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Reiseführer Nordzypern

Ölbaum und Olive

Die Heimat des Ölbaums

Der Mittelmeerraum ist die Heimat des Ölbaumes (Olea europea), einer Pflanze von einzigartiger kulturhistorischer Bedeutung. Ihre Jahrtausende alte Kultivierung hat gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung des Menschen gehabt. Zahllose archäologische Funde und schriftliche Zeugnisse unterstreichen den historischen Stellenwert dieser bemerkenswerten Nutzpflanze im Leben der Völker rund um das als "Wiege der Menschheit" gerühmte Mittelmeer. In den Vorstellungen der alten Ägypter war es die Göttin Isis, Ehefrau des Osiris, die den Menschen mit der Olive vertraut machte. Nach der griechischen Mythologie soll es dagegen Pallas Athene gewesen sein, die den Sterblichen den Ölbaum brachte. Unter einem Olivenbaum das Licht der Welt zu erblicken, galt als Zeichen göttlicher Abkunft, wie bei Artemis und Apollo, den Zwillingen der Nymphe Leto. Auch Romulus und Remus, die sagenhaften Gründer der Stadt Rom, wurden unter einem Olivenbaum geboren. Im Alten Testament gibt es eine Vielzahl von Hinweisen auf den Ölbaum, so im 1. Buch Mose, der Genesis. Hier wird von einer Taube erzählt, die ein frisch gebrochenes Ölblatt zu Noah in die Arche brachte, was der Stammvater als ein Zeichen für das Zurückweichen der Sintflut deutete. An anderer Stelle drohen die Propheten Joel und Micha den ungehorsamen Israeliten Gottesstrafen an: ihr Olivenöl werde schlecht sein und Schädlinge die Ölbäume befallen. In Olympia, wo sich die besten Athleten zum Wettkampf versammelten, ehrte man die Sieger mit einem Kranz von Olivenzweigen.

Die Ausbreitung des Ölbaums

So umkreisen unzählige Legenden und Überlieferungen, die den Ölbaum thematisieren, das östliche Mittelmeer. Auch viele Ausgrabungsfunde verstärken den Eindruck, dass in diesem Raum die Ölbaumkultur ihren Ursprung hat, wenngleich die Frage, wo und wann erstmals der Ölbaum in Kultur genommen wurde, noch nicht zufriedenstellend beantwortet ist. Auch im Hinblick auf die Abstammung der Kulturform des Ölbaums gehen die Meinungen noch auseinander. Allgemein scheint sich aber die Auffassung durchzusetzen, dass wahrscheinlich um 3000 v. Chr. auf  dem Territorium der heutigen Staaten Syrien, Palästina, Israel aus zwei wild wachsenden Ölbaumtypen durch Kultivierung unsere Olivenbaumarten entstanden sind. Von der Levante erreichte die Ölbaumkultur gegen 2500 v. Chr. die Insel Kreta, vermutlich zeitgleich auch Ägypten, von wo sie langsam entlang der nordafrikanischen Küste nach Westen wanderte. Am Nordrand des Mittelmeeres waren es die Griechen, die um 1000 v. Chr. die neuen Kultivierungstechniken übernahmen und sie nach Westen weitervermittelten, so nach Sizilien und Sardinien und dem italienischen Festland (nicht vor dem 6. vorchristlichen Jahrhundert) und auch in die südfranzösische Provence. Im weiteren Verlauf erreichte der Olivenbaum Katalonien, Andalusien und die Algarve. Sehr viel später, in der Renaissance, wurden Olivenschösslinge in Kalifornien und Argentinien angepflanzt und noch jünger sind die Kulturen in Südafrika und Australien. Eines haben alle Anbaugebiete gemeinsam: sie liegen in einer Zone zwischen dem 30. und 45. Grad nördlicher bzw. südlicher Breite, einem subtropischen Übergangsgebiet mit  Mittelmeerklima, das sich durch trocken-heiße Sommer und feucht-kühle Winter auszeichnet.

Etwas Etymologie

Die Etymologie spricht von drei unterschiedlichen "Ur-Namen" der Olive. Semitischen Ursprungs ist "zait", was im arabischen "al-zaytun", im türkischen "zeytin", auch im Persischen, Armenischen und anderen Sprachen fortlebt. Auch die jahrhundertelang arabisch dominierte Iberische Halbinsel bewahrt den semitischen Wortstamm: aceituna (span.), azeitona (portug.). Das altägyptische "tat" oder "tet" findet sich noch heute in der Sprache der Berber und Kabylen und belegt nebenbei den historischen Ausbreitungsweg der Olive von Ägypten in den Nordwesten des afrikanischen Kontinents. Aus dem altgriechischen "elaion" (Olivenöl) und "elaia" (für Baum und Frucht) machten die Lateiner "oleum" und "oliva" (Öl und Olive), Namen, die in fast alle europäischen Sprachen mehr oder weniger abgewandelt Eingang gefunden haben.

Anbau und Ernte

Für den Anbau des Olivenbaums sind poröse Kalkböden am besten geeignet. Sie sollen gut durchlüftet und wasserdurchlässig sein, also Staunässe verhindern. Wenn Niederschläge von mindestens 300 bis zu idealen 700 mm gewährleistet sind, die Höchsttemperaturen 40 Grad nicht überschreiten und keine Frostperioden zu befürchten sind, das Gelände gar noch in Meeresnähe liegt, sind gute Voraussetzungen für eine gedeihliche Entwicklung des Olivenbaums gegeben. Die Intensität des Anbaus ist naturgemäß von Land zu Land unterschiedlich. Sie reicht von "industriell" betriebenen, riesigen, etwas eintönigen Monokulturen in Andalusien und Tunesien bis zu den abwechslungsreichen, traditionell in Gemengelage mit Johannisbrotbäumen angelegten und kleinbäuerlich bewirtschafteten Anbauzonen in Nordzypern.

Olivenbäume bei Priego de Cordoba

Olivenbäume bei Priego de Cordoba, Andalusien

Der junge Olivenbaum trägt erstmals nach zehn bis zwölf Jahren Früchte. Im April/Mai steht er in Blüte, weiß bis gelb und ganz unscheinbar in Traubenbündeln, hin und wieder einen feinen Goldhauch über das Blattwerk werfend. Im Oktober erreichen die Früchte ihre endgültige Größe. Sie sind jetzt noch grün. Einige Sorten werden schon geerntet und kommen als Tafeloliven in den Handel. Die Haupterntezeit beginnt Mitte November und kann sich bis in den Februar hinziehen Die Früchte haben nun eine dunkelviolette bis schwarze Farbe angenommen und ihren höchsten Ölgehalt erreicht. Olivenbauern, die es sich leisten können, lassen die Früchte von Hand pflücken. Das ist eine schonende, aber auch teure Methode. In der Regel werden sie immer noch mit Stangen abgeschlagen, neuerdings auch mit Vibrationsmaschinen in aufgespannte Netze oder ausgebreitete Tücher geschüttelt. Der Ertrag pro Baum liegt bei 30 - 50 kg im Jahr, in Ausnahmefällen können auch 100 bis gelegentlich sogar 200 kg erreicht werden. Die besten Ertragsjahre liegen zwischen dem 25. und 100. Lebensjahr. Wichtigste europäische Erzeugerländer sind mit weitem Abstand Spanien und Italien, gefolgt von Griechenland und Portugal. Die Levante stellt mit der Türkei und Syrien, Nordafrika mit Tunesien und Marokko weitere bedeutende Erzeugergebiete.

Nur ein geringer Anteil der Olivenernte wird nicht zu Öl verarbeitet. Man behandelt diese Früchte mit Lauge, um die Bitterstoffe herauszuziehen und die Konsistenz des Fruchtfleisches zu verbessern. Anschließend lagert man sie in einer Salzlake, die häufig durch Zugabe von Kräutern wie Thymian oder Oregano verfeinert wird. Auch Weißwein (bei grünen Oliven) und Rotwein (bei schwarzen), gemischt mit Olivenöl, etwas Zitronensaft, Knoblauch und Kräutern konservieren auf delikate Weise die Mittelmeerfrüchte.

Das Beste aller Öle

Mehr als 90 % der Weltolivenernte wandert in die Pressen und Zentrifugen, um das kostbare Öl zu gewinnen. Zuvor werden die Oliven von Blättern und Erde gereinigt, anschließend gewaschen und zu Brei zerquetscht. Bei den traditionellen Verfahren streicht man nun den Olivenbrei auf Pflanzenfaser- oder Kunststoffmatten, von denen an die fünfzig übereinander g|estapelt und hydraulisch gepresst werden. Austretendes Öl und Fruchtwasser werden aufgefangen. In einem zweiten Arbeitsgang trennt eine Zentrifuge das Olivenöl ab. Moderne Zentrifugierverfahren machen den Pressvorgang überflüssig und noch neuere Verfahren trennen das Öl durch Perkolation an Metallscheiben ab. 

Olivenbäume bei Grazalema, Andalusien

Olivenbäume bei Grazalema (Andalusien)

Während das Olivenöl (am besten: "Natives Olivenöl extra") heute nahezu ausschließlich als Nahrungsmittel Verwendung findet, diente es bei den alten Kulturvölkern vielen Zwecken: als Salböl zur Körperpflege, als Wundpflegemittel und Grundlage medizinischer Salben, bei der Beleuchtung und natürlich als Speiseöl. Von Gott Begnadete wurden bei den Israeliten mit Öl gesalbt. Man nannte sie "Ölkinder". Die "Letzte Ölung" in der Katholischen Kirche symbolisiert die Reinigung des Sterbenden von allen Sünden. An der Westküste der Türkei wird noch heute vereinzelt Seife aus dem ausgepressten Olivenbrei, der Trestermasse, hergestellt. In einer Trestermühle auf 200 Grad erhitzt, verarbeitet man das austretende Tresteröl mit Wasser und Natronlauge zu Seife.

Wie kein anderes Öl zeichnet sich das Olivenöl durch einen starken, aromatischen Duft aus. Neben Geschmack und Geruch ist auch die Farbskala von schwach gelb über goldgelb bis olivgrün abhängig vom Reifegrad der Oliven, der Sorte, dem Klima, den Bodenverhältnissen und den Anbaumethoden. Es ist wie beim Wein: die große Vielfalt des Aromas und der Farbe wird durch die natürlichen Bedingungen und den Eingriff des Menschen bestimmt. Olivenöl ist ein kulinarischer Genuss und zugleich von hohem gesundheitlichem Wert. Seinem hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren verdanken die mediterranen Völker eine niedrigere Herzinfarktrate und einen niedrigeren Gesamtcholesterinspiegel im Vergleich zu anderen europäischen Bevölkerungen. Die günstigen Effekte der ungesättigten Fettsäuren auf Cholesterinspiegel und Herzinfarktanfälligkeit werden neuerdings relativiert und dafür andere Vorzüge des Olivenöls herausgestellt, wie sein Netto-Vitamin E und die essentiellen Fettsäuren. Da kalt gepresst, bleibt das Vitamin E vollständig erhalten. Auch die phenolischen und andere pharmakologisch wirksame Substanzen bleiben erhalten und wirken antioxidativ. Im Gegensatz zu anderen pflanzlichen Ölen haben die im Olivenöl enthaltenen einfach  ungesättigten Fettsäuren den Vorteil, sich als besonders stabil gegenüber Oxidationsreaktionen zu erweisen und sie verursachen selbst bei hohen Zufuhrmengen keine unerwünschten Nebenwirkungen.

 


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