Pampers und Pina Colada

„All inclusive“ in die Dominikanische Republik

Text und Fotos: Hilla Finkeldei

Ein verregneter Sommer und keine Wetterbesserung in Sicht. Ein sieben Monate altes Baby, ein gelangweilter großer Bruder, Sehnsucht und Fernweh – und nun?

Dominikanische Republik

Sehnsucht, Fernweh und ein sieben Monate altes Baby – ein Konflikt, der auf den ersten Blick nur schwer zu lösen ist. Draußen verregnet der Sommer in Bindfäden, drinnen langweilt sich der große Bruder auf dem Sofa. Bergwandern in Kärnten? Zelten in Holland? Die Wetterkarte zeigt auf BLOSS NICHT! Also lassen wir uns von der netten Frau im Reisebüro alle unsere Ängste ausreden und einen „Alles-schon-inklusive“-Traum der karibischen Art angedeihen. Die Haare meiner Eltern stehen zu Berge: Wie kann man nur? Zehn Stunden Flug! Und die hygienischen Verhältnisse!

Dominikanische Republik - Hafen von Puerto Plata

Hafen von Puerto Plata

Badehose statt Friesennerz

Wie das Regenwasser perlt alle Kritik an uns ab, wir packen lieber Schnorchelausrüstung und Badehosen statt Friesennerz und Wollpullover. Und klammheimlich auch noch ein paar Liter natriumarmes Babywasser. Und Brei zum Anrühren. Und 2 Packungen Milchpulver. Damit Oma auch ruhig schlafen kann. Die LTU, hilfreich und familienfreundlich wie immer, bucht uns ein Babybett an Bord, die Bahn nach Frankfurt ist tatsächlich pünktlich – Olà, Dom Rep, wir kommen!

Dominikanische Republik - Bucht

Statt Spielzeug haben die Kinder das Meer

VIP-Gäste bei LTU – die lieben Kleinen

Der jüngste Fluggast lässt es sich mit Fläschchen und Kuschelmaus im gemütlichen Körbchen gut gehen und wacht erst kurz vor der Ankunft in Puerto Plata auf. Eine Sorge, die man sich wirklich nicht machen muss, denn die Kleinsten haben tatsächlich die größte Beinfreiheit. Die Kids dafür ihre gefüllte Geschenktasche mit Spielen, Wasserball und Sonnenkappe, die Erwachsenen das Bordprogramm und leckere Mahlzeiten sowie ein erfrischendes heißes Tuch vor Ankunft in der karibischen Hitze.

Olá Dom Rep – wir sind da!

Dominikanische Republik - Starßen von Puerto Plata

In den Straßen von Puerto Plata

Die recht zügige Abfertigung überstehen wir mit Baby im Tragetuch und dank des einwandfreien Lotsenservices der Reiseveranstalter heiter und schnell. Auf geht es mit dem Mini-Van zur Hotelanlage an der Playa Dorada. Bananenstauden und Königspalmen, das von Kolumbus 1493 eingeführte Zuckerrohr und heckengroße Hibiskuspflanzen sausen an uns vorbei. Ebenso wie die uns überholenden hupenden Mofas, Roller und Autos, die in Dreierreihen die einspurige Straße nutzen. Die Frage eines eigenen Mietwagens hat sich für mich bei diesem Anblick erledigt.

Urlaubsträume für alle werden wahr

Nur zwanzig Minuten später begrüßt uns ein Gepäckträger mit Tropenhelm an der blumengesäumten Rezeption des Grand Flamenco. Vor uns ein 50.000 qm großes Areal, in dem neben dreistöckigen Gebäuden nach Art eines spanischen Dorfes auch Minigolf, zwei unglaublich türkis schimmernde Poollandschaften, ein Fun-Club, ein Tauchshop, diverse Bars und Spezialitätenrestaurants untergebracht sind. Zimmer beziehen, Safe einrichten und die Badehosen auspacken – 10 Minuten. Eine erste Pina Colada in der Lobby und das erfrischende Aufditschen im kühlen Nass des Kinderpools – 4 Minuten später. Der aufblasbare Schwan wird zu Wasser gelassen, das Baby mit Fremdenlegionärsmütze darin versenkt – prustende Urlaubsträume für alle innerhalb der ersten Viertelstunde.

Alle Sorgen der Oma werden zunichte gemacht

Spätestens beim Abendessen im Buffetrestaurant, das man mit dem hauseigenen Platzplan entlang der Plaza findet, werden die Sorgen der Oma gänzlich zunichte gemacht. Neben gekühlten Trinkwasserspendern vor den Apartments gibt es hier sogar pürierte Speisen und jederzeit auch frische süße Bananen. Kein Wunder, denn in der Dominikanischen Republik wachsen schließlich 30 verschiedene Sorten davon! Unser Baby wird nicht verhungern. Unser Sohn auch nicht, denn das Frühstück zeigt die ganze Bandbreite süßer Köstlichkeiten von French Toast mit Honig über amerikanische Donuts bis zu Müsli und Toast mit Marmelade. Schließlich findet sich in der Anlage internationale Klientel aus Frankreich, Amerika, Deutschland, Holland, England und Spanien. Ganz zu schweigen von den etwas betuchteren Dominikanern, die gern ihre Wochenenden hier verbringen.

Dominikanische Republik - Buffetdekoration

Pompöse Buffetdekoration mit Vogelfamilie

Außerhalb der Mauern kein Idealbild des karibischen „Bacardi Feelings“

Die übrige Bevölkerung wird durch eine bewachte Schranke aus der künstlichen Welt der Playa Dorada ferngehalten. Eine bittere Erkenntnis, die das Urlaubsvergnügen ohne Zweifel etwas fragwürdig erscheinen lässt. 1844 gegründet und mit 48.442 Quadratkilometer auf Zweidritteln der Insel Hispaniola angesiedelt, geht es dem USA-freundlichen Staat zwar besser als dem Nachbarn Haiti, der als das drittärmste Land der Welt gilt.

Dominikanische Republik - Hütte

Dennoch sieht die Realität der Dominikanischen Republik, die sich nach einer hoffnungsvollen Phase des Aufschwungs erneut zum Drittweltland wandelt, ganz klar anders aus als das Idealbild des karibischen „Bacardi Feeling“. Auch wenn dieses in der Umgebung der Touristen sehr gepflegt und betont wird. Sei es auf Stadtrundfahrten, die schon einmal morgens um 9.00 Uhr mit der Besichtigung der ortsansässigen Rumfabrik und einem Daiquiri zum Auflockern beginnen.

Dominikanische Republik - Kontrolle in der Rumfabrik

Kontrolle in der Rumfabrik

Oder auf dem Party-Katamaran nach Sosua, der sich selbstironisch „Banana republic“ nennt und mit Merengue-Klängen in ohrenbetäubender Lautstärke zur allgemeinen Heiterkeit auffordert. „No problema“ ist schließlich der Wahlspruch nicht nur eines Reiseführers, der auf dem Rückweg einer Bustour mit einer 2-Liter-Flasche Rum und etwas Cola die aufgrund der Verspätung entstandene trübe Stimmung aufzuheben versucht. „Dominican time“, lautet seine Entschuldigung und mit breitem Grinsen gießt „Indiana Jones“, wie er sich nennt, seiner „family“, wie er uns nennt, großzügig ein drittes Mal ein. Das Mallorca der Amerikaner: Tropische Träume von weißem Strand und kühlen Drinks „all“ inclusive.

Entdeckungsreisen und Rundum-Sorglos-Paket am Swimmingpool

Wer sich allerdings ein wenig mehr als nur Pool und Party gönnen möchte, der sollte sich Zeit und Dollars mitnehmen, um entweder bei den professionellen Touren oder mit einem gemieteten Auto nebst Fahrer das Umland zu entdecken. Auch mit Baby sind einige der Ausflüge durchaus machbar. Wir haben uns bei größeren Aktivitäten einfach aufgeteilt, eine Familienhälfte hat sich auf Entdeckungsreise begeben, während die jeweils andere mit Schwan, Baby, kühlen Drinks und Snacks am Pool das Rundum-Sorglos-Paket genießen konnte. So entdeckten mein Mann und mein 7jähriger auf der Jeep Safari zum Damajagua Wasserfall, dass das Besteigen der Terrassen eines fließenden Gewässers schon ein Riesenspaß sein kann, dass die schwungvolle Rutschpartie entlang der vom Wasser gerundeten Felsen allerdings unübertroffen bleibt. Dafür durfte ich dann meinem Hobby auf der Paradiesinsel Punta Rusia frönen und mit dem Sohnemann an der Hand die Unterwasserwelt entdecken, die dort ebenso vielfältig und bunt schillert wie am Riff der Maledivenatolle. Besonders die Fahrt mit dem Speedboat entlockte dem Badewannen-Kapitän begeisterte Jauchzer.

Dominikanische Republik - Unterwasserwelt in Punta Rusia

Reiche Fischwelt Unterwasser

Quads, vierrädrige Gelände-Motorräder, locken Fahrer ab 12 Jahren zu einer actiongeladenen Buckeltour durchs Hinterland. Wer es historisch mag, kann auf den Spuren von Christoph Kolumbus wandeln, der am nordwestlich gelegenen heutigen Nationalpark Montechristi den ersten Fuß auf den Boden der „neuen Welt“ setzte. Oder er kann eine Busreise nach Santo Domingo wagen, in die älteste „weiße“ Stadt dieses damals neu entdeckten Kontinents. Die Seilbahn von Puerto Plata zum Hausberg hinauffahren und darüber staunen, dass es die berühmte Christus-Figur nicht nur in Rio de Janeiro gibt.

Dominikanische Republik - Seilbahn bei Puerta Plata

Ausblick vom Hausberg von Puerto Plata

Die Bacardi-Insel bei Samana bereisen, auf der der berühmte Werbespot gedreht wurde, in Confresi einem individuellen Wasser-Rendezvous mit den Delfinen oder Seelöwen der Ocean World entgegenfiebern oder auf Flohmärkten um traditionelles Taino Kunsthandwerk feilschen, das einstmals als Grabbeigabe benutzt, heute als Souvenir geschätzt ist. Auch die haitianische naive Malerei kann man erstehen, oft genug allerdings verdächtig gleich gestaltet, ob in schwarz-weiß, rot oder blau gehalten. Da lohnt es sich, mit wachem Auge und geschicktem Verhandlungstalent über die einheimischen Märkte zu ziehen, statt sich von einem Touristenshop oder Larimarverkauf zum nächsten zerren zu lassen.

Sind ihre Kinder Dino-Fans?

Neben dem oben erwähnten Halbedelstein gibt es in der Dominikanischen Republik große Bernsteinvorkommen. Und genau dadurch entstand die Idee des Films Jurassic Park, der mit der Wiederauferstehung der Riesenechsen aus dem DNA-Material eingeschlossener Harzinsekten liebäugelte. Im Amber Museum von Puerto Plata gibt es entsprechende Exponate zu bewundern.

Dominikanische Republik - Bernsteinmuseum

Bernsteinmuseum

Die öffentlichen Busse sind günstig und halten an allen bekannten Punkten der Städte, also keine Scheu vor ein wenig Selbständigkeit im All-Inklusive-Paradies. Schließlich lassen sich die meisten Aktivitäten mit Kindern ab 4 Jahren nahezu mühelos bewältigen. Kinderlieb sind die Dominikaner ohnehin, und wer nicht gerade an den Straßenständen seinen Hunger stillt, der muss sich auch um den drohenden Durchfall nicht wirklich sorgen. Überall gibt es Getränke in Flaschen zu kaufen und die bunten Obststände bieten – zumindest nach dem Schälen der Früchte - eine gute Alternative zu in zweifelhaftem Fett gebackenen Erdnuss-Zucker-Snacks oder dem traditionell dominikanischen Reis in Bohnensoße.

Beim Merengue entsteht alle Dynamik aus dem Hüftschwung heraus

Zurück von unseren Abenteuern kühlen wir uns bei Popcorn und Eis im bewachten Pool ab. Auf der Promenade erscheinen gegen Abend die frisch geduschten Buggyfahrer, cremeschimmernde Kleinkinder mit Fläschchen und geflochtenen karibischen Zöpfen vor sich her schiebend. Oma, wir träumen unseren Traum wohl nicht allein! Von der Bühne schallen uns nach dem obligatorischen Kindertanz des eher dürftigen Funclubs erneut Merengue-Klänge entgegen. Die Entstehung des Hüftschwungs mit wenig Beinbewegung verdankt diese musikalische Variante der Tatsache, dass die einst in der Dominikanischen Republik eingesetzten Negersklaven aufgrund der Bleikugel am linken Fuß diesen nur hinter sich herziehen konnten. Da sie aber auf den – zumindest geistig – befreienden Tanz nicht verzichten wollten, erfanden sie den Merengue, bei dem der rechte Fuß seitlich gesetzt und der linke einfach herangerückt wird. Alle Dynamik entsteht aus dem Hüftschwung heraus. Dynamik? Neben mir schlummern zwei Kinder, eins im Buggy, eins auf dem Stuhl. Mein Mann döst geschafft von der Hitze vor sich hin. Hüftkreisen? Mit wem denn? Da fällt mein konsternierter Blick auf den Sänger der Band, der in einem changierenden, durchsichtig türkis schimmernden Polyesterhemd seine Muskeln spielen lässt. Die exotische Schöne neben ihm darf das Mikro zwar halten, doch außer einigen Choreinwürfen und grazilen Verrenkungen bleibt die Show dem Kummerbundträger überlassen. Jetzt taucht auch der Eintänzer auf, ein schlaksiger Dominikaner mit pomadisierten Haaren, dessen blau-gelber Hosenanzug die Zugehörigkeit zum Clubpersonal symbolisiert. Reihenweise werden die einsamen Herzen erobert, ich ducke mich in die Umarmung meiner eher unromantischen besseren Hälfte.

Dann doch lieber ein wenig Ausgleichssport am Morgen

Ein flotter junger Mann mit gestähltem Oberkörper baut zunächst die Lautsprecheranlage und dann sich selbst vor der Poollandschaft auf. Selbstironisch lächelnd gibt er Trillerpfeifenkommandos für die über(ge)wiegend weibliche Gymnastikwelle, die nicht nur stimmungsmäßig den Pool entlang schwappt. Wir flüchten lachend zum Minigolf. Die Ausrüstung ist kostenlos, die Anlage liegt größtenteils im Schatten und hier zeigt unser angehender Bernhard Langer, was er kann. Baby Marla gibt anfeuernde Gluckser von sich, die vom Wind heranwehenden fein zerstäubten Tröpfchen der Strandduschen locken die schwitzenden Sieger ans Wasser. Nach einem Lunch im Beach Club nutzen wir die Kajaks und Surfbretter, die ebenfalls im Arrangement enthalten sind. Schließlich gilt es die rote Boje zu erobern. Gar nicht so leicht im offenen Atlantik. An der Playa Dorada ist der Wassersport eher auf die Oberfläche beschränkt, denn die Lage innerhalb einer Bucht und die Strömungen verhindern eine klare Sicht. Schnorcheln in vom Sand aufgewühltem Meer fördert außer Frust eigentlich nichts zu Tage. Dafür gibt es hier wirklich kilometerlanges Bauland – für ambitionierte Sandburgenkünstler! Die Liegen im Schatten unter Palmenwedeln und verschlungenen Bäumen sind praktisch, die morgens schon einsetzenden Handtuchreservierungen allerdings eher befremdlich.

Dominikanische Republik - Playa Dorada

Strand von Playa Dorada

Babys heiler Dickschädel und angeknackste Zehen

Die wahren Könner auf den Surfbrettern, die die Welt bedeuten, suchen ihren Kick eher im lässigen Cabarete, wo die neuesten Techniken und wildesten Sprünge bei einem stetig pustenden Wind erprobt werden. Im Krankenhaus von Puerto Plata treffen wir Francois, der einen Tag vor der Abreise nach Lyon noch eben sein Bein beim Kite-Surfen gebrochen hat. Dr. Ravelo, multilingual und überaus kompetent, schient diesen genau so schnell und freundlich, wie er unserem aus dem Bett gehüpften Baby einen heilen Dickschädel attestiert. Zwischen Touristen mit angeknacksten Zehen, ausgekugelten Knien, allergischen Insektenstichen und akutem Sonnenstich bewegt er sich effizient und spricht jovial jeden in seiner Landessprache an. Francois grinst mir zu und sagt in leicht akzentuiertem Englisch: „Ich war als Kiter ja schon oft in den Krankenhäusern dieser Welt, aber Puerto Plata gehört wirklich zu den guten.“ Ich empfehle Melbourne in Australien, wo ich gute Erfahrungen gemacht habe. Er sinniert daraufhin, dass seine letzte Krankenakte eine japanische war und ebenfalls erfolgreich geschlossen werden konnte. Ach ja, wie herrlich, in Urlaubserinnerungen zu schwelgen… Auch auf diesem Gebiet war Omas Sorge also unberechtigt. Mit etwas kühlendem Gel auf der Beule verlassen wir die Klinik Richtung Hotel und Strand, um noch ein paar Tage unbeschwerte karibische Träume zu genießen. Mit Pampers zwar, aber eben auch mit Pina Colada!

Dominikanische Republik - Sonnenaufgang

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

Reiseveranstalter Südamerika-Reisen bei schwarzaufweiss

 

Kurzportrait Dominikanische Republik

Wer in der kühlen Heimat die Reisekataloge durchblättert, stößt auf puderweiße Strände und das Meer in schillerndstem Türkis. Die Kataloge lügen nicht. Goldgelbe Sandbänder und palmenflankierte Buchten lassen Karibikträume wahr werden, das Ganze angereichert mit jahresdurchgängiger Schön-Wetter-Garantie und Wassertemperaturen, die nicht unter 25 °C sinken.

Kurzportrait Dominikanische Republik

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Nichts für Pappnasen. Karneval in der Dominikanischen Republik

Das Karibikidyll hat noch ein zweites Gesicht: Naturparks und Berge, die mehr als 3000 Meter in den Himmel ragen. Mehr als 500 Jahre alte, von Kolumbus selbst angelegte Städte, in denen hinkende Teufel grinsend durch die Straßen ziehen und 11-jährige Jungs jeden Betrachter des bunten Karnevalsumzugs, der nicht schnell genug das Weite sucht, mit einem an einem Seil befestigten Ball einen schmerzhaften Klaps auf den Hintern verpassen.

Karneval in der Dominikanischen Republik

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