Isola di Pellestrina

Die Pellestrinotti gelten als misstrauisch gegenüber Fremden. Die Insel ist schmal und lang gezogen, die Häuser bunt und niedrig. Murazzi schützen vor den Adriawellen. Die Boote der Vongolare, der Muschelfänger, schaukeln nur sanft: Lauretta, Goffredo und sogar Vendetta (Rache) sind sie klangvoll benannt. Weit hinten sind Frachtschiffe am Horizont auszumachen. Kormorane klatschen ins Wasser. Die Bora, ein Wind aus Norden, pfeift nicht so stark wie befürchtet. In S. Pietro in Volta liegt eine Kaschemme direkt an der Lagune. Das Neonlicht über dem Tresen blinkt unaufhörlich, die Wirtin niest unaufhörlich, ein einsamer Spieler schmeißt ständig Euromünzen in einen einarmigen Banditen. Sonst passiert nicht viel.

Isola di Pellestrina

Auf der Isola di Pellestrina

An Pellestrina kann man sein Herz verlieren. Doch zu behaupten, dass es leicht ist, wäre infam. Vor dem lokalen Weingeschäft im Ort Pellestrina, am anderen Ende der Insel, wird man erst einmal abgeschätzt: Woher kommen die? Was wollen die hier? Draußen gibt man sich dem Prosecco hin. Der kommt hier aus dem Zapfhahn. Und dann löst sich alles. Einer blickt wehmütig drein und fängt an zu erzählen. Auf Cuba sei alles besser: Die Frauen, die Cocktails, Havanna… Der Mann hat den Cuba-Blues. Wir haben den Pellestrina-Blues, zögern die Abfahrt mit der Fähre nach Chioggia hinaus, besuchen noch ein Café, vielleicht die letzte Bar vor der Fähre. Die älteren Herrschaften dort sehen angespannt aus. Mann spielt Karten oder steht herum und kommentiert das Spiel fachkundig in grauen Stoffhosen, Pullundern und Schiebermützen. Manche sehen ganz verträumt aus. Ob sie auch von Cuba träumen? Erst als wir die alten Fotos von Pellestrina interessiert begutachten, wendet man sich uns zu. Unsere Räder bringen uns zum Bootsanleger der Fähre nach Chioggia, wo schon die Werftarbeiter vom Bus auf Anschluss warten. Eine Überfahrt mit Blick auf die Lagune und in den Sonnenuntergang. Pellestrina-Blues.

Abendstimmung übder der Lagune von Venedig

Abendstimmung in der Lagune von Venedig

Doch Chioggia, die Stadt in Fischgrätenform und kleine Schwester Venedigs, empfängt uns mit offenen Armen. Die kleinen Kanäle entlang führen kunstvolle Arkaden, in der Fischhalle verkaufen die Chioggiotti fangfrische „vongole nostrane“ (hiesige Muscheln). Dahinter gibt es Chioggia-Pfeifen aus Terrakotta im Palazzo Granaio zu kaufen. Ein künstlerischer Höhepunkt jagt den nächsten, denn die folgende Etappe führt nach Padua. „Citta del arte“, Stadt der Kunst, wird sie genannt. Hier malte Giotto 1306 in der Scrovegni-Kapelle seine wundervollen Fresken, hier erstreckt sich der Prato della Valle, einer der größten Plätze Europas, und hier erhebt sich die Basilica Sant’Antonio mit ihren orientalisch anmutenden Kuppeln. Der heilige Antonius ist für Vieles zuständig, u. a. ist er der Nothelfer der Reisenden. Hoffentlich auch der der Radreisenden. Die Devotionalien an den Ständen sind zahlreich und sogar eine eigene Süßigkeit hat man ihm gewidmet: Dolce del Santo.

Palladios Villen

Ein letztes Mal geht es nun über die Dörfer, vorbei an vereinzelten Gehöften aus Ziegeln und rotbraunen Äckern, am Castello di S. Martino. Palladios Villen sind auch hier zu bestaunen: In Costozza folgt die Villa Trento Carli und die Villa da Schio. Den Schlüssel zur Besichtigung bekommt man nebenan in der urigen Kneipe „Botte del Covolo“, an sich schon einer Sehenswürdigkeit. In deren alten Gemäuern wurden früher Eisblöcke gekühlt. Und schließlich folgt die berühmteste der Villen Palladios: Die Villa Rotonda, eine kirchliche Villa, die von einer Kuppel gekrönt wird. Nebenan befindet sich die Villa Valmarana ai Nani. Den Namen Nani, Zwerge, bekam sie von den Zwergen, die die Außenmauer zieren. Im Inneren der Villa gibt es Fresken von Tiepolo zu bestaunen.

Villa da Shio in Costozza

Die Villa da Schio in Costozza

Ein wenig folgen wir noch dem Roadbook von Girolibero und den weißen Pfeilen in blauem Kreis, die die Route kennzeichnen, dann sind wir wieder dort, wo alles begann: In Vicenza. Vicenza feierte 2008 den 500. Geburtstag Andrea Palladios (1508 – 1580), Architekt und Architekturtheoretiker. Von ihm war hier schon öfters die Rede, von seiner großartigen Villenarchitektur, seinen klassizistischen Bauten. Die Villen Vicenzas sind heute Weltkulturerbe. Palladios Loggia del Capitano und die Basilica stehen beide auf der Piazza die Signori, Zentrum Vicenzas und Start- und Endpunkt des Radwegs, wo tatsächlich viele Signori spazieren. Eine kleine passegiata muss man sich schließlich gönnen. Auf einen Spritz!

Villa Rotonda in Vicenza

Die Villa Rotonda von Andrea Palladio in Vicenza

Fazit: Kunst- und Kulturgeschichte und Kulinaria satt auf einer flachen Tour. Die Sehenswürdigkeiten sind für Kunstliebhaber dermaßen zahlreich, die Städte so hübsch, dass man an dieser Stelle in den Etappenorten jeweils eine Zwischenübernachtung empfehlen darf.

 

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