspar David Friedrich entdecken. Wer sich noch intensiver mit Caspar David Friedrich befassen möchte, kann dies beim Besuch des ehemaligen Werkstadtgebäudes der Seifensiederfamilie Friedrich am Nikolaikirchplatz tun. Dort erfährt man im Caspar-David-Friedrich-Zentrum (1) allerlei Wissenswertes zum Leben und Werk des Künstlers. Ein anderer Ort, den man wegen Caspar David Friedrich unbedingt besuchen sollte, ist das Pommersche Landesmuseum (2). Es ist im Ensemble des Grauen Klosters und des Stadtschulbaus ganz im Osten Greifswalds zu finden. Neben einer interessanten Sammlung von Zeichnungen ist dort auch Friedrichs Gemälde „Ruine im Riesengebirge“ zu sehen. Darüber hinaus beherbergt das Museum auch einige Arbeiten von Philipp Otto Runge und Carl Gustav Carus, auch die bekannte Vertreter der deutschen Romantik.

Befestigt war die Stadt

Dass Greifswald, das im 13. Jahrhundert Stadtrechte erhielt, einst von einer Mauer und einer Wallanlage umgeben war, ist bis heute im Stadtbild sichtbar. Hingegen sind das mittelalterliche bastionäre System und die Stadttore längst verschwunden. Nur noch in den Namen wie Mühlentor lebt die Zeit fort, als Stadtluft frei machte.

Greifswald - Freskenmalerei in der Marienkirche
Freskenmalerei in der Marienkirche

Wer sich vom Bahnhof aus der Stadt nähert, der betritt den alten Wall, wenn er an der Universität vorbei das Herz der Stadt mit dem Rathaus und dem Marktplatz aufsucht. Dabei sind die Türme der drei gewaltigen backsteinernen Kirchen von Greifswald stets im Blick: St. Jacobi, St. Nikolai und Marien. Hingegen sind die einst in Greifswald vorhandenen Klöster im Stadtbild weniger auffällig, da sie nach der Reformation und den Napoleonischen Kriegen anderen Nutzungen zugeführt wurden.

Die Hanse ist längst Vergangenheit

Greifswald - Fangenturm
Fangenturm

Auch von der Hansezeit ist wenig zu spüren, also von einer Zeit, als Greifswalder Kaufleute mit ihren Schiffen über die Ostsee segelten. Dank des dänischen Königs konnten Greifswalder Kaufleute in Schonen einen nordeuropäischen Hauptumschlagsplatz für Heringe und andere Waren begründen. Die Ryck, der Fluss im Norden der Greifswalder Altstadt erwies sich im Laufe der Jahrhunderte wegen zunehmender Versandung und geringer Tiefe als ungeeignet, um weiterhin Handel mit Seeschiffen zu betreiben. Heute wird die Ryck unweit des Fangenturms (3) – einst Teil der Stadtbefestigung – als Museumshafen genutzt. So macht hier hin und wieder der 1919 gebaute Gaffelschoner „Nordwind“ fest. Auch das Reusenboot „Neptun“ hat hier seinen Liegeplatz. Zu sehen ist außerdem der wendige Frachtsegler „Hoffnung“. Derartige Boote wurden bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts im nahen Stralsund gebaut. Außerdem findet man eine kleine Marina an der Ryck. Lediglich eine Bootswerft, die sich auf Umbau und Reparatur von Booten spezialisiert hat, existiert noch in der Stadt. Übrigens diente der Fangenturm bis 1815 als Sternwarte. Heute jedoch beheimatet er den Museumshafen-Verein.

Im Schachbrettmuster ausgelegt

Greiswald - historischer Marktplatz
Der historische Marktplatz von Greifswald

Wer sich nicht so sehr für das „maritime Greifswald“ interessiert, der begebe sich schnurstracks zum Marktplatz, zumal wenn Greifswald Ziel eines Tagesausflugs ist. Auf dem Weg zum rechteckigen Marktplatz wird man unschwer das Schachbrettmuster der Stadtanlage erkennen. Zentrum des Schachbretts ist der Markt. Eine derartige Anlage der Stadt war im Mittelalter gang und gäbe. Dass diese Anlage bis heute unbeschadet die jüngere Geschichte überdauert hat, ist der Tatsache geschuldet, dass die Stadt am Ende des Zweiten Weltkriegs kampflos an die vorrückende Rote Armee übergeben wurde. An dieses Ereignis erinnert die Bronzetür des Rathauses, das urkundlich Mitte des 14. Jahrhunderts als Kophus (Kaufhaus) erwähnt wurde.

Das ehemalige Kaufhaus und der Markt

Greifswald - Rathaus
Rathaus

Dass auch das lang gestreckte Rathaus (4), entstanden im 18. Jahrhundert, ein Backsteinbau ist, wird dadurch verschleiert, dass man auf die Backsteinmauern rot gefärbten Putz aufgetragen hat. Aufgrund eines Stadtbrandes stammen nur noch die historischen Kellergewölbe des Rathauses von dem im 18. Jahrhundert zerstörten Vorgängerbau. Die barocke Überformung des Baus erkennt man unter anderem beim Besuch des kleinen Ratssitzungszimmers mit seiner barocken Stuckdecke und bemalten Wandbespannungen. Beeindruckend ist auch die Fassadengestaltung des Wohnspeichers Markt 11, gegenüber dem Rathausbau. Dieser Bau gilt als eines der schönsten gotischen Giebelhäuser Norddeutschlands. Einen Blick wert ist auch das Haus Markt 13, in dem bis in die 1930er Jahre hinein ein jüdischer Betsaal seinen Platz hatte.

Greifswald - Gotik in ihrer Vollendung - ein Bürgerhaus am Markt
Gotik in ihrer Vollendung - ein Bürgerhaus am Markt

Eine gotische Hallenkirche: die Marienkirche

Vom Marktplatz aus besuchen wir die ein wenig gedrungen wirkende Marienkirche (5), deren Turm ins Kirchenschiff eingezogen wurde. Seit der Reformation ist sie wie auch die anderen Sakralbauten Greifswalds eine evangelisch-protestantische Kirche. In der Ostwand der Kirche stecken noch Kanonenkugeln, die zeigen, wie unfriedlich die Zeiten einst waren. Die monumentale Hallenkirche besitzt sehenswerte mittelalterliche Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert, darunter auch eine Kreuzigungsszene. Die Kanzel ist verziert mit den Bildnissen der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon sowie des pommerschen Kirchenreformers Johannes Bugenhagen. Die Strandung eines Wales in Wiek im Jahr 1564 wurde als besonderes Ereignis bildlich auf der nordwestlichen Turmwand festgehalten.

Greifswald - Marienkirche
Marienkirche

Dem Patron des Handels, der Seefahrt und der Fischerei geweiht

Nicht zu übersehen ist neben der Marienkirche der Dom von Greifswald, die Nikolaikirche (6), mit einem hoch in den Himmel ragenden Turm, der einstmals eine Höhe von 120 (!) Metern erreichte, ehe er zweimal einstürzte und mit niedrigerem Höhenmaß wieder errichtet wurde. Der Dom ist im Gegensatz zur Marienkirche keine Hallenkirche, sondern besitzt einen basilikalen Grundriss. Dabei überragt das Mittelschiff die beiden Seitenschiffe. Die Neugestaltung des Innenraums vor mehr als drei Jahrzehnten hat im Kern das neogotische Gesamtbild wieder hergestellt. Außerdem finden sich zahlreiche „Schwedenspuren“ im Dom, schaut man sich im Kircheninneren um. Man beachte die beiden barocken Begräbniskapellen, die im lutherischen Schwedisch-Pommern als Beichtkammern benutzt wurden. Im südlichen Seitenschiff stößt man auf die zum schwedisch-pommerschen Hofgericht umgebaute Kapelle. Zu finden sind außerdem Epitaphe, so wie das des Ratsherrn Herman Wolfradt. Es handelt sich dabei um ein Gemälde, das einst Teil eines mehrgeschossigen und im 19. Jahrhundert beseitigten Hochaltars war. Auch die weitverzweigte Patrizierfamilie Corswant nutzte den Dom, und zwar als letzte Ruhestätte. Neben sieben Grabplatten findet man im Dom auch zwei Grabkapellen dieser Familie einflussreicher Juristen Greifswalds. In einem der Kirchenfenster wurden Luther, Melanchthon und Bugenhagen ebenso verewigt wie Herzog Philipp der Erste. Reich ausgestaltet ist die Bockholtsche Kapelle, eine der bereits zuvor erwähnten Beichtkammern. Zu sehen ist unter anderem die bildliche Darstellung von Moses, der ein brennendes Herz opfert.

Greifswald - der Dom St. Nikolai
Blick auf den Dom St. Nikolai

Die Universität, gefördert von schwedischen Monarchen

An die Zeit der schwedischen Herrschaft über Pommern erinnern nicht nur die genannten Details in der Nikolaikirche, sondern auch die im 15. Jahrhundert gegründete Universität, die Ernst-Moritz-Arndt-Universität. Sie war die älteste Universität des schwedischen Königreiches und wurde durch die schwedische Krone besonders gefördert. Dazu gehörte auch das im 18. Jahrhundert erbaute lang gestreckte Hauptgebäude der Universität. Die heutige Aula, einst Bibliothek, ist weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben. Auf dem Platz vor der Universität, gestaltet als kleine Gartenanlage, steht das neogotische Rubenow-Denkmal. Es stammt im Entwurf von einem Schüler Schinkels, August Stüler, und wurde zu Ehren des Bürgermeisters und Universitätsgründers Heinrich Rubenow errichtet. Es zeigt neun Persönlichkeiten, die sich neben Rubenow Verdienste um die Universität erworben haben. Dazu zählen unter anderem Ernst-Moritz Arndt und der Schwedenkönig Friedrich der Erste. Caspar David Friedrich – darauf verweist eine Infotafel an der Grünanlage – erhielt seinen ersten Zeichenunterricht übrigens von dem Universitätszeichenmeister Johann Gottfried Quistorp. Bei ihm erlernte er das Zeichen nach Vorlagen, nach der Natur und Modellen. Zu sehen ist auf der Infotafel eine Armstudie, die im Original im Pommerschen Landesmuseum aufbewahrt wird und die Friedrich um 1790-94 gezeichnet hatte.

Greifswald - Universitätshauptgebäude
Universitätshauptgebäude

Teil der Europäischen Route der Backsteingotik

Zu guter Letzt besuchen wir noch die Jacobikirche (7), die ebenso wie die Nikolai- und die Marienkirche zur Route der Backsteingotik gehören. St. Jacobi ist die kleinste der Stadtkirchen Greifswalds und wurde bereits im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt. Aus einer einst zweischiffigen Hallenkirche wurde durch Umbau eine dreischiffige Halle mit polygonem Chor. Die ursprüngliche Kirchenausstattung ging allerdings im 19. Jahrhundert verloren. Längs der eingeschossigen Bebauung mit Buden an der Domstraße und unter der Überbauung der Stadtmauer hindurch verlassen wir die Altstadt Greifswalds. Auf dem Wall begeben wir uns dann zurück zum Ausgangspunkt unseres Tagesausflugs und sehen dabei erneut, dass der Wall längst ein schattiger Grünzug geworden ist und der Wallgraben teilweise in einen Kinderspielplatz umgestaltet wurde.

Greifswald - Kirche St. Jacobi
St. Jacobi

Reiseinformationen zu Greifswald 

Greifswald
www.greifswald.de
www.greifswald-tourismus.de

Caspar-David-Friedrich-Zentrum
www.caspar-david-friedrich-gesellschaft.de

Dom St. Nikolai
www.dom-greifswald.de

Marienkirche
www.kirche-mv.de

St. Jacobi-Kirche
www.kirchenkreis-greifswald.de

Pommersches Landesmuseum
www.pommersches-landesmuseum.de

Museumshafen e.V.
www.museumshafen-greifswald.de

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