Nicht nur vier Ringe

Zu Besuch in Ingolstadt

Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther

Wir sind an der Donau, in der ehemaligen Festungsstadt Ingolstadt. Doch blau ist die Donau hier nicht, auch wenn stets von der blauen Donau geredet wird. Ingolstadt ist eine kunstsinnige Stadt, in der konkrete Kunst ebenso geschätzt wird wie Alf Lechners geschmiedete Stahlskulpturen. Hier spielt Mary Shelleys Roman des Dr. Frankenstein, dessen Spuren man auf einer Mystery Tour folgen kann. Doch Ingolstadt steht auch für vier Ringe als Firmenzeichen des Automobilbauers Audi. Hervorgegangen ist das heutige Unternehmen aus der Verschmelzung von Audi, Horch, Wanderer Automobile und DKW – daher auch die vier miteinander verbundenen Ringe als Firmen-Logo.

Teile der ehemaligen Festung Ingolstadt: Kavalier Elbracht

Teile der ehemaligen Festung Ingolstadt: Kavalier Elbracht

Bereits ein Blick auf den Stadtgrundriss verrät, dass Ingolstadt eine Festungsstadt war. Noch erhalten ist als Teil des sogenannten bastionären Systems der Künstlergraben mit einer sogenannten Lünette, in der heute das Haus der Jugend untergebracht ist. Südlich der Donau erstreckt sich im Klenzepark ein Festungswerk, zu dem die Reduit Tilly ebenso gehört wie die Flankenbatterie und der Turm Triva. Auf der Seite der Altstadt befinden sich zwischen Esplanade und Östlicher Ringstraße unter anderem der Kavalier Dallwigk und der Kavalier Heydeck. Auch die Ringstraßen bezeichnen in ihrem heutigen Verlauf die Ummantelung der Stadt mit einem Festungswerk. Ähnliches gilt auch für die Straße Auf der Schanze, an der sich der Kavalier Hepp befindet. Dass Ingolstadt Landesfestung war, geht auf die Lage der Stadt an den wichtigen Handelsstraßen nach Ulm, Regensburg sowie Augsburg und München zurück. Im 16. Jahrhundert wurde auf Geheiß des damals regierenden Herzogs Wilhelm IV. der bastionäre Festungsbau begonnen. Doch diesen Festungsbauten wurde durch das Schleifen der Festungswerke während der napoleonischen Regentschaft ein Ende gesetzt. Nur wenige Jahre später erhielt u. a. der durch Bauten wie die Walhalla oder die Alte Pinakothek in München bekannt gewordene Baumeister Leo von Klenze den Auftrag, eine neue Festung zu konzipieren. Aus dieser Zeit stammen die das Umfeld überragenden Geschützstellungen wie der Kavalier Heydeck.

Das Zelt des Großwesirs

Ingolstadt - Das Neue Schloss mit Schlosshof

Das Neue Schloss mit Schlosshof

Die Universitätsstadt besitzt nicht nur beeindruckende Festungsbauten, sondern auch eine der größten süddeutschen Hallenkirchen. Nicht zu übersehen ist das Münster „Zur Schönen Unserer Lieben Frau“. Gleiches gilt auch für den markanten Rathausturm, mal ganz zu schweigen von dem eher an eine mittelalterliche Burganlage erinnernden, weiß geschlämmten Neue Schloss, das nicht weit vom Donauufer entfernt erbaut wurde .Es besteht aus dem dreigeschossigen Palas mit vier markanten Ecktürmen. Wer sich für Militärgeschichte interessiert, wird in dem im Schloss untergebrachten Bayerischen Armeemuseum (1) auf seine Kosten kommen. Während der Besucher des Schlosses die Geschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert verfolgen kann, wird der blutige Erste Weltkrieg in der Reduit Tilly erlebbar. Im Schloss ist nicht nur zu erfahren, was es mit den Pappenheimern auf sich hat, sondern der Besucher kann auch die wertvolle Beute aus den Türkenkriegen bestaunen, darunter das bei der Schlacht von Mohacs 1667 erbeuteten Zelt eines Großwesirs. In der Reduit Tilly taucht man hingegen in den Alltag der Schützengräben und des Stellungskriegs ein.

Monumentale Skulpturen und konkrete Kunst

Ingolstadt - Alf Lechner: Geborgenheit für Marie Luise Fleißer, 1998

Alf Lechner: Geborgenheit für Marie Luise Fleißer, 1998

Das Bayerische Armeemuseum ist nur eines von weiteren sehenswerten Museen Ingolstadts, zu denen das Deutsche Medizinhistorische Museum, das Stadtmuseum, das Museum für konkrete Kunst und das Lechner Museum gehören. Die Arbeiten des auf dem ehemaligen Eisenhüttengelände Obereichstätt arbeitenden Bildhauers Alf Lechner sind nicht nur im Museum, sondern auch im Stadtraum zu finden. Vor dem Neuen Schloss hat seine zweiteilige. abstrakte Stahlskulptur ihren Platz, mit der an die Ingolstädter Schriftstellerin Marie Luise Fleißer erinnert wird. Unter Bezug auf das Festungswerk der Stadt entstand die Arbeit „Gespannter Bogen“, die unweit eines Kavaliers ihren Platz gefunden hat.

Ein riesiges angerostetes T steht vor dem Turm Triva im Klenzepark und auch Lechners Ringskulptur Ingolstadt wurde bewusst in der Nachbarschaft zu einem weiteren Festungsbau installiert. Untergebracht ist das Lechner Museum (2) in einer umgenutzten Audi-Fabrikhalle, die sich trotz der musealen Nutzung durch sechs markante Sheddächer als solche unschwer erkennen lässt. Bei der Umgestaltung wurde der Hallencharakter erhalten, um den großformatigen Arbeiten des Künstlers genug Raum zu bieten. Gleichfalls der Kunst der Moderne und der Gegenwart widmet sich das Museum für konkrete Kunst (3). Rund um dieses Haus finden sich einige monumentale Skulpturen wie „A27“ von Gerhard Jäckel. In der Sammlung befinden sich zum Beispiel Arbeiten von Max Bill, Hans Arp, Josef Albers und Otto Herbert Hajek.

Ingolstadt - Gerhard Jäckels Skulptur „A 27“

Gerhard Jäckels Skulptur „A 27“

Von Horch bis ...

Wer das museum mobile (4) besucht, der wird in dem zylindrischen Museumsbau von Stockwerk zu Stockwerk über die Pioniere des Automobilbaus ebenso Spannendes erfahren wie über die „Helden der Rennpisten“, zu denen die Rallyefahrerin Michèle Mouton, die für den ersten Sieg für Audi in einem Marken-WM-Lauf sorgte, und der Rennfahrer Bernd Rosemeyer gehörten.

museum mobile – Audi in Ingolstadt

museum mobile – Audi in Ingolstadt

Zu den Personen der Firmengeschichte, denen sich das Museum widmet, gehört auch August Horch, ein Autobauer, ohne den es nie den Horch 8, eine imposante Pullmann-Limousine, und den Horch 10-12 PS Tonneau mit Zweizylindermotor gegeben hätte. Themen wie „Der Traum vom Fahren“, „Die Rollenden Zwanziger“, „Der Zweite Weltkrieg“ und „Motorsport: Erfahrungen im Grenzbereich“ sind entsprechende Fahrzeugexponate zugeordnet. Großfotos in Schwarz-Weiß illustrieren zudem das Zeitgeschehen. Ein „Zeitstrahl“ mit entsprechenden Kurzinformationen zum jeweiligen Zeitgeschehen dient der weiteren Orientierung. Dabei werden auch Themen wie „Audi als Rüstungsbetrieb“ und „Einsatz von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen in der Audi-Fertigung“ angerissen. Passend dazu sieht man das für die Wehrmacht produzierte Motorrad DKW NZ 350/1 und den geländegängigen Horch 901 Typ 40.

Ingolstadt - Der „letzte Horch“, Pullmann-Limousine Horch 830 BL (Bj. 1953) entwickelt für einen der Geschäftsführer der Audi Union AG

Der „letzte Horch“, Pullmann-Limousine Horch 830 BL (Bj. 1953) entwickelt für einen der Geschäftsführer der Audi Union AG

Doch die Ausstellung, chronolgisch-thematisch präsentiert, beginnt selbstverständlich mit den Ursprüngen des fahrbaren Untersatzes. Zu den „Urtypen“ des Autos gehört der ausgestellte rote Horch 10-12 PS, der bereits über eine Kardanwelle und nicht über einen Hinterachskettenantrieb verfügte. 1903 erblickte dieser PKW der Firma A. Horch & Cie – gegründet 1899 – das Licht der Welt.

Mit Näh- und Strickmaschinen begann es

Dass einige Autobauer erst einmal mit Nähmaschinen, Strickmaschinen und Zweirädern ihren Erfolg zu machen suchten, so das Unternehmen von Christian Schmidt und Heinrich Stoll, gehört zur weniger bekannten Technikgeschichte des Autos und zur Audi-Unternehmenshistorie. Bei Wanderer beispielsweise begann man mit einem Fahrradmodellbauprogramm und dem Motorradbau – u. a. Wanderer 2 PS (1914) –, ehe man sich mit dem Auto beschäftigte.

Ingolstadt - DKW 3=6 Sonderklasse Typ F91, Gesamtproduktion 72600 Stück

DKW 3=6 Sonderklasse Typ F91, Gesamtproduktion 72600 Stück

Das Innenleben eines Autos – zu sehen ist das Schnittmodell des Audi 80/0 PS – bleibt dem Besucher ebenso wenig verborgen wie die Entwicklung des Designs: Ein feuerroter Horch 8, ein offener Tourenwagen von 1927, zieht die Blicke der Autoliebhaber ebenso an wie das schwarze Wanderer Cabriolet W 40, ausgestattet mit dem von Ferdinand Porsche entwickelten Sechszylindermotor. Der silbrig-metallic lackierte Bergrennwagen der Auto Union symbolisiert ein Kapitel der Beteiligung von Audi am Motorsport. Gleiches gilt für den Audi Rallye quattro A2 (1983), von dem lediglich 61 Stück vom Band liefen. Vorgestellt wird auch das Auto des Wiederaufbaus in Deutschland und des Wirtschaftswunders: der zweitürige DKW mit Kofferbrücke, der in den 1950er Jahren die stolze Summe von 5670 DM kostete. Recht flott und zweifarbig – Weiß und Rot – kam das Auto Union Coupé 100 S in den 1960er Jahren daher. In Olivgrün lackiert wurde der DKW Junior, den man ebenso im Museum zeigt wie den Roadster von Audi.

Ingolstadt - Audi Sport quattro Bj. 1984, Preis 203850 DM, Gesamtproduktion. 214 Stück

Audi Sport quattro Bj. 1984, Preis 203850 DM, Gesamtproduktion: 214 Stück

Übrigens, für vertiefende Informationen finden sich auf allen Etagen und in allen Bereichen des Museums Postkarten mit rückseitigen Informationen zu Themen wie „Auto als Gesamtkunstwerk“ und „Deutscher Damen-Automobil-Club“ sowie zu den Siegen der Audi quattro bei der Markenweltmeisterschaft im Rallyesport.

 

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