Tour 4

Sollte dieser Spaziergang jetzt in den Abend führen, steht Ihnen an der Weteringsschans 6-8 ein In-Erlebnis offen: Amsterdams Tempel für moderne Musik, wie das Paradiso (www.paradiso.nl) genannt wird, das in einer säkularisierten, aber nie renovierten Kirche agiert, deren Akustik einmalig ist. Soulmusic, Big Beat, Popkonzerte, Speed garage, Techno, Funk und Disco – für jeden Musikgeschmack und für jedes Tanzbein die große Auswahl. Und wem das Budget für einen solchen Abend noch fehlt, der erspielt es sich womöglich im Casino?!

Als Relikte der noch älteren Tage Amsterdams befinden sich gerade im nördlichen Teil des Jordaan noch mehrere Hofjes:

In der Palmgracht zwei, das Bosschehofje (Nr. 20-26) und das Raepenhofje (Nr. 28-38). So klein das Raepenhofje ist, so selbstverständlich übernimmt der Besucher die ruhige Atmosphäre dieser bezaubernden Enklave. Wandert zwischen den Bäumen und Sträuchern umher, lässt seinen Blick auf den Blumen und Büschen ruhen und vergisst, dass Amsterdam nicht nur aus diesen Innenhöfen besteht. Auch wenn noch weitere dieser Idyllen in der Nähe liegen. Wie das, aus 19 Häusern bestehende, Hofje Pieter Jansz Suyckerhoff in der Lindenstraat 149-163, das den Namen nach seinem edlen Spender erhielt, einem reichen Händler. Oder das Claes Claesz Hofje, Karthhuizersstraat 11-19, das heute von Musikstudenten bewohnt wird. Im Sommer, wenn die Fenster geöffnet sind, ist es unüberhörbar. In den Jahren 1615/16 wie ein kleines Dorf um vier Plätze gebaut, war dies ein menschenwürdiger Hort für alte, sozial schwache Menschen. Karthuizersstraat Nr. 21-131 ist die Adresse des Huys Zitten Weduwen Hofje, auch Karthuizerhof genannt, weil der jetzige imposante Bau aus dem Jahre 1650 auf den Grundmauern des mittelalterlichen Karthäuserklosters steht. Verarmte Witwen, ledige Mütter und ihre Kinder fanden hier, neben gläubiger Lebensart, ein Auskommen, denn in einem hofje leben zu dürfen, bedeutete keineswegs die Hände in den Schoß zu legen. Da wurde gewebt, genäht, im Auftrag reicher Haushalte gewaschen, gebleicht und geplättet. Oft waren die Frauen zum Putzen in den noblen Häusern an den großen Grachten verpflichtet, doch gegen Lohn. Es mussten die Kinder unterrichtet werden, es wurde gekocht, gebetet und den noch Ärmeren mit guten Taten zur Seite gestanden. Das älteste hofje, das 1614 gestiftete Sint Andrieshofje, befindet sich in der Egelantiersgracht 105-141. Auch hier waren einst Frauen zu Hause, die aufgrund ihrer Armut oder auch möglicher Verfehlungen wegen keinen Platz in der Gesellschaft hatten.

Anmerkung: Auch hier gilt wie in allen anderen Hofjes, dass die Eingangstür für fremde Besucher grundsätzlich nicht mehr geöffnet ist – man kann nur sein unverhofftes Glück versuchen.

Amsterdam - Hausgiebel

Hier wohnte einer, der mit Asien handelte

„gevelsteene“

Giebelsteine zeigen in oft bunten Bildern an, wer in diesem Haus gewohnt hat – oder wohnt, denn die Sitte, seine Profession nicht zu verbergen hatte Tradition. Da lebte in dem Haus mit den Ähren über der Eingangstür wahrscheinlich ein Jeneverbrandmeister, unter dem Signet mit dem aufgetakelten Schiff einst ein Kapitän, Hammer und Amboss bedeuten den Schmied, der Pumpenschwengel den Installateur und die Katzen verraten, dass hier Herr Kat wohnte. Und dort, wo ein Mohr mit herausgestreckter Zunge ziemlich frech guckt, sieht man auf den zweiten Blick, dass er auf eben dieser eine Pille liegen hat. Was natürlich ganz klar ausdrückt, dass hier der Apotheker wohnte.

Eines steht fest: im Gewirr der Gassen wurde so mancher Schritt doppelt und dreifach getan und wenn das kein Grund für eine gepflegte Pause ist, was dann? Da kommt De Oude Wester an der Rozengracht 2/Ecke Prinsengracht gerade recht, denn hier geht es urholländisch zu. Mit hausgemachter Erbsensuppe, Pfannekuchen zum Hinknien und Stamppott zum Niemehrvergessen. Apropos Pannekoeken: Die besten sollen in The Pancake Bakery an der Prinsengracht 191ausgebacken werden – dieser Vergleich lohnt sich unbedingt!

Amsterdam

Pannekoeken un Stockbrod

Deftig gestärkt und neugierig auf die weiteren Details des Jordaan kann der Weg durch die Szenerien nicht weit genug sein. Denn da werden die vielen kleinen Läden mit Trödel, Antikem, Mode first and second Hand, Schmuck und Schnickschnack nicht weniger und auch nicht die Fassaden, die so liebevoll gestaltet sind, dass man sich von den vielen Kleinigkeiten gar nicht mehr losreißen möchte.

Amsterdam - Modeladen im Jordaan

Alles im Jordaan ist anders

Über die Bloemgracht, die schon in jener Zeit, als sie noch nicht zugeschüttet war, zu den besten Adressen der Stadt gehörte, geht es zurück zur Prinsengracht, wo die immer scheinbar endlose Menschenschlange entlang des rechten Ufers auf eine besondere Begegnung hinweist. All diese Menschen sind hierher gekommen, um im Anne-Frank Huis Einlass zu finden und sie alle warten manchmal eine Stunde, um ihr Vorhaben wahr machen zu können.

Boom- und Anjeliersstraat, Egelantiers- und Bloemgracht …

… die meisten Grachten und Straßen des nördlichen Jordaan tragen Blumen- und Pflanzennamen. Wobei viele aus dem Französischen stammen: Zum Beispiel heißt Anjelier Nelke und die Egelantier ist eine Heckenrose. Diese Namensgebung liefert die Erklärung für den Begriff Jordaan, der aus einem Slangwort für Jardin, franz: Garten, entstanden war. So hatten im 17. Jh. französische Hugenotten ihr provisorisches Zuhause genannt, nachdem sie hier Schutz vor der Verfolgung durch das Edikt von Nantes suchten.

Über dieser und über der gesamten Szenerie des hiesigen Jordaanviertels reckt sich der Turm der Westerkerk, das weithin sichtbare Wahrzeichen Jordaans - obwohl die berühmte Kirche, die jenseits der Prinsengracht liegt, deshalb auch nicht mehr zum Viertel gehört. Doch wer will das reklamieren?

Über die eingeebnete Rozengracht, die am Westermarkt zur Radhuisstraat wird und zu einer der großen Verkehrsstraßen Amsterdams zählt, kann man bequem Richtung Altstadt zurückgehen. Eben noch am Homomonument an der Keizersgracht vorbei und die Auslagen der zahllosen Lädchen rechts und links der Bürgersteige inspizierend. Wem dabei nach einer delikaten Wegzehrung gelüstet, der findet die Objekte seiner Begierde im ´t Goede Soet an der Keizergracht 95, wo Mireille Krützmann hausgemachte Bonbons und Trüffel, sowie unglaublich verführerischer Kuchen anbietet.

Amsterdam - Homomonument

Homomonument

Damit sind die klassischen Routen Amsterdams begangen – wer jetzt noch Zeit hat und den Alltag der Stadt in weniger spektakulären Szenerien erleben möchte, dem bietet sich Tour 5 noch an.

Tour 4
Seite 1 / 2 / 3 / 4

 

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

Das könnte Sie auch interessieren

.