Reiseführer Prag: Die Kleinseite - Paläste und Gärten

Auf dem Gebiet der Kleinseite, das sich zwischen dem westlichen Moldauufer und der Burg erstreckt, sind seit dem 10. Jh. verstreute Ansiedlungen nachgewiesen. Im 12. Jh. entstanden mit einer Niederlassung der Johanniter (Malteser) sowie dem Bischofshof erste große, befestigte Anlagen. 1257 erhob der Premyslidenherrscher Ottokar II. (1253 - 1278) die Ansiedlung zur Stadt und ließ sie mit einer Mauer umgeben. Er hatte erkannt, welch bedeutende Rolle dieses Gebiet zwischen der Judithbrücke - damals die einzige steinerne Brücke über die Moldau - und dem Herrschersitz für die Verteidigung spielte. Nun wuchs der "Kleineren Prager Stadt", wie sie bald hieß, ihre für Jahrhunderte prägende Funktion einer Residenzstadt zu. Bereits im 14. Jh. ließ der Adel hier seine Paläste errichten.

Karl IV. erweiterte das Stadtgebiet der Kleinseite dann im Süden und Westen, neue Mauern, darunter die so genannte Hungermauer, schützten das vergrößerte Terrain, wozu neben einigen eingemeindeten Dörfern nun auch der Petrin (Laurenziberg) gehörte. Gerade dieser nie bebaute Berg prägte zusammen mit den terrassenartigen Gartenanlagen der herrschaftlichen Paläste das Bild von der "grünen" Kleinseite vom Mittelalter bis in die Neuzeit.

Zerstörungen erlebte die Kleinseite nicht nur im Verlauf der Hussitenkriege Anfang des 15. Jhs. Zwei gewaltige Feuersbrünste legten Anfang des 16. Jhs. große Teile der Stadt in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau erfolgte im Stil der Renaissance. Dutzende von Adelsresidenzen entstanden zwischen oft nicht minder aufwändigen Häusern wohlhabender Bürger. Den Höhepunkt ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung erlebte die Kleinseite während der Regierungszeit Rudolfs II., als Prag kaiserliche Residenz war. Vor allem Künstler und Handwerker zog es um 1600 in die Nähe des kunstsinnigen Herrschers.

Ihr barockes Gesicht erhielt die Kleinseite im 17. und 18. Jh., als mit der Rekatholisierung mächtige Adelspaläste und neue Kirchen errichtet wurden. Als monumentalster Bau blieb der Palast des kaiserlichen Feldherrn Albrecht von Waldstein erhalten. St. Niklas ist bis heute der dominierende Kirchenbau der Kleinseite.

Als 1784 der Zusammenschluss der Prager Städte erfolgte, war es mit dem Glanz der Kleinseite vorbei. Sie wurde zum Viertel der einfachen Leute, das mit der Zeit die malerische, fast nostalgische Atmosphäre entwickelte, die Jan Neruda in seinen Werken so trefflich schildert.


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