Römerstadt am Moselufer

Ein Spaziergang durch das Weltkulturerbe von Trier

Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther

Nirgendwo sonst ist die Verzahnung des römischen Erbes mit den romanischen Sakralbauten einer Stadt so eng wie in der Moselstadt Tier. Als älteste deutsche Stadt wurde sie im Jahre 16 vor Christus gegründet. Thermen, Reste der römischen Stadtbefestigung, die Römerbrücke über die Mosel und das Amphitheater sind Zeugen ihrer römischen Vergangenheit. Ebenfalls auf römischen Fundamenten erhebt sich der Dom, der mit der benachbarten Liebfrauenkirche eine Einheit sakraler Baukunst bildet. Und das Tor zur Stadt ist, selbstverständlich, nach wie vor die weltberühmte Porta Nigra.

Als Doppelkirche die Wirren der Zeit überlebt: Das römische Stadttor von Trier - Porta Nigra

Nicht allein die Porta Nigra, sondern weitere Bauwerke sind von der Unesco mit dem Titel Weltkulturerbe geadelt worden: Neben dem Dom und der Liebfrauenkirche sind dies die Kaiser- und die Barbarathermen, das römische Amphitheater und die Konstantin-Basilika, eine klassische römische Palastaula, deren schlichte Hallenarchitektur einen Kontrast zu der überschwänglichen Rokokogestalt des benachbarten Kurfürstlichen Palais bildet.

Porta Nigra: vom Bollwerk zur Kirche

Wuchtige Quader türmen sich zu einem mächtigen Stadttor auf, das jedoch schon seit Jahrhunderten seine Funktion verloren hat. Erbaut wurde diese mächtige Anlage, ohne Mörtel zu benutzen. Eisenklammern halten die Bauteile zusammen. Markant sind an der Nordseite des Schwarzen Tors zwei mächtige viergeschossige Türme, die halbkreisförmig hervorspringen. Im zweiten Jahrhundert nach Christus diente diese Toranlage als Teil der gewaltigen Stadtmauer, die sich auf 6,4 Kilometer Länge erstreckte, noch dem Schutz der Stadt. Heute ist das einstige Bollwerk einer der touristischen Anziehungspunkte der Moselstadt. Das Wahrzeichen Triers hat den Lauf der Geschichte nur überdauert, weil es zu einer »Doppelkirche« zu Ehren des heiligen Simeon von Syrakus umgestaltet wurde. Das Erdgeschoss des Stadttores schüttete man zu diesem Zwecke zu, errichtete im ersten Geschoss die Laienkirche und im zweiten Geschoss die Stiftskirche. Schließlich gestaltete man den römischen Westturm zu einem Glockenturm um.

Wer die Porta Nigra heute besucht, kann sich einen Eindruck von den gewaltigen Abmessungen dieses römischen Baus machen, dessen Westturm immerhin eine Höhe von dreißig Metern erreicht. Völlig erhalten geblieben sind Chor und Apsis der Laienkirche. Zu erkennen sind hier und da auch die reliefierten Rokoko-Ausschmückungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Neben der Porta Nigra ließ Erzbischof Poppo das Simeonstift errichten, in dem sich heute das Stadtmuseum befindet. Auffallend sind die Arkaden im Untergeschoss, auf denen der Kreuzgang im Obergeschoss ruht. Dies ist eine architektonische Besonderheit, da man üblicher Weise Kreuzgänge nur im Erdgeschoss sakraler Klosteranlagen errichtet hat.

Dreikönigen-Haus - ein frühgotischer Bau, der noch heute die Blicke auf sich zieht

Schlendert man von der Porta Nigra aus durch die Simeonstraße, so stößt man auf das sehenswerte frühgotische Dreikönigen-Haus, dessen ursprünglicher Eingang nicht ebenerdig angelegt war, sondern sich im ersten Stockwerk befand. Nur über eine Zugtreppe konnte man ins Innere gelangen. Dies diente den Bewohnern des einstigen Wohnturms, der heute in originaler Farbgebung zu bestaunen ist, zur Verteidigung gegenüber Eindringlingen. Am Ende der Simeonstraße erweitert sich diese zum Hauptmarkt, an dessen Südseite der Turm der St.-Gangolfkirche die schmucken Häuser am Markt überragt. Mitten auf dem Markt entdeckt man das Marktkreuz, das nicht, wie man annehmen könnte, an die unter Otto dem Großen erlangte Marktgerechtigkeit erinnert, sondern das Symbol der Marktfreiheit und der erzbischöflichen Stadtherrschaft darstellt.

Ein Blickfang auf dem Marktplatz

Karl Marx: vom Redakteur zum Revolutionär

Ebenfalls auf dem Hauptmarkt befindet sich eine meisterlich gestaltete Brunnenanlage, die mit zahlreichen Figuren verziert ist. Unter diesen befinden sich auch die Gestalten der Kardinaltugenden, Mäßigkeit, Gerechtigkeit, Stärke, und Klugheit. Rund um den Markt entdeckt man klassizistische und gotische Häuser wie das »Rote Haus« und die »Steipe« mit spitzbogigen, offenen Arkaden. Über dem Zinnenrand als Giebelabschluss erhebt sich ein steiles hohes Dach, unter dem für einige Jahre auch der französische Schriftsteller und geistige Vater des »Glöckners von Notre Dame«, Victor Hugo, Unterschlupf fand. Ursprünglich diente dieses Haus als Trink- und Festhaus der Ratsherrenschaft und als Marktgericht.

Zeitweilig lebte hier der französische Schriftsteller Victor Hugo

Nur wenige Schritte entfernt erhebt sich in einer Seitenstraße ein mächtiger Wohnturm aus der Zeit der Romanik, der so genannte Frankenturm, dessen Name an einen Besitzer aus dem 14. Jahrhundert erinnert: Franko von Senheim. Folgt man vom Markt aus dem Verlauf der Fleisch-, Brücken- und Karl-Marx-Straße, so gelangt man zum Geburtshaus des in London bestatteten Journalisten und Philosophen Karl Marx. Thematisiert werden in diesem Haus in einer Ausstellung Aspekte des Lebens und Schaffens des einstigen Redakteurs der »Rheinischen Zeitung«, darunter Themen wie »Der junge Marx«, »Zeitenwende 1848«, »Leben im Exil« und »Marx und die Arbeiterbewegung«.

Romanisches Bollwerk: der Frankenturm

Wendet man sich vom Hauptmarkt in die Palaststraße, so gelangt man zu einem Haus mit typischem gotischen Giebel, dem Zunfthaus der Zimmerleute. Gegenüber steht Kesselstatts Garten mit dem Weingasthof Reichsgraf von Kesselstatt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Auf dem Weg zur Liebfrauenkirche und zum Dom passiert man nachfolgend den Metternicher Hof, der unter Erzbischof und Kurfürst Lothar von Metternich erbaut wurde und nunmehr als Pfarrhof von Liebfrauen dient.

Der Dom: von der Romanik zum Barock

Einmalig ist das Ensemble von Dom und Liebfrauenbasilika, eine Doppelanlage, die im Kern auf die Zeit von Kaiser Konstantin zurückgeht, allerdings im Laufe der Zeit romanisch, gotisch und barock überformt wurde. Im Dom befindet sich der so genannte Heilige Rock, eine Reliquie, die dieses Gotteshaus zu einem der wichtigen Wallfahrtsorte katholischer Christen macht. Mit dem Dom durch einen gemeinsamen Kreuzgang verbunden ist die frühgotische Liebfrauenkirche.

Seite an Seite: der Dom und die Liebfrauenkirche - Teil des UNESCO-Werlkulturerbes »römisches und romanisches Trier«

Unter der Nordhälfte des heutigen Doms fand man Fragmente einer gemalten Decke aus der Römerzeit, auf der man Mitglieder der kaiserlichen Familie erkennen kann – Beleg dafür, dass das Gotteshaus wohl in einem Teil des Palasts der Mutter von Kaiser Konstantin dem Großen erbaut wurde. Anhand von Grabungsfunden und Modellen kann man sich beim Besuch des Museums am Dom ein Bild des Trierer Doms im vierten Jahrhundert verschaffen, eine Kirchenanlage, die damals aus mehreren miteinander verbundenen Basiliken bestand. Aus diesen gingen innerhalb von sechs Jahrhunderten der heutige Dom und die heutige Liebfrauenkirche hervor.

Prototyp einer römischen Basilika: die Palastaula

An die Zeiten, als Trier eine der wichtigen Städte des Römischen Reiches war, erinnert die im 4. Jahrhundert erbaute Palastaula, die heute evangelischen Christen als Gotteshaus dient. Dabei handelt es sich bei diesem zweigeschossigen, monumentalen, aus Ziegeln und ohne Stützen erbauten Hallenraum um den Hauptsaal der einstigen kaiserlichen Residenz Konstantins des Großen. Der Palastaula an die Seite gestellt ist das kurfürstliche Palais, dessen Rokokoflügel von einem Schüler Balthasar Neumanns entworfen wurde. Der Skulpturenschmuck, darunter Venus, Apoll und Pomona sowie einige dralle Putten stammen von Ferdinand Tietz. Zu der Anlage des Palais mit Park gehört auch ein Brunnen, dessen Tiergestalten für Abschnitte der Trierer Geschichte stehen: das Pferd für die Kelten, der Adler für die Römer, das Lamm für die Kurfürsten und der Windspiel für die Preußen sowie schließlich die Taube für die Neuzeit.

Spätbarocke Pracht für einen Kurfürsten

Römische Mosaiken: vom Schlangenhaupt zum Wagenrennen

Wer die barocke Gartenanlage durchquert, spaziert durch eine mit zahlreichen Figuren geschmückte Anlage, in der sich auch ein Bassin und eine Fontäne befinden. Kaiser Konstantin, Pippin der Jüngere und Karl der Große stehen als steinerne Zeugen der Geschichte am Rande des Parkgrüns. An der Ostseite des Parks erstreckt sich nicht nur ein Teil der Stadtmauer, sondern auch der Bau des Rheinischen Landesmuseums, dessen Besuch schon allein wegen der dort ausgestellten prächtigen römischen Mosaike zu empfehlen ist. Die Bilddarstellungen der Mosaike beziehen sich auf Musen, Eroten, Dichter, Philosophen, Götter und Heroen.

Solche Mosaike schmückten einst die römischen Villen an der Mosel. Heute werden sie im Rheinischen Landesmuseum für die Nachwelt bewahrt

Hier erblickt man das Schlangenhaupt der Medusa, das mit floralem Schmuck und einem Wellenband umgeben ist, dort die Szene eines Wagenrennens, die von Zopfmustern und Farnwedelmotiven umrankt ist. Zu sehen sind das so genannte Strandkorb-Mosaik aus dem Festsaal des Kaiserpalastes und auch ein Bodenmosaik aus der Karl-Marx-Straße/Judenstraße. Ein Mosaik mit der vollständig erhaltenen Darstellung der Musen wie Thalia aus der Trierer Neustraße zieht die Blicke der Besucher ebenso auf sich wie das Gelage des Dionysos. Zu den Highlights der Sammlung gehören neben Wandmalereien auch das Neumagener Grabmal in Gestalt eines Schiffs mit Ruderern und Steuermann. Dass Weinanbau bereits zur Römerzeit an den Hängen oberhalb der Mosel gepflegt wurde, erfährt man in einer seit 1977 bestehenden Schausammlung zum römischen Weinbau.

Kaiserthermen: Von römischer Badekultur ist heute nichts mehr zu sehen

Am südlichen Ende des Palastgartens erblickt man die Kaiserthermen, die in ihrer Entstehungszeit zu den größten der damaligen Zeit zählten. Nur die Thermen Roms waren größer als die am Ufer der Mosel. Doch von dem einstigen »Palast der Entspannung« sind heute nur noch Ruinen vorhanden. Das gilt auch für die anderen Thermen der Stadt, für die museal erschlossenen Viehmarktthermen und die Barbarathermen.

Das Amphitheater: von Gladiatoren zu modernen Spielen

Wahrscheinlich ist, dass nur die Barbarathermen und die Viehmarktthermen dem Badevergnügen dienten, während die Kaiserthermen nie als Bad vollendet wurden. Grabungen vor dem Ersten Weltkrieg unterstreichen die Annahme, dass es sich eher um eine repräsentative spätantike Palastanlage handelt. Eine Thermenanlage aus der Zeit um 300 ist zwar nachgewiesen, wird jedoch der monumentalen kaiserlichen Residenz zugerechnet. Dass diese Anlage, wenn leider nur rudimentär, erhalten ist, verdankt sich der Tatsache, dass sie Teil der mittelalterlichen Stadtmauer des zwölften Jahrhunderts war und daher im Laufe der Geschichte nicht vollständig vernichtet wurde. Weithin sichtbar ragt heute die Ostapsis der Thermen in die Höhe.

Die Kaiserthermen aus römischer Zeit waren im Mittelalter in die Stadtmauer eingebunden und entgingen so dem Abbruch.

Unweit der Kaiserthermen ergötzten sich in der Blütezeit des Römischen Reiches Zuschauer an zumeist blutigen Spielen. Heute ist das um 100 nach Christus erbaute Amphitheater, in dem einst 20.000 Schaulustige Platz fanden, ein Ort moderner Gladiatorenkämpfe, wenn alljährlich clevere Kultur- und Tourismusmanager zu Brot und Spielen der Neuzeit rufen. Dann stürmen die Helden der Arena mit gezückten Schwertern aufeinander los oder messen sich im Faust- und Ringkampf miteinander. Auf Leben und Tod werden diese Kämpfe nicht mehr geführt, und der Unterlegene wird auch nicht wie zur Römerzeit den Löwen zum Fraß vorgeworfen.

 

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