Auf dem Weg ins Himmelreich

Per Fahrrad durchs Taubertal

Text: Axel Pinck
Fotos: Peter Frischmuth (Agentur argus, Hamburg)

Die weißgrünen Schilder des Radweges „Liebliches Taubertal“ zwischen Rothenburg und Wertheim werden uns in den nächsten Tagen leiten. Eine bestens ausgebaute Strecke, immer in Flussnähe, meistens bergab und ohne extreme Steigungen. Also genau das Richtige für eine ganz entspannte Radtour durch eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft. Wer will, kann die 120 km lange Distanz in lockeren Tagesetappen von 30 bis 40 Kilometern zurücklegen. Mit viel Zeit für ein ausgedehntes Radlerfrühstück am Morgen, für den Besuch eines mittelalterlichen Klosters am Weg, für ein Mittagsschläfchen am plätschernden Fluss oder ein erfrischendes Bad zwischendurch.

Wer stärkere Herausforderungen sucht, mag sich an Seitensprüngen versuchen, sportlichen Erlebnistouren, die auf Rundstrecken rechts und links der Tauber noch einmal 250 km auf den Tacho bringen. Und es gibt eine gut beschilderte hügelige Alternativroute, die 160 km durch Weinberge, Felder und Wälder führt und auch für eine Rückfahrt flussaufwärts geeignet wäre.

Taubertal - Radfahrer

Startpunkt Rothenburg ob der Tauber

Unser Startpunkt ist Rothenburg ob der Tauber. Das Kopfsteinpflaster des romantischen, mittelalterlichen Städtchens ist natürlich kein ideales Terrain für Fahrradfahrer und in der Hochsaison, wenn die Zahl der amerikanischen und japanischen Besucher die der Einheimischen deutlich übersteigt, kommt man ohnehin nur im Schritttempo voran. Doch genug Zeit muss sein, um den Heilig-Blut-Altar in der gotischen St. Jakobskirche zu bewundern, den der geniale Tilman Riemenschneider schon vor 500 Jahren schnitzte.

Taubertal - Rothenburg ob der Tauber - Altar von Tilman Riemenschneider

Altar von Tilman Riemenschneider inder St. Jakobskirche

Durch ein zunächst enges Tal in einer hügeligen Landschaft radelt es sich leichtfüßig dahin. Bei Tauberzell wird der Blick weiter. Muschelkalkböden, Ablagerungen eines prähistorischen Meeres, erfreuen die Silvaner-Weinreben, die hier besonders gut gedeihen.
Wer einmal selbst ein „Wunder“ erleben möchte, sollte um den 25. August bei der Herrgottskirche von Creglingen Station machen. Der Schein der untergehenden Sonne fällt dann durch ein Fenster auf die von Tilman Riemenschneider geschnitzte Altarfigur der Maria, als ob sie vom Licht erhoben gen Himmel fährt. Die Wallfahrtskirche war im 14. Jh. Ziel von Tausenden, die sich hier gegen eine Spende die Vergebung ihrer Sünden erkauften.

Wir folgen wieder in entspannter Fahrt dem launischen Fluss, der fortwährend seine Richtung ändert. Glücklicherweise müssen wir weder schnell fahren noch schnell bremsen. Der Bacchuskeller im Weinörtchen Röttingen informiert über die 1000 jährige Geschichte des Weinbaus im Taubertal. Zunächst waren es die geistlichen Herren, das Kloster Fulda, später Zisterzienser Mönche aus Bronnbach und der Bischof von Würzburg, die den Anbau der Reben förderten. Natürlich nur wegen des Abendmahls, versteht sich. Und so gelten St. Urban und St. Kilian, die Schutzpatrone des Weins, auch als die wichtigsten Kirchenheiligen im Taubertal.

Die Sonne scheint, auch ohne großes Schweißtreiben wird uns warm. Genau der richtige Zeitpunkt für ein Bad in der Tauber. An der vom Barockbaumeister Balthasar Neumann konstruierten Brücke bei Tauber-Rettersheim sind wir nicht die ersten. Eine Mutter planscht mit ihrem Sohn im erfrischenden Wasser, zwei Schulmädchen spritzen sich gegenseitig nass. Der Fluss zieht klar und ruhig vorbei. Einige Senioren betrachten das Treiben wohlwollend von der bequemen Sitzbank. Über die Brücke kommen schon die nächsten Biker.

Taubertal - Balthasar-Neumann-Brücke

Steinbrücke von Balthasar Neumann

Erfrischt schnurren wir ohne weitere Umwege nach Weikersheim. Mit dem prunkvollen Renaissanceschloss, dem einstigen Stammsitz des Hauses Hohenlohe, seiner barocken, von einer Orangerie begrenzten Gartenanlage und dem reizenden Stadtbild lohnt sich ein längerer Aufenthalt auf alle Fälle. Wer etwas Glück hat, ergattert noch eine Karte für eines der vielen Sommerkonzerte im Schlosshof. Uns interessiert ganz besonders die ungewöhnliche Alchemie Ausstellung. Graf Wolfgang von Hohenlohe, ein leidenschaftlicher Alchemist, versuchte hier um das Jahr 1600 den Geheimnissen der chemischen Zusammensetzung und der möglichen Veränderung von Stoffen auf die Spur zu kommen.
Wer bereits lahmt oder sich einen Wolf gefahren hat, kann aufatmen. Zwischen Weikersheim und Wertheim bietet die Bahn in der Sommerzeit Radwanderzüge ab, die an allen wichtigen Orten halten und für mitgenommene Fahrräder besonders geräumige Stellmöglichkeiten bereithalten.

Taubertal - Radfahrergruppe

Silvaner, Kerner und Dornfelder

Tauber und Radweg wenden sich nun wieder nach Westen. Das ist auch gut so, denn die Sonne soll uns von allen Seiten bräunen. Mönchsberg und Probstberg liegen rechts vom munteren Fluss, der Tauberberg links davon. Es grüßen jedoch keine steilen Gipfel, sondern bekannte Weinlagen, das am Wege liegende Markelsheim ist vor allem Weinkennern bekannt. Der Weinkeller der Winzergenossenschaft hat die Tauberweine im Angebot, Silvaner, Kerner, Grauburgunder, den lokalen Tauberschwarz, den zur Burgunderfamilie gehörenden Schwarzriesling, den üppigen Bacchus und den Dornfelder, fruchtig und im Barrique ausgebaut. Doch Vorsicht beim Verkosten, zuviel Wein vermindert die Wadenpower.
In Bad Mergentheim geht es ausnahmsweise nicht nur um Wein sondern auch ums Wasser. Vier Heilquellen sprudeln, mit wohltuenden Mineralien angereichert, rund ums Jahr. Von dreien lässt sich trinken, eine vierte produziert Badewasser. Abends zieht es uns in die Vinothek des Victoria Hotels gegenüber vom Bahnhof. Wer sich tagsüber abstrampelt, darf sich abends auch etwas gönnen. Wir leisten uns eine Hohenloher Taube auf Baumpilzrisotto und ein pochiertes Filet vom Weideochsen. Dazu gibt es einen dunkelroten kräftigen Lemberger aus dem Taubertal, mit einem Aroma nach Brombeeren, der auch gut zu Wild harmoniert, geradezu köstlich. Nach dieser Luxusrast mit anschließendem Tiefschlaf können wir am nächsten Vormittag die Stadt erkunden, den Marktplatz mit seinen Fachwerkbauten und die mächtige Schlossanlage der Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ritterordens.

Mittags erst mal raus aus der Stadt. Unter blauem Himmel mit Schäfchenwolken geht es bei angenehmem Fahrtwind zwischen Weinlagen bei Königshofen und Lauda nach Tauberbischofsheim. Wir sehen zwar keine Duellanten auf den Straßen, doch wir wissen, die deutschen Fechter unterhalten hier ihren Olympiastützpunkt. Einige barocke Häuser von Weinhändlern beim Marktplatz, der Zwinger aus dem 16. Jh., dazu das kurmainzische Schloss mit seinem 1280 errichteten Türmersturm oder die noch 100 Jahre früher erbaute Peterskapelle verteilen sich im historischen Stadtzentrum. Doch anders als Rothenburg oder Bad Mergentheim gibt sich Tauberbischofsheim ein modernes Image. Wer noch einmal nachempfinden will, wie er selbst vor Jahren die Schulbank gedrückt hat, braucht nur das Schulmöbelmuseum der Vereinigten Spezialmöbelfabriken zu besuchen. Hier stehen Tische und Bänke von 1900 bis heute. Auch der moderne Kibbelstuhl wir hier gefertigt, der Schülern von morgen lernförderndes „Bewegungssitzen“ ermöglicht.

Taubertal - Tauberbischofsheim

Tauberbischofsheim, Klassenzimmer auf dem Marktplatz vor dem Rathaus, mit einer Auswahl an Schulmöbeln aus dem 20. Jahrhundert

Durst, Hunger! Ein guter Grund im Vorort Impfingen bei der Besenwirtschaft vom Weingut Lauerbach einzukehren. Schließlich gibt es hier Traubensaft und einen wunderbaren Kerner, dazu den besten Käsekuchen weit und breit. Nach dieser Genusspause geht es auf dem Promenadenradweg weiter. Bei Werbach wird das Tal der Tauber schmaler, roter Sandstein begleitet uns nun bis Wertheim. Der Fluss verführt bei Niklashausen und kurz darauf bei der Tauberbrücke von Gamburg erneut zum Baden. Am Ufer dominieren Flip-Flops, wir treffen Vorsorge gegen Sonnenbrand. Ein Entenpaar beobachtet die störenden Eindringlinge in ihr Reich aus sicherer Entfernung. Gleich hinter Gamburg dreht die Tauber eine beschwipste Linksschleife und kurvt dann in kurzen Schwüngen nach Nordwesten.

Taubertal - Wertheim

Blick über den Fluss auf Wertheim

Das aus dem 12. Jh. stammende Zisterzienserkloster Bronnbach mit seinem Kreuzgang und prunkvollen Sälen sowie der mit Fresken reich verzierten Orangerie liegt schon wenige Kilometer vor Wertheim. Dort endet auch der Taubertal Radwanderweg, denn das Flüsschen mündet unwiderruflich in den breiten Main. Auf dem mittelalterlichen Marktplatz mit seinen vorbildlich restaurierten Fachwerkhäusern und dem Engelsbrunnen sind die Tische gedeckt. Cafés und Restaurants bewirten ihre Gäste mit ofenwarmen Spezialitäten. Eine letzte Kraftanstrengung findet mit dem Aufstieg zur imposanten Burgruine ihren Höhepunkt. Zur Belohnung gibt es Erfrischungen aus der Gastwirtschaft und gratis dazu einen Panoramablick auf die Stadt zu Füßen, den Zusammenfluss der Tauber mit dem Main und weit über das bayerische Mainufer. Der Landstrich dort nennt sich Himmelreich. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Reiseinformationen zum Taubertal

Tourismusverband „Liebliches Taubertal“ e.V.
c/o Landratsamt Main-Tauber-Kreis
Gartenstr. 1
97941 Tauberbischofsheim
Tel. 09341-825806
www.liebliches-taubertal.de

Informationen auch über Sehenswürdigkeiten, Pauschalarrangements, Unterkünfte, Restaurants und Imbisse, Fahrräderverleih, Karten, Weinspezialitäten.

 

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