Höhlendörfer, Bananenplantagen und Vulkankrater

Gran Canaria jenseits der Strände

Text und Fotos: Rainer Heubeck

Gran Canaria, die zu Spanien gehörende Ferieninsel westlich von Marokko, gilt seit Jahrzehnten als Sonnen-Eldorado für die Zeit des europäischen Winters. Doch die Insel des ewigen Frühlings hat weit mehr zu bieten als die beliebten Sandstrände bei San Augustin und Playa del Inglés. Gran Canaria natural – so lautet der Name eines Zusammenschlusses von rund fünfzig charmanten Landhäusern und -hotels, die sich vor allem an Individualurlauber richten, an Besucher, die daran interessiert sind, nicht nur die Strände, sondern auch das Inselinnere kennen zu lernen.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Abwechslungsreiche Insellandschaft: Panoramablick in der Nähe des Roque Nublo

Abwechslungsreiche Insellandschaft: Panoramablick in der Nähe des Roque Nublo

Reichtum durch Bananen und Zuckerrohr

Ausgerechnet Bananen – an dieses Lied erinnert ein Aufenthalt in der Hacienda del Buen Suceso. Das restaurierte Herrenhaus ist im Kolonialstil eingerichtet und kombiniert das Flair der Vergangenheit mit modernem Luxus. Die eigentliche Attraktion dieses Landhotels ist jedoch seine Lage: Es befindet sich inmitten einer im Jahr 1572 gegründeten Bananenplantage – der ältesten ganz Gran Canarias. Meterhohe, grüne Bananenstauden umgeben das Anwesen von allen Seiten. Mit etwas Glück lässt sich auf der Hacienda, die in der Nähe der Landstraße von Arucas nach Banadero liegt, auch die Bananenernte beobachten, denn auf Gran Canaria ist das ganze Jahr über Erntezeit.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Urlaub auf der Bananenplantage: Die Hacienda del Buen Suceso ist eines der Aushängeschilder des Marketingverbundes Gran Canaria natural

Urlaub auf der Bananenplantage: Die Hacienda del Buen Suceso ist eines der Aushängeschilder des Marketingverbundes Gran Canaria natural

Bananen machen nicht nur satt, sondern auch reich. Das zeigt ein Besuch der nahe gelegenen 35.000-Einwohner–Stadt Arucas. Um ihren Wohlstand zu zeigen, begannen die Einwohner im Jahr 1909 damit, eine Kirche aus dunklem Kalkstein zu bauen, die sich architektonisch an der „Sagrada Familia“ in Barcelona orientierte. Das imposante Gebäude ist Johannes dem Täufer gewidmet und sticht aus der denkmalgeschützten Altstadt markant hervor.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Die Iglesia de San Juan Bautista in Arucas ist Johannes dem Täufer gewidmet

Die Iglesia de San Juan Bautista in Arucas ist Johannes dem Täufer gewidmet

Der Reichtum im grünen Norden Gran Canarias erklärt sich nicht nur durch den Bananenanbau, ebenso wichtig war für die Insel lange Zeit die Kultivierung von Zuckerrohr. Für den Export, aber auch für die Spirituosenproduktion. Die Destilerías Arehucas lebt heute noch gut von der Tradition des kanarischen Rums, auch wenn die Melasse inzwischen zum Großteil aus Afrika importiert wird. Die Destillerie hat ein breit gefächertes Angebot - vom einfachen „Carta de Oro“ bis zum zwölf Jahre alten „Ron añejo“. Dazu kommen knapp zwanzig verschiedene Liköre, darunter auch, wie könnte es anders sein, ein cremiger Bananenlikör.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Hochprozentig: Kanarischen Rum kauft man besten in der Destilerías Arehucas

Hochprozentig: Kanarischen Rum kauft man besten in der Destilerías Arehucas

Mildes Klima und fruchtbare Vulkanerde lockten vor mehreren hundert Jahren auch den flämischen Weinhändler Daniel van Damme auf die Insel. Er erwarb einen großen Vulkankessel mit einem Kilometer Durchmesser nebst den umliegenden Ländereien, um dort Weintrauben anzubauen. Der Name des Vulkankessels, der im Rahmen von geführten Wanderungen oder auf eigene Faust besucht werden kann, geht noch immer auf den ehemaligen Grundherren zurück: Caldera de Bandama.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Blick vom Kraterrand: Die Caldera de Bandama, der Kessel eines erloschenen Vulkans, hat einen Durchmesser von mehr als 1000 Metern

Blick vom Kraterrand: Die Caldera de Bandama, der Kessel eines erloschenen Vulkans, hat einen Durchmesser von mehr als 1000 Metern

Mehrmals pro Jahr steigt der 59-jährige Reise- und Wanderführer Armando Sosa Matos ins Innere des Bandamakraters hinab, meist mit einer Gruppe naturinteressierter Touristen, denen er ausführlich erklärt, was es am Wegesrand zu sehen gibt. Da wachsen Agaven und wilde Aloe Vera, da sprießen Feigenkakteen und Fenchel. Dass die Vulkanerde auf Gran Canaria äußerst fruchtbar ist, weiß auch der über 80-jährige Augustin. Er hat sich im Inneren des größten Vulkankraters der Insel einen Garten angelegt und kultiviert dort Bohnen, Petersilie, Zwiebeln und weiteres Gemüse. Nicht weit von seinem Garten entfernt, am Nordrand des 200 Meter tiefen Kraters, wurde im 19. Jahrhundert eine Wohnhöhle entdeckt, die „Cueva del Canario“. In ihr haben Wissenschaftler zahlreiche Tongefäße gefunden, die im „Museo Canario“, dem kanarischen Museum in der Inselhauptstadt Las Palmas, zu sehen sind.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Reise- und Wanderführer Armando Sosa Matos führt Besucher ins Innere des Bandamakraters

Reise- und Wanderführer Armando Sosa Matos führt Besucher ins Innere des Bandamakraters

Aktiv auf Gran Canaria

Eine Wanderung in den Bandamakrater ist nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, das Inselinnere auf sportliche Art und Weise kennen zu lernen.

Eine weitere, äußerst beliebte Tour führt durch das felsige Hochland zum Roque Nublo. Der circa siebzig Meter hohe fingerförmige Basaltmonolith war für die aus Afrika eingewanderten Altkanarier ein wichtiger Kultplatz, an dem Opfer für den Sonnengott dargebracht wurden. Heute ist der hoch in den Himmel ragenden Felsen eines der Wahrzeichen der Insel. In seiner Nähe bietet sich ein Ausblick, der weit über Gran Canaria reicht. Auch die Nachbarinsel Teneriffa und der 3718 Meter hohe Pico del Teide, der höchste Berg Spaniens, sind bei klarem Wetter gut zu erkennen. In der Umgebung des Roque Nublo wird die Phantasie der Wanderer durch weitere bizarre Felsformationen beflügelt, etwa durch den „Mönch“, den „Frosch“ oder den „Backenzahn.“ Insgesamt, so schätzt Armando Sosa Matos, gibt es auf Gran Canaria Wanderwege mit einer Gesamtlänge von rund 1000 Kilometern, viele von ihnen sind auf Veranlassung des spanisches Königshauses angelegt worden und heißen deshalb Caminos Reales bzw. Königswege.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Bizarre Felsformationen prägen die Bergwelt Gran Canarias: Hier der an einen Frosch erinnernde Roque Rana (links) und der Roque Nublo (rechts)

Bizarre Felsformationen prägen die Bergwelt Gran Canarias: Hier der an einen Frosch erinnernde Roque Rana (links) und der Roque Nublo (rechts)

Nicht nur Wanderungen, auch Rennrad- oder Mountainbiketouren werden von Jahr zu Jahr beliebter. Und wer genug Kondition hat, kann als Tourist auch am Inselmarathon und am großen Insellauf Transgrancanaria teilnehmen. Urlaubern, die es noch abenteuerlicher mögen, empfiehlt sich ein Abstecher in den Süden der Insel. Dort organisiert Canariaventura mehrstündige Canyoningtouren, bei denen sich die Teilnehmer, mit Neoprenanzug und Sitzgurten ausgestattet, in felsige Schluchten abseilen und dort dem Verlauf von Wildbächen folgen. Vorkenntnisse im Klettern sind nicht erforderlich, nur Kondition. Ein erfahrener Guide sichert beim Abseilen in die Schlucht. Unten angekommen, sind Wasserbecken zu durchschwimmen oder Flussläufe zu durchwaten, bis die nächste Abseilstelle erreicht ist.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Das Landhotel Las Calas in San Mateo: Ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen und Aktivtouren

Das Landhotel Las Calas in San Mateo: Ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen und Aktivtouren

Ein beliebter Ausgangspunkt für Wander- und Aktivtouren ist das kleine Landhotel Las Calas in San Mateo. Dort hat Magüi Carrantala Garcia neun Zimmer liebevoll renoviert und eingerichtet. „Früher habe ich am Strand gelebt, aber dort langweilt man sich schnell. Hier kann ich Früchte sammeln, Marmelade kochen und mein eigenes Gemüse anbauen“, schwärmt Magüi, die ihr kleines Idyll gerne mit Gästen teilt. „Manche Besucher bleiben nur zwei oder drei Tage und reisen dann weiter zu einem anderen Landhotel oder an die Strände, andere bleiben zwei oder drei Wochen“, berichtet die Hobby-Malerin.

Städtchen im Inselinneren

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Felsenkirche „Virgen de la cuevita“ in Artenara – die Höhlenjungfrau gilt als Schutzpatronin der Radfahrer

Felsenkirche „Virgen de la cuevita“ in Artenara – die Höhlenjungfrau gilt als Schutzpatronin der Radfahrer

Es lohnt sich, auch einige Berg- und Kolonialstädtchen im Inneren Gran Canarias zu besuchen. Beispielsweise Artenara, ein Ort, in dem ein Teil der Bevölkerung noch – ganz im altkanarischen Stil – in Felshöhlen wohnt. Wer die Einheimischen in ihren Höhlen-Wohnzimmern nicht stören will, kann die Felsgrotten-Kirche „Virgen de la cuevita“ besichtigen, in der eine Marienstatue verehrt wird, die Radfahrern angeblich besonderen Schutz bietet. Noch begeisterter als von Artenara ist Inselkenner Armando Sosa Matos von dem Kolonialstädtchen Teror, dessen Zentrum von einer Barockkirche und von Bürgerhäusern mit Holzbalkonen geprägt ist. Früher, so berichtet Armando Sosa Matos, war Teror einer von wenigen Marktflecken auf Gran Canaria, die vom spanischen König die Erlaubnis hatten, die Geschäfte auch am Sonntag zu öffnen. Auch heute noch ist der Sonntag in Teror ein Markttag, an dem viele Dutzend Stände in der Umgebung der Basílica de Nuestra Señora del Pino aufgebaut sind. Die Händler verkaufen Heiligenbilder und Korbflechtereien, Obst und Gemüse, Wurstwaren, Oliven und Käse.

Kanarische Inseln - Gran Canaria - Kolonialhäuser mit schmucken Holzbalkonen machen Teror zu einem Bilderbuchstädtchen

Kolonialhäuser mit schmucken Holzbalkonen machen Teror zu einem Bilderbuchstädtchen

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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