Sehenswürdigkeiten in Berlin

Philharmonie

Was die 1963 eröffnete Philharmonie, die eine Bausumme von etwa 8,5 Mio. Euro verschlang, so einmalig macht, ist die Verbindung von Expressionismus und organischem Bauen. Auch wenn die Sonne nicht am Himmel von Berlin lacht, die Philharmonie verströmt mit ihrer goldgelben Außenhaut und ihrem organischen Schwung ein Hauch von Wärme in der doch teilweise unwirtlichen Stadt. Auch die benachbarte Staatsbibliothek, die von Tausenden von Nutzern Jahr für Jahr aufgesucht wird, weist eine sonnenblumengelbe Außenhaut auf. Diese Außenverkleidung erfolgte 1978 bis 1981 mit goldeloxierten Lochblechen.

Berlin: Philharmonie

Beide von Hans Scharoun konzipierten architektonischen Hingucker begrenzen das so genannte Kulturforum. Dieses entstand als Westberlins Antwort auf den Verlust der Museumsinsel zwischen Lustgarten und Spree infolge des Mauerbaus 1961. Während die Museumsbauten der Museumsinsel noch den Geist des 19. Jahrhunderts verströmen, sollten Kunst und Musik mit dem Kulturforum eine zeitgemäße moderne Heimstatt finden. Seit der Fertigstellung der Museumsbauten konkurrieren Ludwig Mies van der Rohes kühle Neue Nationalgalerie, die sich als offene Glashalle aus einem Sockel erhebt, mit dem Kunstgewerbemuseum, der Gemäldegalerie und dem Musikinstrumentenmuseum um die Besucher.

In der Trümmerlandschaft Akzente setzen

Nach dem Zweiten Weltkrieg – am 30. Januar 1944 wurde die Philharmonie durch Bomben zerstört – galt es die Stadtlandschaft neu zu gestalten. Scharoun fühlte sich dazu berufen und war zeitweilig auch als Stadtbaurat für den Wiederaufbau zuständig. Doch die Pläne, im Stadtraum offene Räume und soziales Grün vorzusehen, scheiterten. Auch in der Konzeption des Kulturforums spielt gestaltetes Grün eine eher untergeordnete Rolle. Entstanden sind eine Piazetta vor dem Kunstgewerbemuseum und der Gemäldegalerie sowie eine von wenigen Bäumen gesäumte Sandfläche vor der St.-Matthäus-Kirche.

Herr von Karajan schwang jahrelang den Taktstock

Sydney hat sein Opernhaus, Berlin seine Philharmonie. Beides sind Bauwerke von Weltrang, auch wenn sie bisher nicht von der UNESCO als Weltkulturerbe geadelt wurden. Scharoun hat es verstanden, mit seiner beschwingten Architektur die Arena neu zu schaffen. Nicht die klassische Guckkastensituation und die axiale Ausrichtung des Zuschauerraums auf den Bühnenraum sollte im Inneren entstehen, sondern die Musik sollte den Mittelpunkt bilden, um den sich die Zuschauer im Kreis scharen.

Von Innen nach Außen sollte sich der Raum und die dafür notwendige Hülle entfalten. Den eigentlichen Konzertsaal ließ der Architekt auf einem zweigeschossigen Sockel errichten. Der zentrale Baukörper mit seinen beschwingten Dachlinien, die an eine Pagode oder an ein riesiges Zirkuszelt denken lassen, gleicht einem Monolithen. Nur wenige Fenster und runde Bullaugen öffnen die Haut des Gebäudes.

Lange Jahre war es Herbert von Karajan (1908 - 1989), der zusammen mit den Berliner Philharmonikern den Ruhm des Hauses mit begründete. Mit dem neuen Chefdirigenten Sir Simon Rattle verfügt das Haus seit 2002 über einen weiteren "Stardirigenten":

Nomadenzelt oder Zirkus Karajani

Von Fachleuten hoch geschätzt wird der Konzertsaal wegen seiner hervorragenden Akustik. Inzwischen ist auch die zentrale Bühne längst Alltäglichkeit. Weit in den Straßenraum ragt das Dach des Foyers, gleichsam ein Baldachin für eintreffende Konzertbesucher. Lobend schreibt Henri Stierlin in »Comprende l'Architecture universelle 2«: »Die Philharmonie ist wohl Hans Scharouns ausgereiftestes Werk, das sowohl den rechten Winkel als auch die Symmetrie verabscheut. Die geschwungenen Dachlinien und Decken erinnern an ein riesiges Nomadenzelt. Dabei hat Scharoun darauf geachtet, die äußere Schale als Schale zu verstehen und dem Inneren die ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.« In diesem Sinne und dank frecher Schnauze verpassten die Berliner Scharouns Philharmonie gleich einen passenden Namen: »Zirkus Karajani«.

Berlin: Philharmonie

Doch ein Wermutstropfen bleibt. Das, was bei der Auslobung des Wettbewerbs für das Kulturforum noch als städtebauliches Meisterwerk galt, wird unterdessen längst von den Bauten des nahen Potsdamer Platzes bedrängt. Die Höhen dominieren unterdessen das Sony-Center und andere Büro- und Wohnhäuser, die nach der politischen Wende das einstige Grenzland überziehen. Unaufhörlich drängt sich ein Band vorbeirauschender Fahrzeuge entlang des Landwehrkanals und über die Potsdamer Straße, die das eigentliche Kulturforum von der Staatsbibliothek trennt. Scharouns Idee eines akzentuierten städtischen Raums scheint unterdessen zu einer Ansammlung von Solitären verkommen zu sein. Betonseligkeit überwiegt und die Rampe zur Gemäldegalerie ist auch keine wirkliche Piazetta. Man ahnt nichts Gutes für die weitere Entwicklung des Kulturforums!

Berliner Philharmonie
Herbert-von-Karajan-Str. 1
10785 Berlin
Tel. 0 30 / 25 48 80

Führungen durch die Philharmonie und den Kammermusiksaal: täglich 13 Uhr (außer am 24., 25., 26. und 31. Dezember sowie am 1. Januar), Treffpunkt: Künstlereingang der Philharmonie (Pförtner der Philharmonie).

 

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