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Tag und Nacht und auch im Sommer

McCourtEs hat mich immer schon interessiert, ob Frank McCourt auch noch andere Facetten hat. Er, der in seinem Erstlingswerk „Die Asche meiner Mutter“ die unglücklichste aller Kindheiten erlebte, nämlich die „katholische, irische Kindheit“ in Limerick. Zu zielstrebig, zu unerschütterlich überwand er die tragischsten Ereignisse, wie den Tod seiner drei Geschwister und die beißenden Schuldgefühle bezüglich seiner aufkeimenden Sexualität. Zu hoffnungsvoll und vorbestimmt war sein Amerikanischer Traum…

Ich wusste es doch! Im dritten Teil seiner Memoiren begegnet uns ein anderer Frank, dessen Unsicherheit am ersten Schultag als Lehrer darin gipfelt, sich das Schulbrot eines provozierenden Schülers zu Gemüte zu führen und der innerhalb der ersten Schulwoche nicht grundlos gleich zweifach zum Direktor gebeten wird. Frank denkt sich seinen Teil, er revoltiert nicht, er erzählt. Und der Leser kann sich nur zu gut vorstellen, wie dieser junge unsichere Ire nebst Akzent und Selbstzweifeln einer Horde mehr oder weniger cooler New Yorker Berufschüler entgegentritt. Er selbst ist sich nicht sicher, was er eigentlich die ersten Jahre getan hat. Womöglich erzählen? Und was könnte spannender sein als ein von Sprache und Geschichten randvoller Lehrer, der nahezu alles schon einmal erlebt hat, dem keine menschliche Verfehlung fremd, dafür aber jede aufgeblasene Obrigkeit suspekt ist? Hätten Sie den als Schüler nicht auch geliebt?

Seine Schützlinge jedenfalls scheinen dies zu tun. Sie lesen poetische Kochrezepte, veranstalten ein literarisches Picknick im Park, verstehen den Satzbau anhand des Aufbaus eines Kugelschreibers. Sie entdecken ihre eigenen Wurzeln und Fähigkeiten, aber auch seine Abgründe und Erfahrungen, wenn es mal wieder heißt: „Mr. McCourt, erzählen sie doch von ihrer Kindheit!“

Erneut nimmt der Autor uns mit auf seine ganz eigene Reise, diesmal ins Innere des amerikanischen Bildungssystems, in die Familien und auch in die Gedankengänge seiner kulturell bunt gemischten Klassen. Er spart seine eigenen Verfehlungen nicht aus – letztendlich war die Rückkehr nach Dublin an die Universität keineswegs der triumphale Parademarsch eines Siegers. Und auch das Scheitern der ersten Ehe kündigt sich lange vor dem endgültigen Vollzug der Trennung zwischen den Zeilen an. Was bleibt? McCourts Erkenntnis, dass letztendlich sein eigenes Leben es war, das ihn gerettet hat. Zutiefst menschliche Geschichten eben, die wie Perlen aufgereiht die Kostbarkeit des Daseins symbolisieren.

 hf@saw

Frank McCourt: Tag und Nacht und auch im Sommer. btb. ISBN 3442737508. 9,00 Euro.

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