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Who Cares? Geschichte und Alltag der Krankenpflege

Neben einem klassischen Katalogteil finden sich in der vorliegenden Veröffentlichung eine Reihe von Beiträgen, die sich mit der Geschichte der Pflegenden und ihrer Kranken ebenso wie mit der Kommunikation in der Pflege auseinandersetzen. Insoweit handelt es sich trotz des Titelzusatzes „Ausstellungskatalog“ nicht um eine klassische Form des Katalogs, in dem alle Exponate aufgeführt werden. Sicher, die in puncto Pflege präsentierten „Ausstellungskapitel“ wie „Zeit“, „Mobilität“ oder „Ernährung und Ausscheidung“ werden in Bild und Text vorgestellt, doch der Anteil der Essays ist durchaus gewichtig.

Who Cares? Geschichte und Alltag der Krankenpflege

Aufschlussreich ist im Vorwort des Bandes die Erläuterung des Ausstellungstitels durch den Leiter des Medizinhistorischen Museums Berlin, Herrn Prof. Dr. Thomas Schnalke, der auf die Doppeldeutigkeit bzw. Doppelsinnigkeit von „Who cares“ hinweist. Es ist nicht nur im Sinne von „Wer pflegt“ zu verstehen, sondern auch im Sinne „Wen kümmert es denn“, begleitet von einem Schulterzucken angesichts der Tatsache, dass eh nichts mehr zu ändern ist. Mit der Idee und Konzeption der Ausstellung setzt sich die Ausstellungskuratorin Isabel Atzl auseinander, reißt das Phänomen des Helfersyndroms unter Pflegenden ebenso an wie die Professionalisierung der Krankenpflege. Dabei vernachlässigt sie nicht den Aspekt des Einflusses der Ärzte auf den Pflegeberuf. Ausgehend von dem Credo „Geschichte ist die Quelle unserer Identität, unsere kulturelle DNA.“ führt Sylvelyn Hähner-Rombach den Leser in die Pflegegeschichte ein. Sie streift dabei auch den Ursprung der Pflege als „Christenpflicht“, geht auf Krankenpflegeorden und Schwesternschaften im kirchlichen Umfeld ein, und erwähnt zumindest auch die Verstrickung des Pflegepersonals in die Morde an Patienten während des NS-Regimes. Krankenpflege als Teil des „Kriegsdienstes“ findet in ihrer Abhandlung überdies Raum. Das Verhältnis von Pflegenden zu ihren Patienten ist das Thema, das Karen Nolte in ihrem Artikel bearbeitet. Dabei greift sie auf historische Quellen zurück, so auf Schwesternbriefe der Kaiserswerther Diakonissen. Zum Kern ihres Beitrags gehört auch die Untersuchung der Beziehung der Schwestern zu armen und zu reichen Patienten, vor allem aber der Hinweis darauf, dass Überzeugungen vorherrschten, der Krankheitsprozess sei eine „Schule des Herren“ und die „Strafe Gottes für sündige Kranke.“ Zurückgehend auf Florence Nightingale - „Pflege unterstützt die Genesung des Patienten“ – geht Hedwig François-Kettner der Frage nach, welche Kernkompetenzen für die Pflege zu gelten haben. Das liest sich dann eher wie ein Kanon von Qualifikationen für heutige und zukünftige Pflegekräfte. Die gleiche Autorin befasst sich zudem mit der „Zukunft der Pflege“. Leider fehlen in der vorliegenden Veröffentlichung die O-Töne von Pflegekräften, die in der Ausstellung in einer „Hörbox“ abrufbar sind. Im Katalogteil vermisst man zudem Hinweise und Fotos auf die tatsächliche Ausstellungsarchitektur, die in der Tat versucht, die äußeren Bedingungen von Pflege in den uns bekannten Institutionen wirklichkeitsnah zu inszenieren.

© fdp

Hrsg.: Isabel Atzl: Who Cares? Geschichte und Alltag der Krankenpflege (Ausstellungskatalog), 128 Seiten, Frankfurt am Main 2011, ISBN: 9783863210090, Preis 19,90 Euro.



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