Im Land der roten Drachen

Der Celtic Trail in Wales

Text und Fotos: Judith Weibrecht

In Carmarthen beginnt der Celtic Trail West, ein Fahrrad-Rundkurs auf den Spuren der Kelten, des Zauberers Merlin und der roten Drachen. Croeso (willkommen) in Wales!

Wales - Celtic Trail - Der Stand von Etta Richardson mit ihrem Früchtekuchen in der Markthalle in Carmarthen

Der Stand von Etta Richardson mit ihrem Früchtekuchen in der Markthalle in Carmarthen

Der rote Drache auf grün-weißem Grund, der die walisische Nationalflagge ziert, fällt gleich am ersten Tag auf: an den Türen der Markthalle in Carmarthen prangt er. Wir treten ein und finden ihn auch auf T-Shirts oder auf Schlüsselringen am Stand des Schlüsseldiensts. Alles gibt es hier, was man nötig haben könnte, Obst, Gemüse, Würste und Uhren, auf denen die römische Ziffer vier mit IIII angegeben wird. Am Stand von Etta Richardson werden die Packtaschen mit dem Früchtekuchen gefüllt, der schon Prinz Charles so begeisterte, dass er ihn sich extra zu seiner Hochzeit mit Diana kommen ließ. Köstlich, in der Tat! Draußen finden wir eine der unzähligen kleinen Capels, Kapellen. Diese hier dient jedoch inzwischen anderen Zwecken: Ein Zahnarzt und ein Shop residieren darin. Carmarthen selbst soll seinen Namen vom walisischen Merlin, Myrddin, bekommen haben. Caerfyrddin heißt der Ort auf Walisisch, das man hier noch oft zu hören bekommt.

Auf Nebenstraßen unterwegs

Meist fährt man auf dem Celtic Trail jedoch über Land, und zwar auf engen ruhigen Nebenstraßen zwischen hohen Hecken, Farnen und gelbem Stechginster, hinter denen, richtig geraten, Schafe grasen. Manchmal schlagen die Hecken fast über einem zusammen und bilden einen Tunnel. In den engen Kurven können entgegenkommende Traktoren durchaus zum Problem werden, doch die meisten sind an Radfahrer gewohnt. Hügelig ist’s mit vielen kurzen steilen Anstiegen und Abfahrten bis Laugharne. Hier wohnte im Boathouse Dylan Thomas, der walisische Nationaldichter, als er „Unter dem Milchwald“ schrieb und wie keiner die Stimmung dieses schläfrigen Örtchens einzufangen wusste: „…got off the bus and forgot to get on again“. Wir brauchen nicht auf den Bus zu warten und schwingen uns wieder in den Sattel Richtung Amroth Castle und ans Meer. Fast weiß zu nennende Strände liegen malerisch am Atlantik unter schroffen Klippen. Möwen kreischen unaufhörlich ihr Lied. Eine Weile geht es nun am Pembrokeshire Coast Path an der Küste entlang und manchmal auch durch Tunnels, durch die man schieben muss. Kurz hinter Saundersfoot erreichen wir Tenby (Walisisch Dinbych-y-pysgod), ein Hafenstädtchen mit bonbonfarbenen Häusern und Gassen, in denen Souvenirläden alles anbieten, worauf der walisische Drache zu sehen ist. Auch kunstvoll geschnitzte Liebeslöffel gibt es. Liebeslöffel sind eine Art walisischer Verlobungsring, gespickt mit verschiedenen Symbolen wie Herzen (Liebe), Knoten (ewige Liebe), Glocken (Heirat) etc. 

Wales - Celtic Trail - Strände, Ausblicke, Kühe, Vegetation. Alles im Pembrokeshire Coast National Park

Strände, Ausblicke, Kühe, Vegetation. Alles im Pembrokeshire Coast National Park

Pembroke (Penfro) mit seiner alten Stadtmauer darf eine der beeindruckendsten Burgen in Wales sein eigen nennen: Pembroke Castle ist auch Geburtsort von Heinrich VII., dem ersten Tudor-König. Unsere Burg für diese Nacht wird die Bower Farm. Farm Stay, eine Art Ferien auf dem Bauernhof, wird immer beliebter. Die Räder warten im Stall bei einer Bande junger Hunde, als uns am nächsten Morgen das Kikeriki oder das cock-a-doodle-doo des Hahns weckt und der Duft des Frühstücks die Treppe hinauf in unsere Nasen steigt: Spiegelei, gebratene Würste,  Schinken und Tomaten.

Wales - Celtic Trail - Strände in Newgale

Strände in Newgale

„Oh, what a spectacular view!“, seufzt eine Lady beim Anblick der weit ausladenden Strände am offenen Atlantik im Pembrokeshire Coast National Park. In der Tat, die Blicke von den Klippen aus sind einmalig. Und wer hätte schon gedacht, dass es hier in Newgale (Niwgwl) Surfer gibt und Eiscreme aus walisischer Milch nach italienischem Rezept im „Sand’s Café“. Wir geben uns die Eis-Kugel. Die tut gut und gibt Energie kurz vor dem 16 % Anstieg nach Penycwm. 

Wales - Celtic Trail - die Kathedrale von St. Davids

Die Kathedrale von St. Davids

Nun erreichen wir die kleinste Stadt Großbritanniens: St. Davids. Doch was für eine bombastische Kathedrale steht dort. Sie wirkt reichlich überdimensioniert, dabei duckt sie sich im Tal unten fast weg. So wollte man sie vor Übergriffen z. B. der Wikinger schützen. Von außen wirkt sie normannisch und kühl, innen jedoch ist sie reich an Schnitzereien, z. B. die Decke aus irischer Eiche. Sie wurde eingezogen, weil sich der Boden von Ost nach West nach einem Erdbeben absenkte. Doch nicht nur die größte Kathedrale von Wales macht St. Davids zu einem lohnenden Stopp, auch die vorgelagerte Insel Ramsey, auf der man viele Seevögel und sogar Robben beobachten kann.

Wales - Celtic Trail - Robben auf der Insel Ramsey

Robben auf der Insel Ramsey

Wo viel Schafe, da viel Wolle: In Tregwynt besuchen wir eine der walisischen Wollmühlen, die Decken, Pullover und vieles mehr anbieten, auch bei der Produktion darf man zuschauen. Wollproduzenten säumen auch den Radweg in Richtung Fishguard, der auch durch einen märchenhaften Wald führt. Drüben in Goodwick (Wdig) tutet eine Fähre, legt ab Richtung Irland. Fishguard ist eine Stadt am Meer. Hier wurde der Film zu Dylan Thomas’ „Unter dem Milchwald“ gedreht, mit Richard Burton und Elizabeth Taylor. Im oberen Teil der Stadt aber, im Pub „Royal Oak“, erzählt man gerne von Jemima Nicholas. Eine mutige Frau war sie, die mithilfe einer Mistgabel ein Dutzend französische Seeräuber gefangen genommen haben soll, als diese 1797 die Stadt überfallen wollten. Ihr Grabstein findet sich gleich nebenan vor der Kirche St. Mary.

Wales - Celtic Trail - Radweg in Richtung Fishguard, der durch einen märchenhaften Wald führt

Radweg in Richtung Fishguard, der durch einen märchenhaften Wald führt

Nichts für Weicheier!

Die letzte Etappe führt weg vom Meer und durch die Preseli Hills. Dieses Stück, so sagt der Radwanderführer, „is not for the faint-hearted“, also nichts für Feiglinge oder Weicheier. Das stimmt. Ein ständiges steiles Auf und Ab begleitet die 75 km zurück nach Carmarthen durch die  fast vollständige Einsamkeit der Berge, nur Schafe trifft man. Natürlich. Die Herden sind hier oft nicht eingezäunt und laufen schon mal verschreckt vors Rad! Der Wind kommt immer von vorn, pfeift über so manches Hochplateau. Von hier, vom Gipfel des Carn Meini, stammen die blue stones - Steine, aus denen das mystische Stonehenge in Südwestengland erbaut wurde.

Mystisch ist die ganze Gegend: prähistorische Menhire, Steinkreise und Dolmengräber geben bis heute Rätsel auf. Dass die Waliser Eisenbahnfans sind, ist dagegen  eine Tatsache. Und so stoßen wir kurz vor dem Ziel auf die Gwili Dampflok. An manchen Tagen fährt sie sogar noch und außer ihr sind viele weitere Lokomotiven ausgestellt. Hier treffen wir Richard Martin und dürfen den Führerstand einer der Loks erklimmen. Cool. Doch nun ab ins Pub zum Feiern. Der Celtic Trail ist geschafft und auf dem Zapfhahn des Brains-Biers, der lokalen Marke, prangt der walisische rote Drache.

Wales - Celtic Trail - Brains, die walisische Biermarke mit dem roten walisischen Drachen

Brains, die walisische Biermarke mit dem roten walisischen Drachen

Den sieht man in Cardiff, der Hauptstadt von Wales, überall. Hier sollte und wird wohl jeder Wales-Besucher einen Stopp einlegen. Ob mit dem Fahrrad oder zu Fuß, die Stadt lohnt einen Rundgang: Das Nationalmuseum (Eintritt frei), in dem sich neben Monets und Gaugins Gemälden Rodins Skulptur „Der Kuss“ befindet, das gigantische Millennium-Stadion, in dem u. a. der Nationalsport Rugby gespielt wird,  das Schloss oder das Wales Millennium Centre und die vielen Kneipen an der Quayside. Es lebe der rote Drache!

 

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