Aufzeichnungen eines notorischen Schwimmers

Sich die Vita Paul Morands vor Augen zu halten ist gleich bleibend mit dem Bedauern, ihn nicht gekannt zu haben. 1888 in Paris geboren zählte der Diplomat zu den schillerndsten Persönlichkeiten Europas. Er liebte Männer, Frauen und schnelle Autos, er heiratete eine Prinzessin und lebte in den besten Hotels von Paris, London und Madrid. Ein Leben, das in rauschhaftem Luxus schillerte, glücklich aber war Morand nur, wenn er im Meer war. Wenn er in ihm schwamm. „Mit stets neuem Mut macht sich der entblößte Mensch auf die holprige Bahn der Fluten, erklimmt stolze Höhen, denen tiefe Stürze folgen, schlägt sich siegestrunken mit Händen und Füßen – und mit der Nase dicht über der wogenden Fläche, die der Wind gegen den Strich kämmt…“. Dieser Mensch spricht vom Schwimmen, nicht von dramatischen Eroberungen und auch nicht von weltbewegenden Ereignissen! Mit welch einer Leidenschaft muss dieser Mann sich dem Meer hingegeben haben! Er schwimmt also durch alle Bereiche des Lebens: In der Poesie, worin er Sinnlichkeiten vereint; in der Zeit – durch die Geschichtsepochen und im Raum, auf Inseln und entlang von Küsten.

Wer am Meer lebt oder wer das Meer liebt, wird in der Lust, mit der Morand seine notorische Beziehung schildert, einen Teil seiner eigenen Emotionen entdecken.
In die Szenerie der sensiblen, aber kraftvoll-sinnlichen Sprache Morands passt das Nachwort Marcel Prousts wie eine Erweiterung derselben. Und dieses Augenzwinkern, das sich die beiden Herren einander immer dann zuwerfen, wenn sie die Vorzüge ihrer Damen galant beschreiben, passen zwar nicht mehr so ganz in unsere coole, emanzipierte Welt, doch vermögen sie bei Frauen eine Saite zum Klingen bringen, derer man lange nicht gelauscht hat.  

usch@saw

Paul Morand: Aufzeichnungen eines notorischen Schwimmers. Marebuchverlag. ISBN - 3-936384-20-7 18.00 Euro.

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