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Reiseführer Nordzypern

Raki

Raki

Noch produziert Nordzypern unverdrossen seinen eigenen Raki, exportiert sogar geringe Mengen in die Türkei, doch die staatliche türkische Monopolbrennerei "Tekel" ist mit ihrem Renner "Yeni Raki" in Nordzyperns Bars und Supermärkten unübersehbar die Nummer Eins. Ohnehin würden die heimischen Produktionsmengen kaum die Nachfrage decken, ist Raki doch wie in der Türkei auch unter Zyperns Türken traditionell der beliebteste Drink - ähnlich dem Pernod bei den Franzosen oder dem Whiskey in den Bars von Kentucky. Der sichtbar unbeschwerte Umgang mit Raki unter Festlands- wie Inseltürken erkläre sich aus der Gewißheit, dass des Propheten Alkoholverbot gar nicht auf ihr Nationalgetränk zielen könne, da es zu Mohammeds Zeiten noch nicht zu den Türken vorgedrungen war, tönte es neulich sehr überzeugend aus einer heiteren Rakirunde . . .

Herkunft . . .

Es waren spätere Landsleute Mohammeds, arabische Gewürzhändler, die das Getränk und das "know how" seiner Herstellung (die Destillation) im Nahen Osten und an den Küsten des östlichen Mittelmeeres bekannt machten. Auf ihren Handelsreisen nach Indien und zu den Sunda-Inseln und Molukken hatten sie Gefallen an dem auf Palmmilch, Zuckerrohr oder Reis basierenden, feurig-klaren Destillat gefunden. Sie gaben ihm den arabischen Namen "araq" (daher Arrak, Raki), was "austretende Flüssigkeit" bedeutet, auch "Schweiß", im übertragenen Sinne das Destillat, das aus dem Kondensator tropft ("schwitzt").

. . . und Fabrikation

Während in manchen nahöstlichen und nordafrikanischen Regionen die vergorene Maische so unterschiedlicher Früchte wie Datteln und Feigen, selbst Pflaumen und Maulbeeren destilliert wird, erhält in den klassischen Weinanbauländern Zypern und Türkei der Wein für den Destillationsprozeß (das "Brennen") den Vorzug. Nach dem ersten Brannt wird das Destillat mit Anissamen aromatisiert und nochmals gebrannt. Zuckerzusatz und eine mehrmonatige Faßlagerung geben dem Anisbranntwein den letzten Schliff, bauen sein unverwechselbares Aroma aus. "Türkischer Raki" ist eine eingetragene Handelsmarke, die strengen staatlichen Kontrollen unterliegt. So müssen die Sorten "Altinbas Raki" und "Kulüp Raki" bei 100 g Anissamen pro Liter einen Alkoholgehalt von 50 % aufweisen und ihr Destillat darf nur auf Wein basieren. Dagegen ist der populäre, mit 80 g Anissamen pro Liter aromatisierte "Yeni Raki" auf 45 % Alkoholgehalt begrenzt. Sein Destillat muß 65 % Weinbasis nicht überschreiten.

Ouzo und andere Verwandte

Raki ist nicht gleich Raki, wie das kretische Beispiel zeigt. Das Nationalgetränk der Insulaner ist ein reiner Tresterschnaps, der wie der italienische Grappa aus den bei der Weinherstellung anfallenden Preßrückständen (Stengel, Schalen, Kerne) durch Destillation gewonnen wird. Kretas Raki, altkretisch auch "tsikoudhiá" genannt, ist frei von Anissamen oder Fenchelzusätzen. Als belebender Drink und willkommener Seelentröster, aber auch als verbürgtes Heilmittel bei allerlei körperlichen Gebrechen ist Raki aus dem traditionsbestimmten Alltagsleben der Kreter nicht wegzudenken.
Ouzo kommt dem türkischen Raki recht nahe. Wie dieser basiert er auf Weintrauben- , manchmal auch Rosinenmaische und wird mit Anissamen aromatisiert. Je nach Rezept kann Ouzo durch Beigaben von Fenchel, Minze, Salbei, Nelken, Zimt, Koriander, Lindenblüten, Kardamom u.a. weiter verfeinert werden. Sein vorgeschriebener Mindestalkoholgehalt liegt bei (nur) 37,5 %. Darin und in seinem eher lieblich-süßen Charakter unterscheidet sich der Ouzo von dem deutlich alkoholreicheren, herb-würzigen Raki aus nordzyprischen oder türkischen Brennereien.
Ein entfernter, einst berüchtigter Verwandter des Raki war der grüne Absinth, ein bis zu seinem noch heute gültigen Verbot (1915) zur Volksdroge gewordener Trinkbranntwein. Aromatisiert mit dem gefährlichen, ein Nervengift enthaltendem Öl der Wermutblätter, hat "la verte" ("die Grüne") ganze Generationen trinkfreudiger Franzosen mit Halluzinationen, epileptischen Anfällen, Blindheit und Hörverlust geschlagen. 1922 erschien Absinth in geläuterter Ausführung wieder auf dem Markt. Unter dem Namen "Pernod" und an Stelle des giftigen Wermutöls durch ein Sternanis-Destillat aromatisiert, wurde der neue Drink rasch populär.

Raki - ein Multitalent

Wie und zu welchen Anlässen wird Raki getrunken ? Man genießt ihn pur oder mit Wasser gestreckt, als Apéritif oder Digestif, als Longdrink, zum Essen oder "zwischendurch".
Eine weise mediterrane Regel sagt: "Iß nie, ohne zu trinken und trink nie, ohne zu essen". So wird man schwerlich einen Rakitrinker sehen, der nicht mit einer Handvoll Knabberzeug, Käse oder Gemüsescheiben seinen Drink begleitet. Es können geröstete Kichererbsen sein oder frisch gesalzene Mandeln, Möhren- oder Gurkenscheiben und ganz köstlich: Honigmelone und weißer Schafskäse (Beyazpeynir, der dem Feta ähnelt).

Raki
Zum Raki gehört herzhaftes Knabberzeug

Unser Rakitrinker sitzt vor zwei Gläsern. In dem einen, dem dünnwandigen, zylindrischen entfaltet der 8 bis 10 Grad kühle Raki sein Aroma, im anderen ist frisches, kaltes Wasser. Er nippt an dem einen, trinkt dann aus dem anderen eine kräftigen Schluck, um das würzige Anisaroma auf der Zunge wiederzubeleben. Andere mögen den Raki lieber gezähmt und verdünnen den Drink mit Wasser. Dann verwandelt sich die klare Flüssigkeit, die nun weißwolkig und schließlich milchig ihrem Zweitnamen "Löwenmilch" (aslan sütü) alle Ehre macht.
Als Apéritif oder "appetizer", wie man in Nordzypern gerne sagt, ist Raki eine gute Wahl. Daß er sogar eine ausgedehnte Abendmahlzeit als Hauptgetränk bestreiten kann, erlebt man als Gast einer Raki-Tafel (raki sofrasi) in eigens darauf spezialisierten Restaurants. "Mezeler", die kleinen Gerichte, kalt und warm, sind traditionell die Grundlage einer solchen Raki-Tafel. Nirgendwo sonst zeigt sich der kulinarische Reichtum der türkischen Küche eindrucksvoller: wenn die großen Tabletts an die Tische gebracht werden, darauf all´ die Köstlichkeiten mit den klangvollen Namen "pastirma", "humus", "börek", "dolmalar", "patlican" - und Raki mit viel Wasser und Eiswürfeln begleitet diese üppigen Tafelfreuden.
Auch ist es nicht ungewöhnlich, statt der gängigen Flasche "Cankaya" oder "Doluca" zum Dinner im Restaurant oder Hotel eine Flasche Raki zu ordern, dazu einen Kübel mit Eiswürfeln und einen großen Krug gut gekühlten Wassers.
Nicht wenige verschmähen am Ende eines ausgiebigen Abendessens den üblicherweise gereichten Türkischen Mokka und lassen sich lieber einen Raki kredenzen, klein, kühl und unverdünnt. Noch einmal kann er seine Qualitäten unter Beweis stellen, diesmal als Digestif, als "Innenverteiler", der den Magen besänftigt, die sich abzeichnende Bettschwere auf höchst angenehme Weise befördernd.

 


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