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Reiseführer Madrid

Edificio Metropolis + Círculo de Bellas Artes (Madrider Kunstverein)

Beide Bauwerke sind aus dem Madrider Stadtbild nicht wegzudenken und markieren den Zusammenfluss zwei der wichtigsten Straßen im Zentrum, der Gran Vía und der Calle de Alcalá. Sie sind allerdings auch Zeugen und indirektes Ergebnis der turbulenten spanischen Geschichte um 1900, die eine Zeit des Umbruchs war. In Madrid manifestierte sich dies in einer beispiellosen Bevölkerungsexplosion und in der kompletten Umgestaltung und Erweiterung der ganzen Stadt, die in der Anlage neuer Stadtviertel und der Gran Vía als Ost-West-Achse ihren Höhepunkt fand. Von dieser ökonomischen Dynamik in Form neuer Industrieunternehmen und riesiger Bauprojekte zeugt nicht zuletzt die Gründung von Großbanken, die sich mit monumentalen Firmensitzen genau hier, in der Calle de Alcalá, steinerne Denkmäler setzten.

Praktische Tipps: Edificio Metropolis/ Círculo de Bellas Artes
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  • Círculo de Bellas Artes (Madrider Kunstverein)

Marqués de Casa Riera 2, Tel.: 91 360 54 00, Montag bis Samstag 11.00-14.00 und 17.00-21.00, Sonntag 11.00-14.00, Metro: Sevilla.

Imposanter Schauplatz zumeist mehrerer parallel verlaufender Ausstellungen und anderer Veranstaltungen. Ein Kino sowie ein gut sortierter Kunstbuchladen vervollständigen das umfangreiche Kulturangebot. Auch das beeindruckende Café kann gegen 1 Euro Eintritt besucht werden.


  • Lounge Bar Hotel de las Letras

Gran Vía 11, Tel.: 91 523 79 80, Sonntag bis Mittwoch 19.00 – 01.00, Donnerstag bis Samstag bis in den frühen Morgen.

Erste Adresse für einen Cocktail in ruhiger Atmosphäre, in einer der luxuriösesten Hotelbars der Madrider Innenstadt.


  • Museo Chicote

Gran Vía 12, Tel.: 91 532 67 37, täglich 17.00-03.00, Sonntag geschlossen, Metro: Gran Vía.

Klassiker unter den Cocktailbars der Hauptstadt, das bis in die fünfziger Jahre zurückgeht. Schick-konservatives Publikum, aber kein Dresscode.

 

Auch in politischer Hinsicht blieb in der Zeit um 1900 nichts beim Alten. Im Jahr 1868 waren die seit knapp 200 Jahren herrschenden Bourbonen zum ersten Mal vom Thron gestürzt worden, kehrten jedoch sechs Jahre später wieder an die Macht zurück. Diese „Restauration“ brachte dem Land aber nur eine kurze Ruhepause, denn mit dem Aufkommen der sozialistischen Arbeiterbewegung erhielten zugleich die republikanischen Tendenzen immer neuen Auftrieb. Die Existenzgrundlage der Monarchie wurde mehr und mehr angezweifelt. Der für Spanien katastrophale Kolonialkrieg gegen die USA im Jahr 1898 stürzte das Land schließlich endgültig in eine tiefe Krise: mit Kuba und den Philippinen gingen die letzten Kolonien verloren. Mit diesem Verlust des alt ehrwürdigen Kolonialreichs wurde schlagartig klar, dass das Land für immer seine alte Herrlichkeit und Macht eingebüßt hatte. Eine ganze Generation von Intellektuellen, Künstlern, aber auch Politikern nahm dieses tragische Jahr zum Anlass, um über die Zukunft Spaniens nachzudenken und das rückständige Land zu reformieren. Sie alle gingen unter dem Namen „Generation von 1898“ in die spanische Kulturgeschichte ein.

Diese Turbulenzen konnten natürlich auch auf dem Gebiet der Architektur nicht folgenlos bleiben. Speziell in den Jahren zwischen 1880 und 1920 war eine Pendelbewegung der spanischen Architekten zwischen drei verschiedenen Polen zu beobachten. Traditionsverhafteten Baustilen wie dem Neoklassizismus und der Neogotik stand eine Stilrichtung gegenüber, die sich bereits beim Bau der spanischen Kreditbank gezeigt hatte: der Eklektizismus, unterschiedliche Stile kombinierend und einen noch zaghaften Aufbruch zu neuen Ufern symbolisierend.

Edificio Metropolis

Dieser zaghafte stilistische Aufbruch manifestiert sich in dem emblematischen Eckhaus namens „Edificio Metropolis“, das den Auftakt der ehemals mondänen Gran Vía markiert. Zwischen 1905 und 1910 durch die Franzosen Jules und Reymond Ferrier sowie den Spanier Luis Esteve erbaut, wird es durch seine strategisch geschickte Lage am Anfangspunkt der Gran Vía sowie auf einer kleinen Anhöhe zu einem der Wahrzeichen Madrids. Bereits von weitem sind der Turm und seine Kuppel zu erkennen. Die Fertigstellung des für die Versicherung „El Ave y el Fénix“ errichteten Gebäudes fiel fast mit dem Baubeginn für die Gran Vía zusammen – sehr symbolträchtig.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei vor allem der Turm und seine drei Sektoren, in die er unterteilt ist und die nach oben hin immer komplexer werden. Die klassizistische Schlichtheit des Erdgeschosses wird im Bauteil darüber durch eine Art Rotunde mit in Paaren angeordneten korinthischen Säulen aufgelockert. Diese über zwei Etagen gezogenen Säulen stützen einen balkonartigen und reich dekorierten Aufsatz. Die Schieferkuppel wiederum wird von der Siegesgöttin Victoria gekrönt, die den Phoenix – Symbol der eben erwähnten Versicherungsgesellschaft – in der Hand hält.

Das schräg hinter dem Edificio Metropolis gelegene Gebäude ist erkennbar ähnlichen architektonischen Charakters. Es wurde im Jahre 1916 als Wohn- und Bürokomplex konstruiert. Zusammen mit dem Edificio Metropolis bildet es ein schönes Gebäudepaar und öffnet den Blick auf die nachfolgende Gran Vía.

Das Kasino von Madrid

Gleich um die Ecke des Edificio Metrópolis sehen wir, noch in der calle de Alcalá gelegen, das Kasino von Madrid. Es wurde im gleichen Jahr (1910) wie jenes andere Bauwerk und vom gleichen Architekten, Luis Esteve, fertig gestellt. Auch hier lohnt sich ein kurzer Blick auf die Fassade, denn man erkennt wiederum ein wildes Spiel mit allen nur denkbaren Stilrichtungen und Bauelementen: klassisch anmutende, korinthische Säulen und Rundbögen werden von überbordenden Reliefs und Außendekorationen nahezu erdrückt. Man spielt also mit dem Klassizismus, lässt ihn aber gleichzeitig wieder zurücktreten. Der Eintritt ins Kasino ist jedoch nur zahlenden Mitgliedern vorbehalten – keine Chance für Freizeitzocker.


Madrider Kunstverein (Círculo de Bellas Artes)

Madrid, Círculo des Bellas Artes

Der oben erwähnte künstlerisch-architektonische Wettstreit der oben erwähnten Baustile wurde um 1900 durch den Siegeszug der künstlerischen Avantgarde – auch in der Architektur – überlagert, welcher alle zuvor durchexerzierten Kunststile in Frage stellte. Dabei ist zum einen der von Mitteleuropa ausgehende Jugendstil zu nennen, mit seinen wellenförmigen, schwingenden Linien, die oft Pflanzenformen imitierten. Auf den Jugendstil folgte um 1920 die architektonische Bewegung des Art Deco, der seinen geschwungenen, assymetrischen Vorläufern einfache, massive Formen entgegensetzte. Ohne starre Regeln für die Architekten zu formulieren, wendete man sich doch wieder klaren, klassizistischen Bauformen zu, kombinierte dies jedoch oft mit „exotischen“, dekorativen Elementen anderer Kulturkreise.

Der Sitz des 1880 gegründeten Madrider Kunstvereins, den wir hier gegenüber sehen, repräsentiert vor allem den zweiten der eben erwähnten modernen Baustile des 20. Jahrhunderts, den Art Deco-Stil. Das Gebäude wurde im Jahr 1926 errichtet, und zwar interessanterweise von Antonio Palacios, dem Architekten, der gerade ein Jahrzehnt zuvor den ganz in der Nähe gelegenen Palacio de Comunicaciones errichtet hatte. Dabei vollzog sich im Wirken dieses Architekten innerhalb eines Jahrzehnts eine radikale Kehrtwendung. Dominierten an eben erwähntem Bauwerk noch die neogotischen, an spanische Kathedralen der Spätgotik angelehnten Stilelemente, so ist der Sitz des Madrider Kunstvereins ganz anderen Charakters. Auch im Vergleich zum eben besprochenen Edificio Metropolis ist die Trendwende unverkennbar. Es ist endgültig Schluss mit neogotischem Pomp, aber auch mit verschnörkelten Ornamenten. Außendekoration setzt Palacios beim Madrider Kunstverein nur sparsam ein, wie man an dieser Fassade sehen kann. Durch das „Übereinanderstapeln“ völlig unterschiedlich gestalteter Etagen, die jedoch jede für sich sehr streng und klar gehalten sind, erzielt er einen ganz besonders modernen, fast kubistisch anmutenden Effekt.

Der Círculo de Bellas Artes, der spanische Name des Kunstvereins, ist heute aus dem kulturellen Leben der Hauptstadt nicht mehr wegzudenken. Neben mehreren Etagen, die Ausstellungen, Konferenzen, Performances und Konzerten gewidmet sind, verfügt er auch über ein eigenes Programmkino. Ein Besuch lohnt sich also nicht nur wegen der spektakulären Architektur.

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