Bahrain im Überblick

War es der frühe Handel zwischen den altorientalischen Mächten Mesopotamiens und der Industal-Zivilisation, aus der die bahrainische Dilmun-Kultur ihre sagenhaften Gewinne zog, so folgte sehr viel später ein neues glanzvolles Zeitalter, als Bahrains Inselwelt zum Zentrum der Perlenfischerei aufstieg. Bis zu 80 % des Weltbedarfs beschaffte der winzige Archipel, beglückte damit europäische Königshäuser wie auch indische Maharadschas und fand in Louis-François Cartier und anderen Großen der Schmuckbranche dankbare Abnehmer. Doch Anfang der 1930er Jahre musste das florierende Gewerbe vor den japanischen Zuchtperlen kapitulieren. Heute wird der Dienstleistungssektor (Banken, Versicherungen, Tourismus) favorisiert. Das kleine Land ist entschlossen, in einem Kraftakt zum regionalen Marktführer aufzusteigen. Ob das gelingen wird, hängt freilich von der Bewältigung der seit 2011 anhaltenden innenpolitischen Krise ab. Gefragt ist ein Ausgleich zwischen der unterprivilegierten schiitischen Bevölkerungsmehrheit und den sunnitischen Machthabern der Oberschicht.

Bahrain, Foto: Pixabay

Zurück zu den Perlen. Wir sind in Muharraq, einst Hauptstadt Bahrains und seinerzeit Zentrum des Perlenhandels. Muharraq auf der gleichnamigen Insel ist durch Brücken mit Bahrains Hauptstadt Manama auf der Hauptinsel verbunden. Das World Heritage Centre der UNESCO hat die Bemühungen lokaler Aktivisten gewürdigt und die erhaltenen Objekte aus der Zeit der Perlenfischerei als „Pearling, Testimony of an Island Economy“ 2012 in die Welterbeliste aufgenommen. Es handelt sich um nicht weniger als siebzehn für Besucher zugängliche Gebäude, darunter prächtige Residenzen von Perlenkaufleuten, eine Moschee, Geschäfte, Lagerhäuser, des weiteren drei Austernbänke, Küstenstreifen und die Festung Qal`at Abu Mahir mit schweren Rundtürmen an ihren vier Ecken. Portugiesen erbauten sie im 16. Jahrhundert. Unter ihrem Schutz wagten sich die Boote hinaus auf die Fahrt zu den Austernbänken. Schon seit dem zweiten Jahrhundert n. Chr. wurde Perlenfischerei in den bahrainischen Gewässern betrieben. Seinen Höhepunkt erreichte das gefährliche Gewerbe Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Manche der siebzehn Gebäude sind in einem Zustand, der erhebliche Eingriffe notwendig macht und einen kundigen Umgang mit traditionellen Materialien und Arbeitsabläufen verlangt.

Bahrain, Foto: Pixabay

Unterwegs in Muharraq

Auch eine weitere Festung, Arad Fort am Südrand von Muharraq, lohnt den Besuch. Auf den Ruinen eines portugiesischen Vorgängerbaus errichtete Sultan Bin Ahmed von Oman um 1800 das Bollwerk, nachdem er Bahrains scheinbar allmächtiges Herrscherhaus der Al Khalifa für einige Jahre von der Insel fernhalten konnte. Es ist ein typisch omanisches Festungswerk und einige omanische Kanonen sind auch noch zu bestaunen. Ein besonders eindrucksvolles Gebäude, das wie kaum ein anderes die islamische Golfarchitektur widerspiegelt, ist das Heim von Sheikh Isa Bin Ali in Muharraqs Sheikh Abdulla Avenue. Hier residierte Scheich Isa Bin Ali als Oberhaupt Bahrains unter dem Schutzschirm der Briten geschlagene 63 Jahre. Als er 1932 starb, hatte er eine der längsten Herrschaftsperioden eines Monarchen absolviert. Gleich vier Innenhöfe weist das vornehme Haus auf, daran angrenzend eine wahre Zimmerflucht für den Herrscher selbst, seine Familie, für Gäste und das Personal. Farbige Glasfenster dämpfen das einfallende Sonnenlicht, Stuck-Wandschmuck und geschnitzte Holztüren fallen ins Auge und der für die heißen Gegenden des Vorderen Orients so typische Windturm sorgt für einen natürliche Kühleffekt. In einem sehenswert restaurierten Haus aus den 1930er Jahren ist in der gleichen Straße die Busaad Art Gallery eingezogen. Sie zeigt das umfangreiche Werk des einheimischen Künstlers Ebrahim Busaad und veranstaltet wechselnde, hochkarätige Ausstellungen. Ein Besuch im Souk von Muharraq muss sein, hat er doch einige Besonderheiten zu bieten. Neben den üblichen Massenwaren, kann man hier noch auf Ausrüster für die Fischerboote und die Bootsbauer stoßen, die alle Arten Seile, Netze, Nägel, Bretter und Beschläge anbieten. Werkstätten von Zimmerleuten haben sich angesiedelt. Sie machen sich an traditionellen Möbelstücken und wunderschönen Türen zu schaffen und einige von ihnen sind Meister des Modellbaus. Ihr Lieblingsobjekt ist die berühmte arabische Dhau mit dreieckigem Segel und langen, schrägen Rahen. Gleich daneben arbeiten Schneider mit ihren pedalbetriebenen Nähmaschinen. Traditionelle Cafés und Teestuben laden zu einem Break ein.

Bahrain, Foto: Pixabay

Manama

Alle Brücken führen hinüber nach Manama, in die Glitzermetropole Bahrains, die sich auf den ersten Blick nicht unterscheidet von den himmelhohen gläsernen Skylines anderer Städte am Golf. So erreichen die beiden Türme des Bahrain Financial Harbour eine Höhe von 260 m und das Bahrain World Trade Centre (240 m) kann sogar dank dreier Windturbinen seinen Energiebedarf selbst decken. Vielleicht wurde in Manama weniger radikal Platz geschaffen für Bürotürme und Shopping Malls, konnten einige traditionelle Bauten überleben, weil man an ihnen hängt und sicher haben die vielen privaten Initiativen zu ihrem Erhalt beigetragen. Und das gilt auch für Muharraq.

Nahe einer der Brücken liegt direkt am Wasser das Bahrain National Museum mit seiner weißen Travertin-Fassade und einem Innenhof, den zeitgenössische Skulpturen beleben. Das Museum nimmt einen mit auf einen anregenden Spaziergang durch die ostarabische Geschichte der letzten fünftausend Jahre, zeigt Töpferwaren und uralte Handelssiegel, Silbermünzen und Schmuck. Einer der Grabhügel, von denen an die 170.000 (!) das bahrainische Landschaftsbild prägen, wurde maßstabsgetreu im Museum wiedererrichtet einschließlich der darin gefundenen Skelette und Gegenstände. Im Obergeschoss widmet man sich den Sitten und Gebräuchen in sehr lebendigen Darstellungen, zeigt traditionelle Wohnhäuser und Geschäfte und eine hölzerne Dhau mit Perlentauchern.

Etwas außerhalb liegt Bahrains zweite Welterbestätte, Qal`at al-Bahrain, Hafen und Hauptstadt der Dilmun-Zivilisation. Aber nicht nur das, denn über einen Zeitraum von fast 4.000 Jahren (2300 v. Chr. bis ins 16 Jahrhundert unserer Zeitrechnung) war der 12 m hohe und 300 X 600 m große Hügel und sein unmittelbares Umfeld bewohnt. Ein Handelshafen existierte, der Ort war Residenz und kommerzielles Zentrum, Sakralbauten entstanden und militärische Befestigungen, zuletzt im 16. Jahrhundert die imposante portugiesische Festung. Die zahllosen Funde, die die übereinander liegenden Siedlungsschichten freigegeben haben, verraten eine außergewöhnliche Melange der Sprachen, Kulturen und Glaubensinhalte. Ein Audioguide des angeschlossenen Museums bringt Ordnung in die Vielzahl der Gräber, Werkstätten, Tempel und Paläste, deren Überreste auf dem Freigelände zu besichtigen sind.

Bahrain, Foto: Pixabay

Eine Gründung aus neuerer Zeit ist dagegen die gewaltige Al Fateh Moschee. Unter ihrer 60 Tonnen schweren Fiberglas-Kuppel bietet sie 7.000 Gläubigen Platz. Italienischer Marmor verkleidet den Innenhof. Farbige Glasfenster aus dem Iran, geschnitzte Teak-Türen aus Indien, österreichische Kronleuchter und schottischer Teppichboden – die kostbar ausgestatteten Innenräume heißen Besucher willkommen, gleich welcher Nationalität und Religion. Nichtmuslime haben freien Zutritt, sofern sie sich eines „suitably conservative attire“ befleißigen. Auch Beit Al Quran ist für alle Besucher zugänglich. Das schöne Gebäude beherbergt ein Museum, das eine große Kollektion von Koranausgaben und Manuskripten aus der gesamten islamischen Welt versammelt und Einblicke in die Entwicklung der arabischen Kalligraphie von den einfachen Anfängen bis zur hochentwickelten Farb- und Darstellungstechnik gewährt. Zu den kostbarsten Exponaten gehört das Fragment eines Manuskripts, geschrieben in der frühen kufischen Schrift. Es stammt aus dem 8. Jahrhundert und ist eines der ältesten noch existierenden Dokumente aus der islamischen Frühzeit. Ein anderes Manuskript ist tunesischen Ursprungs, geschrieben in goldener Schrift auf blauem Pergament, das möglicherweise dem abassidischen Kalifen Al-Mamum Ende des 8. Jahrhunderts zugeschrieben werden kann.

Ehe wir den Gang durch Manama im Souq der Stadt ausklingen lassen, noch ein kurzer Abstecher zu einer der hypermodernen Shopping Malls, auf die man in der Stadt so stolz ist. Sie heißt Bahrain City Centre und gilt als Bahrains populärstes Shoppingparadies, wo man tief gekühlt unter einem Dach alles nur Vorstellbare kaufen kann, Filme sehen, ein Hotelbett finden, Bowling spielen, sich in einem Wasserpark amüsieren kann und vieles mehr. Hier ist alles vertreten, was in der Konsumwelt Rang und Namen hat. Doch was ist das schon gegen den Manama Souq. Der lag ursprünglich direkt an der Küste, ehe man mit den Aufschüttungen begann. Dhaus brachten die Waren heran, die durch das Bab al-Bahrain, das „Tor zu Bahrain“, zu den Verkaufsständen gekarrt wurden. Auch heute betritt man den Souq durch das Tor, Kolonialarchitektur der üppigen Art, 1949 von dem britischen Architekten Sir Charles Belgrave in Szene gesetzt, und schon ist man umringt von exotischen Farben und Düften. Kostbare Teppiche sind ausgebreitet, getrocknete Tabakblätter warten auf Shisha-Genießer, Juweliere bewachen ihre 21-Karat-Gold-Schätze, Weihrauch wird angepriesen als wirksames Mittel gegen Bauchschmerzen, wenn man es denn geduldig kaue. Ehe es weitergeht ins „Kingdom of Perfumes“, wo Hunderte reine Parfümöle darauf warten, zu einem perfekten Duft gemixt zu werden und anschließend noch in den Gold-Souq, ist eine Stärkung angesagt. „Chicken Machboos“, Bahrains Nationalgericht brutzelt schon in der Pfanne, köstlichen Duft nach Nelken und Kardamom, Zimt und Kreuzkümmel verströmend.

Inselhighlights

Über den gesamten Nordteil und die Mitte Bahrains liegen dicht an dicht die Dilmun Burial Mounds. Ein faszinierendes Landschaftsbild geben sie ab und noch im 19. Jahrhundert hielt man sie für natürliche Phänomene, ohne freilich eine Erklärung für ihr Entstehen geben zu können. 1878 nahm sich ein gewisser Captain Durand einen der kleinen Hügel vor. Er entdeckte einen Schlussstein, der eine Passage verbarg, die zu einer Grabkammer führte, in der Menschen in einer besonderen Weise beigesetzt worden waren – auf der Seite liegend und in fötaler Position, den Kopf nach Norden gerichtet und umgeben von alltäglichen Dingen wie Keramikgefäßen, Waffen, Siegel, Schmuck, so als sollten sie dem Verstorbenen im Jenseits dienen. Die Grabhügel sind in der Regel etwa 2 m hoch und haben einen Durchmesser von rund 9 m. Sie stammen aus der Zeit der Dilmun-Zivilisation (3. bis 1. Jahrtausend v. Chr.) und auch in der sogenannten Tylos-Ära (etwa 200 v. Chr. bis 300 n. Chr.), als Bahrain unter dem Einfluss der hellenischen Kultur stand, wurden Tote in Grabhügeln beigesetzt, was Bahrain zu einem der größten antiken Friedhöfe der Welt machte. Die Ortschaft A`ali im Nordwesten der Insel bietet einen guten Zugang zu Grabhügeln, die man wegen ihrer Größe als „royal tombs“ klassifiziert.

Bahrain, Riffa Fort

Riffa Fort, Foto: © philipus, Fotolia

In der Gemarkung Riffa, wenige Kilometer außerhalb Manamas, ließ im Jahre 1812 ein Herrscher der Al Khalifas eine Art Stammsitz für den Clan errichten. Auf den stabilen Fundamenten eine dreihundert Jahre älteren Palastes entstand das Riffa Fort, das bis 1970 Sitz der Herrscherhauses blieb. Das strategisch günstig auf einem Hügel erbaute Bollwerk weist zwei mächtige quadratische Türme und zwei nicht weniger wuchtige Rundtürme auf. Um zwei Innenhöfe gruppierten sich einst diverse Räumlichkeiten. Heute überrascht einer der Innenhöfe mit einem hochmodernen Multimedia-Museum, das, umschlossen von einem Glaswürfel, die Geschichte der königlichen Familie dokumentiert.

Nahebei, in der Ortschaft Khamis, hat Bahrains wohl ältester islamischer Sakralbau die Zeiten überdauert. Die Khamis Moschee soll aus dem frühen 8. Jahrhundert stammen, als der Omaijaden-Kalif Omar II. herrschte. Allerdings sind die heute existierenden Säulen, Bögen und Minarette im 10. und 14. Jahrhundert nachgebaut worden, allein die Qibla-Nische ist ein Relikt des ursprünglichen Baus.

Vor dem Abstecher in den Süden der Insel noch ein Besuch an der Nordküste, wo in der Nähe des Dorfes Barbar die Überreste von gleich drei vorgeschichtlichen Tempeln freigelegt wurden, dessen ältester um 2.250 v. Chr. entstand. Die Barbar-Tempel waren vermutlich dem mesopotamischen Gott der Weisheit und der süßen Gewässer geweiht. Seit Zeiten wurde die archäologische Stätte von Steinräubern heimgesucht, die sich großzügig bedienten. Zu den dicken Brocken, die sie nicht wegschleppen konnten, zählen die mächtigen Kalksteinblöcke der Seitenwände und auch die Treppenstufen, die zu einer unterirdischen Kammer führten, in der einst eine Quelle sprudelte – Eingang zum Wasser-Königreich des Gottes Enki, wie man vermutet. Erstaunliche Fundstücke brachten dänische Archäologen ans Tageslicht. Sie sind im Bahrain National Museum zu bestaunen.

Über den Muaskar Highway geht die Fahrt in den Süden – nicht unbedingt das große Wüstenerlebnis, denn die kahle Landschaft ist gezeichnet von Öl- und Gaspipelines und allerlei Einrichtungen der Branche. In Anbetracht der kurzen Entfernungen auf der Hauptinsel ist unser Ziel ab Manama schon in 45 Minuten erreicht: ein Baum, mutterseelenallein in der Wüste, riesig und mit tief herunter hängenden Ästen und offenbar uralt. Aber nicht so alt, wie ihn die lokale Überlieferung macht, die ihm 4.000 Jahre andichtet. Tatsächlich sind es „nur“ 400 und das ist schon erstaunlich, liegt doch die durchschnittliche Lebensspanne eines Mesquite-Baums bei rund 150 Jahren. Wie der Tree of Life in dieser wüsten Gegend so lange überleben konnte, war lange Zeit ein großes Rätsel und Anlass für bizarre Spekulationen. 2010 bestätigten Grabungen die Vermutung, das die Baumwurzeln einen unterirdischen Süßwasserlauf anzapfen. Obendrein entpuppte sich der kleine Hügel, auf dem der Baum wächst, als Hinterlassenschaft eines Wüstendorfs aus dem 16. Jahrhundert, das von der Süßwasserquelle lebte.

Bahrain, Tree of Life

Tree of Life, Foto: © philipus, Fotolia

An der Küste westlich des „Lebensbaums“ eröffnete 2004 Bahrains König Hamad bin Isa Al Khalifa den Bahrain International Circuit, eine Formel 1–Rennstrecke, die, wie man stolz vermerkte, die kleine Golfinsel „on a pedestal in the world map“ katapultierte. Noch spektakulärer ist das Projekt am Südwestende der Insel, zu erreichen über den King Hamad Highway oder mit dem Hubschrauber bzw. der Yacht. Hier, in Durrat al-Bahrain („Perle Bahrains“) ging es es richtig zur Sache. Sechs Milliarden US-Dollar wurden in die Luxusbehausungen einer „resort island city“ auf 15 künstlichen Inseln gesteckt. Auf einer Fläche von 21 km² entstanden Hotels und 2.000 „beachfront villas“, 3.600 Apartments und Büros, Moscheen und internationale Schulen, eine Marina mit 400 Liegeplätzen (die größte in Nahost!) und der 18-Loch-Golfplatz wird selbst den Ansprüchen der zahlungskräftigen golfarabischen Klientel genügen.

Text: Eckart Fiene
Fotos: Pixabay, Fotolia




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