Von Bierkrügen zu Bocksbeuteln

Radeln und Einkehren auf dem Main-Radweg

Text und Fotos: Judith Weibrecht

Deutschland Main über die Wiese

Der Main ist nicht immer der Main. Mal heißt er „der Ma“, mal „der Mä“, mal „der Mee“. So ganz normal ist er auch nicht, der Main, denn welcher mitteleuropäische Fluss fließt schon von Osten nach Westen? Manche behaupten auch, er bilde den „Weißwurstäquator“, also eine Art Grenze zwischen „Bayern“ und „Preußen“. So oder so: Etwa 600 Kilometer lang ist dieser Radgenuss, den wir vor uns haben.

Gleich zu Anfang gilt es, sich zu entscheiden, welche Quelle des Mains man besuchen will. Der Main nämlich speist sich aus derer zwei: der des Roten und der des Weißen Mains. Eine Münze werfen? Zahl bedeutet Roter Main, der wird es nun, und ab geht’s nach Creußen in der Fränkischen Schweiz, von wo aus wir zum Ursprung des Flusses radeln.

Deutschland Main Quelle

So fängt er an, der Main

Ein kleines Rinnsal, das sich von hier aus als Bach durch Wälder und Wiesen bis nach Bayreuth windet. Rot scheint er übrigens, weil ihm das Sediment des Lehmbodens diese Farbe gibt. Die Festspielstadt Bayreuth bietet einiges an Sehenswürdigkeiten: Ganze 25 Museen gibt es hier. In der in edlem Blau und Gold gehaltenen Oper fühlen wir uns ganz mondän wie einst die Markgrafen. Prunkvoll ist auch die Eremitage. Doch bei all dem Prunk sei nicht vergessen, dass man die Bayreuther auch die „Mohrenwäscher“ nennt: Einst war ein Farbiger in der Stadt zu Gast, der auf einer Kirchweih ausgestellt wurde. Die Bayreuther fühlten sich um ihr Eintrittsgeld betrogen, weil sie glaubten, so schwarz könne doch gar keiner sein, und bestanden darauf, ihn an den Main zu schleppen und dort mit Seife und Mainwasser zu waschen. Er blieb schwarz.

Schon Jean Paul liebte in Bayreuth die drei B: Bücher, Berge und Bier! Der Weiße und der Rote Main vereinigen sich südwestlich von Kulmbach, wo es sogar ein eigenes Bayerisches Brauereimuseum und Stadtführungen per Fahrrad gibt. Wir buchen eine und finden die drei P: Plassenburg, Petrikirche und Pils.

Deutschland Main Bierkrüge

Die Bierkrüge warten schon

Durch die Mainauen mäandern der Fluss und auch wir weiter. Von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein, da ist natürlich von Steigungen keine Rede! Zwei schweißtreibende Abstecher sollte man sich allerdings nicht entgehen lassen: Zum einen den zum prächtigen Kloster Banz. Und zum anderen den zur gegenüber liegenden üppig barocken Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen, die gelblich in der Abendsonne schimmert. Neben dieser wartet ein Biergarten der Alten Klosterbrauerei Trunk auf durstige Radfahrerkehlen und labt. Oder möchten Sie doch lieber einen Erdbeerkuchen aus der Klosterküche? Für architektonisch und historisch Interessierte sind die beiden Bauwerke sicher zwei der unzähligen Highlights entlang des Wegs! Vielleicht hat auch der eine oder andere die inoffizielle „Frankenhymne“ auf den Lippen und will „zur schönen Sommerzeit ins Land der Franken fahren“? Viktor von Scheffel jedenfalls soll sich im Kloster Banz aufgehalten haben, als er sie dichtete.

10 Brauereien in einer Stadt

Vorerst bleibt’s beim Bier, denn weiter geht es durchs so genannte Bierfränkische und durch kleine Dörfer mit eigenen Brauereigaststätten Richtung Bamberg. Auch die UNESCO-Weltkulturerbestadt Bamberg ist Bierstadt, wie ich erfahre, denn in die Pedale treten macht schließlich Durst. Und so kommt das „Schlenkerla“ Rauchbier gerade Recht! Wir probieren das Getränk, das angeblich nach geräuchertem Schinken und erst nach dem dritten „Seidla“ schmeckt, in der urigen gleichnamigen Kneipe. Am Stammtisch machen unter Einheimischen Anekdoten die Runde: Das Bamberger Rauchbier solle es nun aufgrund des Rauchverbots in Kneipen nicht mehr geben. Ganze zehn Brauereien gibt es hier, die man besuchen könnte.

Deutschland Main Gasthaus

Rauchbier im historischen Gasthaus

Doch alles hat ein Ende und nun wieder rauf auf den Sattel, unter dem Alten Rathaus hindurch, das mitten im Wasser der Regnitz steht und vorbei am romantischen Fischerviertel „Klein Venedig“. Die Beschilderung mit dem Logo des Mainradwegs, ein stilisierter schleifenreicher weißer Fluss auf blauem und grünem Grund, weist den Weg, und so rollen wir weiter bis nach Limbach mit seiner Wallfahrtskirche, einem Werk Balthasar Neumanns und seines Sohnes. Irgendwo hier muss sie schließlich verlaufen, die Bier- und Weingrenze, und man taucht ein ins „Weinfränkische“. Von Bierkrügen zu Bocksbeuteln! Die Reben ziehen sich links und rechts des ab Bamberg schiffbaren Flusses den Hang hinauf: Grün mit blauem Himmelhintergrund.

Deutschland Main Bierdeckel

Auch ein Souvenir aus Bamberg

Hinter Schweinfurt beginnt das so genannte Maindreieck zwischen Schweinfurt, Ochsenfurt und Gemünden. Weindreieck könnte man es auch nennen, denn bald reiht sich ein schmuckes Winzerdörfchen ans nächste. In Wipfeld nehmen wir eine Mainfähre, um auf die andere Seite zu gelangen, nur um in Obereisenheim schon wieder auf eine zu radeln, denn gegenüber lockt der „Gasthof zum Schiff“ mit Mainterrasse und Blick auf die Geschehnisse am Wasser. „Meefischli“ werden angeboten und Silvaner oder Müller Thurgau der Weinlage „Obereisenheimer Höll“. Fränkische Gastfreundschaft wird groß geschrieben, auch in Volkach, das am „Scheitelpunkt“ der Mainschleife liegt. Denn abends erwarten den müden Radler neben zahlreichen Wirtshäusern die Bett&Bike-Gastbetriebe oder Betriebe mit dem Gütesiegel „Fahrradfreundlicher Hotel- und Gaststättenbetrieb“ des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Da bleiben wahrlich keine Wünsche offen!

37 Kirchen in einer Stadt

Für Feinschmecker ist gesorgt, das sieht man schon an der Landschaft: ein Spargelfeld, blühende Zwetschgen-, Apfel- oder Kirschbäume, die herrliche Kuchen, Marmeladen oder Obstbrände ergeben, die Mainfische wie Waller, Zander oder Saibling und Rebhänge, natürlich. Im fränkischen Weinland auf diesen sonnenverwöhnten Weinbergen gedeihen Rebensaft und edle Tropfen besonders gut. Die Winzerorte, wirken im Sonnenlicht fast mediterran, Vinotheken in Nordheim und Sommerach informieren über alles, was der Gast wissen möchte. Die große Mainschleife allerdings ist auch in sich noch schlingen- und schlaufenreich, so dass man nicht allzu tief ins Glas gucken sollte. Mal hat man hier die Sonne im Rücken, mal wird man von vorne beschienen. Und auch die fränkischen Würste sollen nicht vergessen werden.

Deutschland Main Fähre

Immer mal wieder: Main-Überquerung per Fähre

In der Universitätsstadt Würzburg sehen wir viele Radfahrer, und die Festung Marienberg grüßt vom Berg herunter. Doch der typische Radtourist wird wohl als erstes durch die Stadt der 37 Kirchen zur fürstbischöflichen Residenz fahren, einem weiteren Bauwerk Balthasar Neumanns, um u. a. das Deckenfresco von Tiepolo, mit 600 qm das größte Deckenfresco der Welt, zu bestaunen. Unter der Residenz liegt der Staatliche Hofkeller, in dem, wie könnte es anders sein, Wein gelagert wird, und auch den Hofgarten und die Hofkirche sollte man nicht auslassen, bevor es wieder hinunter geht zur Alten Mainbrücke. Auf dieser liegt praktischerweise ein weiteres dieser gastlichen Wirtshäuser, die „Alte Mainmühle“, und auch der Mainradweg führt direkt über die Brücke mit den steinernen Figuren.

Deutschland Main Winzerdorf

Wein-Franken

Nun aber los und flugs über die Brücke geradelt! Ein Stück weit geht es linksmainisch weiter, die Weinberge werden langsam weniger, die Bewaldung peu a peu dichter. Im idyllischen Städtchen Karlstadt bleiben wir über Nacht im „Hotel Mainpromenade“, wo wir, der Name verrät es schon, vom Balkon aus den Mainschiffern zuwinken können. Wo es ein Maindreieck gibt, gibt es natürlich auch ein Mainviereck: Die Strecke Gemünden – Wertheim, Miltenberg, Aschaffenburg bildet dieses. Anfangs ist sie vom bayerischen Spessart mit all seiner Schönheit geprägt: Dichte grüne Wälder, rote Bundsandsteinfelsen und grüne Spessartwälder. Angst, dass einem die Packtaschen entrissen werden, braucht man keine zu haben, denn Spessarträuber soll es ja keine mehr geben.

Metropolenschock in Frankfurt?

Hinter Aschaffenburg mit seinem weithin sichtbaren Schloss heißt es dann wirklich: „De Hesse komme!“ und mit ihnen der Äbbelwoi. In Mainflingen kann man das erleben, wo man über eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke die Seite wechselt und sich plötzlich im Bundesland Hessen wieder findet. Nicht weit danach kommt man dann durch das hübsche Kleinod Seligenstadt, eine der ältesten Städte Deutschlands, das wieder einen Stopp lohnt. Dort gibt es allerlei Sehenswertes wie z. B. die Einhard-Basilika mit der angrenzenden Benediktinerabtei und ihrem idyllischen Garten oder romantische Fachwerkhäuschen in verwinkelten Gassen.

Deutschland Main Dorfbrunnen

Vom Dorf ...

Am Hessischen Untermain radeln wir aber auch durch Großstadtlandschaften und durch die grünen Lungen der Städte, das Kraftwerk bei Großkrotzenburg im Blick, Schloss Steinheim und Schloss Philippsruhe bei Hanau, und schließlich durch Offenbach und der Skyline von Frankfurt entgegen. Die Uferpromenade Mainhattans entlang bietet sich eine wahrhaft prächtige Kulisse neben Radweg und Fluss. Brücken, Brücken, Brücken und Hochhäuser! Fast erleidet man einen Metropolenschock nach den ruhigen Dörfern. Dieser Radweg bietet wirklich alles! Darauf genehmigen wir uns einen ersten Äbbelwoi auf einem bewirtschafteten Boot am Fluss.

Deutschland Main Skyline Frankfurt

... in die Metropole

Das Ende ist nah. Nun geht es noch hinter Flörsheim den sehr breiten Main entlang durch die Hochheimer Weinberge, aus deren Reben auch Sekt hergestellt wird. An der Maaraue kurz vor Mainz schwant einem schon Übles, der Main ist sooo breit, und ein mulmiges Gefühl macht sich in der Magengrube breit. Wie lange bleibst du noch bei uns? Der Rhein schluckt dich! An der so genannten Mainspitze mündet er dann tatsächlich gegenüber der Mainzer Zitadelle in den Rhein. Das Finale führt über die Theodor-Heuss-Brücke, die den Rhein überspannt, nach Mainz hinüber. Insgesamt eine herrliche Radtour auf einem vorbildlichen Flussradweg, vielleicht einem der schönsten Radwege überhaupt.

 

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