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Reiseführer Nordzypern

Oleander

Unzählige Male hat man ihn bewundert – seine immergrünen Blätter, das prachtvolle rosa Blütenkleid – und sich gefragt: was wäre wohl die mediterrane Landschaft ohne ihn? Gewiss sind Oliven- und Zitronenbaum nicht minder markante Wahrzeichen in den Landstrichen zwischen Andalusien und der Levante, doch der Oleander sticht sie alle aus. Er verschmäht menschliche Zuwendung, lehnt Pflege und Bewässerung ab, lebt sein eigenes unabhängiges Leben und taucht gerade dort auf, wo man ihn am wenigsten erwartet: fernab jeder Siedlung, in brütender Hitze, ohne Schatten, auf steinigem, knochentrockenem Grund – aber frisch wie aus dem Gewächshaus.
Nicht, dass er keine Vorlieben hätte. Natürlich würde er Flussufer oder Bachläufe als Standort bevorzugen, doch die sind rar am Mittelmeer. So findet man den Oleanderstrauch häufig in Taleinschnitten und an solchen Stellen, wo Wasser sich länger hält als anderswo. Wenn das letzte Rinnsal ausgetrocknet ist, spüren seine Wurzeln das lebensrettende Nass noch tief im Boden auf. Als „Leitpflanze“ der selbst im heißesten Sommer noch tief unter der Oberfläche feucht bleibenden Wildbachbetten folgt diese „wahre Zierde der Landschaft den Wasserrinnen durch öde Sandflächen bis ans Meer und lässt von weitem durch sein dichtes Gebüsch mit dunklem Blättergrund und brennend roten Blüten die Lage der Wasserläufe erkennen“, wie jemand akribisch festhielt.

Oleander

Zwischen Bachbett und Kübel

Über die ursprüngliche Heimat von „Nerium oleander“ herrscht Ungewissheit. Wohl fühlt er sich offensichtlich zwischen Mittelmeergebiet und dem nördlichen Indien bis hinüber in das südwestliche China. Schon früh fand er Gefallen als Zierpflanze. Pompejanische Wandgemälde zeugen von seiner Beliebtheit unter betuchten Römern. In Mitteleuropa war er eine der ersten Pflanzen, die in Kübel gezwungen wurden, um bei viel Sonnenschein und einem glücklichen Händchen vielleicht die Knospen zu öffnen, sie aber in einem verregneten Sommer garantiert geschlossen zu halten. Frost ist ihm, den man auch „Rosenlorbeer“ nennt, ein Gräuel. Den Winter übersteht er nur in hellen, leicht temperierten, luftigen Räumen.

Kübelpflanzen und auch am Mittelmeer angepflanzte Zuchtformen sind mehr oder weniger gefüllt und reichen in ihrem Farbspiel von Weiß über verschiedene Rosatöne bis Tiefrot. Seine rutenförmigen Zweige strecken sich bis zu 5 m in die Höhe. Sie tragen in Anpassung an die Klimaverhältnisse zu lineal-lanzettlichen Formen reduzierte Blätter, die bis zu 30 cm lang werden können. Die Frucht, eine so genannte Balgkapsel, der Johannisbrotschote nicht unähnlich, verwahrt die behaarten Samen.

Nicht ganz ungefährlich

Entsetzte Blicke des Hotelpersonals! Was ist passiert? Ahnungslos wurde blühender Oleander gepflückt und in einer Vase mit hübschen Gräsern gruppiert. Doch Vorsicht: die Pflanze zählt zu den Hundsgiftgewächsen (Apocynaceae) und sie kann tatsächlich Beschwerden hervorrufen, im Extremfall sogar zum Tode führen. Das war schon in der Antike bekannt. So warnte vor 2.000 Jahren Dioskorides, der berühmte griechische Arzt, dass die Pflanze „Mauleseln, Eseln und auch Hunden sowie vielen anderen vierbeinigen Tieren ein tödliches Gift sei“, empfahl sie aber mit Wein getrunken als Mittel gegen Schlangenbisse. Würden aber Ziegen oder Schafe von diesem Gebräu trinken, so könnten sie das nicht überleben . . .


An einem aktuellen Fall aus Nordzypern lässt sich die relative Gefährlichkeit der Pflanze erkennen, als vor einigen Jahren nach dem Verzehr von Oleanderblättern Rinder elend krepierten. (Die tödliche Dosis für Rinder liegt bei 20 – 30 Blättern.)
Alle Teile der Pflanze enthalten einen bitteren, milchigen Saft mit dem herzwirksamen Glycosid Oleandrin. In seltenen Fällen kann schon bei der Berührung der Pflanze Milchsaft durch Wunden in die Haut eindringen und Vergiftungen auslösen. Charakteristische Symptome einer Vergiftung sind Kopfschmerzen, Erbrechen, Krämpfe, Herzrhythmusstörungen. Selbst der Genuss von Honig aus Oleanderblüten kann zu Übelkeit und Erbrechen führen.


Auf der anderen Seite entwickelt das Oleandrin als Herzmittel eine Heilwirkung. Besonders in der Homöopathie nutzt man seine Wirkung bei Angina pectoris und Magen-/Darmentzündungen.
Oleandersträuße im Hotelzimmer sollte man sich denn doch verkneifen und wenn es nun gar nicht ohne geht: auf Wunden achten und gründlich die Hände waschen – vor allem aber sich in der Landschaft an den herrlichen Sträuchern erfreuen!

 


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