Bulgarien im Überblick

Bei Bulgarien stellt sich rasch die Assoziation "Balkan" ein. Ganz so falsch ist das nicht, zieht sich doch die gleichnamige, langgestreckte Gebirgskette, Namensgeberin des gesamten südosteuropäischen Raumes, auf einer Länge von 420 km von Ost nach West mitten durch das kleine Land. Überhaupt sind es die Gebirge und Hügellandschaften, die den Charakter Bulgariens prägen: Zu eindrucksvollen Gebirgstouren laden die kargen alpinen Regionen des Rila- und des Pirin-Gebirges im Südwesten des Landes ein.

Mit dem 2925 Meter hohen Mussala erhebt sich hier auch der höchste Gipfel des Landes. Nach Osten hin schließen sich die etwas lieblicheren Rhodopen an, über weite Strecken mit dichten, sattgrünen Tannen- und Kiefernwäldern bedeckt.

Wandern im Pirin-Gebirge

Auch das Pirin-Gebirge ist für Wanderer gut erschlossen

Das Balkan-Gebirge im Zentrum Bulgariens teilt das Land geographisch und klimatisch in zwei Zonen. Noch vor einem Jahrhundert konnte diese Verkehrs- und Wetterscheide zwischen Süden und Norden nur auf ganz wenigen Passstraßen mühsam überwunden werden. Bis zur Donau hin schließen sich an das Balkan-Gebirge weite Ebenen an, die auch den Südosten des Landes bedecken. Bis an den Rand des Horizonts schweift hier das Auge über endlose Getreidefelder. Dazwischen leuchten die weißen Büschel der Baumwolle, das Grün der Tabakstauden und das leuchtende Gelb kilometerlanger Sonnenblumfelder. Auf duftenden Rosenfeldern wird der Rohstoff für das weltweit begehrte kostbare Rosenöl geerntet.

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Einen Zauber ganz eigener Art übt der 378 km lange Küstenstreifen am Schwarzen Meer aus. Mit seinen langgezogenen Sandstränden ist er in den Sommermonaten Juli und August fest in der Hand von sonnenhungrigen Badeurlaubern aus Ost und West. Preisgünstige Angebote an kinderfreundlich flach abfallenden Stränden machen die bulgarische Schwarzmeerküste gerade für Familien attraktiv. Die großen Seebäder wie Albena, Slatni Pjassaci (Goldstrand) und Slancev Brjag (Sonnenstrand) sind reine Touristenorte mit einem breiten Freizeitangebot und Unterkünften jeder Kategorie. Daneben findet man aber auch traditionsreiche Küstenstädte wie das geschichtsträchtige Nessebar mit seiner Altstadt auf einer Halbinsel, die nur durch einen schmalen Damm mit dem Festland verbunden ist. Auch das quirlige Varna mit den nahe gelegenen Ausflugszielen des Höhlenklosters Aladsha und des so genannten Steinernen Waldes, bulgarisch pobiti kamani, sorgen für Abwechslung zum reinen Strandurlaub.

Badespaß am Schwarzen Meer

Badespaß im Hotelpool am Schwarzen Meer

Bisher weitaus weniger bekannt sind die reizvollen Wintersportgebiete im Südwesten Bulgariens. Borovez am Nordhang des Rila-Gebirges, das etwas weiter südliche gelegene Pamporovo mitten in den Rhodopen und Bansko am Fuß des Pirin-Gebirges sind relativ schneesichere Regionen mit gut ausgebauter Infrastruktur auch für den kleinen Geldbeutel.

Ein besonderes Naturschauspiel bieten die Felsen von Belogradschik im nordwestlichen Bergland Bulgariens. Bizarr geformte Sandsteintürme ragen zum Teil über 100 Meter hoch in den Himmel. Nicht weit davon entfernt birgt die Tropfsteinhöhle von Magura Felsmalereien aus der Bronzezeit, auf denen Tiere und Jagdszenen dargestellt sind.

Die Hauptstadt Sofia ist das unbestrittene Zentrum des Landes. Bequem läßt sich die Innenstadt zu Fuß durchstreifen. Neben dem Wahrzeichen der Metropole, der prunkvollen Alexander-Nevski-Kathedrale, deren Krypta die bedeutendste Ikonensammlung des Landes beherbergt, ist ein Besuch des Nationalmuseum für Geschichte zu empfehlen. Zu seinen kostbarsten Ausstellungsstücken zählt der thrakische Goldschatz von Panagjurischte mit reliefgeschmückten Gefäßen aus dem 3. Jh. v. Chr. und der noch ältere Silberschatz von Rogoshen. Die Kirche von Bojana wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

In der auch heute noch etwas verträumt wirkenden Altstadt von Plovdiv mit ihren ansehnlichen Bürgerhäusern aus der Zeit der "Nationalen Wiedergeburt" fühlt man sich fast ins 19. Jh. zurückversetzt. Die ehemalige Hauptstadt des Zweiten Bulgarischen Reiches, Veliko Tarnovo, erinnert mit ihren zahlreichen Kirchenbauten an eine Zeit, in der Bulgarien sogar dem mächtigen Nachbarn Byzanz zu trotzen vermochte. Aufgrund seiner vorbildlich restaurierten Fresken sollte man dort auf keinen Fall den Besuch der kleinen Kirche Sveti Petar i Pavel versäumen.

Die Dobrudsha im Nordosten Bulgariens

Endlos erscheinende Sonnenblumenfelder
in der Dobrudsha im Nordosten Bulgariens

Wer sich zu einer Reise abseits ausgetretener Touristenpfade entschließt, wird überall auf die Spuren einer uralten Geschichte stoßen. Eine Ahnung von der hochstehenden Kultur der Thraker, jenes Volkes der Antike, von dem bereits Homer berichtet, erhält man im freskengeschmückten thrakischen Grabmal von Kasanlak im Balkangebirge. Es wurde im 3. Jh. v. Chr. angelegt und von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Die anmutige Darstellung des hier bestatteten Ehepaars, das sich zum Abschied die Hand reicht, beeindruckt sowohl durch ihre Farbgebung als auch durch die Würde der Szene.

Auf Reste des bulgarischen Mittelalters stößt man im Südosten des Landes bei Jambol, die Grabungsstätten von Pliska und Preslav, die ehemaligen Hauptstädte des Ersten (7. - 11. Jh.) und Zweiten (12. - 14. Jh.) Bulgarischen Reiches. Von Pliska nur 20 Kilometer entfernt prangt an einen Felsen das einzige mittelalterliceh Monumentalrelief Europas, der Reiter von Madara (Weltkulturerbe der UNESCO) aus dem 8. Jh. Es ist in 23 Meter Höhe aus der Felswand herausgemeißelt und zeigt einen Mann zu Pferd mit einem Löwen und einem Hund als Begleiter.

Nachdem sich das Christentum im 9. Jh. durchgesetzt hatte, entwickelte sich in Bulgarien eine blühende Klosterkultur. Weit über 100 Klöster blieben bis heute - zum Teil nur als Ruinen - erhalten. Das im 10. Jh. gegründete Rilakloster südlich von Sofia ist das berühmteste unter ihnen. Die von Arkadengängen umgebene Klosterkirche mit ihren farbenprächtigen Malereien ist das wohl meist fotografierte Bauwerk des Landes. Zu den großen Sehenswürdigkeiten des Landes zählt auch das Batschkovo-Kloster bei Plovdiv. Es wartet mit einzigartigen Fresken aus neun Jahrhunderten auf, unter anderem mit Wandgemälden von Sachari Sograf (1810 - 1853), dem wohl bekanntesten bulgarischen Maler des 19. Jhs. Wer Einsamkeit und Stille bevorzugt, der sollte dem abgelegenen Roshen-Kloster im Südwesten des Landes einen Besuch abstatten.

Viele steinerne Zeugnisse der osmanischen Epoche sind zerstört worden, erhalten blieb jedoch die Tombul-Moschee in Schumen. Diese schönste und größte Moschee des Landes wurde Mitte des 18. Jhs. errichtet und kann mit reichen ornamentalen Verzierungen aufwarten. Weitere sehenswerte Moscheen befinden sich in Sofia, Plovdiv und Rasgrad.

Wer Bulgarien wirklich kennenlernen möchte, sollte eines der traditionellen Dörfer aufsuchen. Einzigartig ist der Ort Arbanassi in der Nähe von Veliko Tarnovo. Die mächtigen Bauten des Dorfes, die einst einflußreichen Handelsherren gehörten, zeugen noch heute vom einstigen Reichtum seiner Bewohner. Sehr schöne Beispiele für die filigrane Holzschnitzkunst des 19. Jhs. findet man auch in den beiden ostbulgarischen Dörfern Kotel und Sheravna.

Helmuth Weiss


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