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Reiseführer Nordzypern

Molohiya

Wie die urwüchsige Knollenfrucht Kolokaz gedeiht auch die blattreiche Molohiya-Pflanze außer in Zypern nirgendwo sonst in Europa. Im Mai sät man sie aus. Sie wächst rasch heran und im August wird es Zeit, die dunkelgrünen, leicht gezackten Blätter vom Strunk zu schneiden und für die spätere Verwendung zu präparieren. In Nordzyperns Dörfern - besonders in der Mesarya-Ebene - sieht man dann Frauen im Schatten der Terrassen sitzen, vor sich gewaltige grüne Berge des Molohiyastrauchs, dessen Blätter sie vorsichtig von den Zweigen zupfen, um sie auf großen, im Schatten liegenden Tüchern zum Trockenen auszubreiten. Täglich werden sie gewendet und wenn sie nach sechs, sieben Tagen gleichmäßig durchgetrocknet sind, liegen schon eigens angefertigte voluminöse Baumwollbeutel bereit, um sie darin zu verstauen. Die prall gefüllten Beutel lassen sich am besten von Decken oder Balken herabhängend aufbewahren. Insekten haben so keine Chance, sich über die Blätter herzumachen und der leichte um die Beutel streichende Luftzug hält sie konstant trocken.


Soweit die Vorbereitungen auf herbstliche und winterliche Genüsse. Natürlich lässt sich Molohiya auch frisch zubereiten. Die Blätter werden in diesem Fall zusammen mit angebratenem Fleisch von Huhn oder Lamm, Öl, Zwiebeln, Tomaten, Tomatenmark, Fleischbrühe, Pfeffer, Salz und dem Saft einer ganzen Zitrone rund eine Stunde simmernd gegart. Dagegen müssen getrocknete Blätter (für 4 Personen nimmt man sechs Hände voll = 150 - 160 g) zunächst in warmem Wasser gewaschen und gründlich ausgedrückt werden, ehe sie zu den anderen Zutaten in den Topf wandern.

Eine Malve, die man essen kann

Molohiya ist mit der Malve verwandt und gehört zur gleichen Gattung wie die Jutepflanze. Ihr botanischer Name ist Corchorus olitorius von griech. Korchoros = Langkapseljute, olitorius steht für Gemüse. "Gartenmalve" ist die populäre Bezeichnung. "Baqla yahudiyya", jüdisches Gemüse (oder auch Judenmalve), nannte man sie im Mittelalter im Vorderen Orient, weil sie zu den Lieblingsgerichten der jüdischen Gemeinden zählte. Aber schon viel früher, zur Zeit der ägyptischen Pharaonen, kannte man die schmackhafte Pflanze. Wandbilder in Pharaonengräbern erzählen von der Zubereitung einer Molohiya-Suppe, die noch heute auf genau die gleiche Art angerichtet wird: "Melochia" (arab. für Malve) ist längst ein ägyptisches Nationalgericht, das besonders unter der Landbevölkerung beliebt ist. Es wird aus einer kräftigen Brühe, getrockneten oder frischen Molohiyablättern, Knoblauchzehen, geklärter Butter, gemahlenem Koriander und gemahlener Roter Paprika zubereitet.


Wie aber schmeckt nun eigentlich dieses fremdartige Blattgemüse? Es erinnert etwas an Sauerampfer, tendiert aber auch in Richtung Spinat.
Auf welchem Wege Molohiya nach Zypern gelangte, scheint geklärt. Wahrscheinlich waren es bei Unruhen eingesetzte Truppen aus den damals osmanischen Territorien Syrien, Libanon und Ägypten, mit deren Tross die Pflanze im 19. Jahrhundert auf die Insel gelangte. Überhaupt wird der enge Austausch mit Ägypten den Anbau von Molohiya begünstigt haben - nicht anders als beim Kolokaz.


Für ausländische Gäste mit kulinarischem Interesse gibt es die frohe Botschaft, dass einige Restaurants, die einheimische Kost noch hochhalten und sich noch nicht der sog. "internationalen Küche" ergeben haben, Molohiya anbieten. Und wenn nicht? Nach Molohiya fragen, das freudige Erstaunen in den Augen des Kellners wahrnehmen und auf das warten, was da kommen wird.

 


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