DAS PORTAL DEUTSCHSPRACHIGER REISEJOURNALISTEN

Reiseführer Nordzypern

Johannisbrot, Zyperns "schwarzes Gold"

Pfeiler Zyperns

Johannisbrot  wurde mit Fug und Recht auch als "Pfeiler Zyperns" gepriesen, seit es dem früheren "Exportschlager" Salz aus dem See von Larnaca den Rang als lukrativstes Ausfuhrgut ablaufen konnte. In keiner anderen Weltgegend drängten sich so viele Johannisbrotbäume auf so engem Raum wie in Zypern. Über zwei Millionen Bäume besiedelten die bevorzugten Anbauzonen des weiträumigen Hinterlandes von Limassol, die hügeligen Ebenen um Paphos, den nördlichen Küstenstreifen zu Füßen des Besparmak-Gebirges und große Areale auf der Karpaz-Halbinsel. Die süße Frucht zyprischer Johannisbrothaine war in Europa wegen ihrer gleichbleibenden Qualität hochbegehrt. Für lange Zeit blieb es das bestbezahlte Johannisbrot auf den europäischen Märkten, so in Triest und Venedig, in Frankreich und Russland. Ein deutscher Korrespondent schwärmte 1883 in seinem Bericht aus Zypern:

"Die Insel bringt viele Gewächse in vorzüglichen Primaqualitäten, wie teilweise in geradezu exzellierenden, der Insel eigentümlichen Abarten hervor. So hat die beste Sorte von Johannisbrot in Südrußland (wo die Schoten vom Volke viel gegessen werden) den Namen zyprisches. Von Jahr zu Jahr wird das zyprische Johannisbrot ein immer beliebterer und gesuchterer Handels- und Ausfuhrartikel..."

Johannisbrot
Die noch grünen Schoten im Frühjahr

Das in Säcke abgefüllte "schwarze Gold" schleppten Tragtiere zu den Lagerhäusern an der Küste, wo Schiffe die Ladung übernahmen. Gut erhaltene Lagerhäuser (wie im Hafen von Girne) und langsam verfallende (zum Beispiel unterhalb von Esentepe) finden sich noch an vielen Küstenabschnitten rund um Zypern.

Geschichte

Auf der Insel wohl nicht vor dem vierten vorchristlichen Jahrhundert heimisch - die erste schriftliche Erwähnung stammt gar erst aus dem 5. Jahrhundert, als das Grab des Apostels Barnabas "im Schatten eines Johannisbrotbaumes" entdeckt wurde- fand der genügsame Schotenträger lange Zeit wenig Beachtung. Er deckte den lokalen Bedarf, an Ausfuhr dachte man nicht. Die Wende brachten europäische Kolonisten und Unternehmer, die den zyprischen Johannisbrotschoten die Märkte Europas erschlossen. Im 15. Jahrhundert nahm die süße Frucht bereits einen Spitzenplatz unter den Ausfuhrgütern ein. Nahezu die gesamte Ernte wurde exportiert. Dabei schwankten die Mengen erheblich, wofür Dürrejahre verantwortlich waren, aber auch Schädlingsbefall oder kriegerische Ereignisse. So stellt sich das Volumen der Johannisbrotexporte über die Jahrzehnte und Jahrhunderte als ausgeprägte Zickzacklinie dar. Bei allen Auf- und Abschwüngen war es die große Zeit der Johannisbrotkultur, als der genügsame, immergrüne Baum zu einem rechten "Bauernbaum" geriet, der dem zyprischen Landmann Ertrag in Aussicht stellte, seinen Schafen und Ziegen mit Nahrung über den Winter half, die Bauernfamilie Hungersnöte überstehen ließ, Brennstoff für den Ofen lieferte und willkommenen Schatten an heißen Sommertagen spendete, das kostbare Wasser im Boden festhielt und den Sand vor dem Davonwehen bewahrte.

Doch um die Mitte des 20. Jahrhunderts war der Johannisbrotbaum bei nachlassender Nachfrage und sinkenden Gewinnen aus dem Rennen. Die Bauern hatten sich längst umorientiert, versprachen doch die neuen Intensivkulturen (Zitrusfrüchte, Kartoffeln, Weintrauben) sichere und vor allem höhere Einkommen. Heute liegt die Zahl der Johannisbrotbäume deutlich unter zwei Millionen. In beiden Teilen Zyperns ist die schwarz-braune Schote zu einem unbedeutenden Wirtschaftsfaktor herabgesunken.

Ernte und Besonderheiten

In Nordzypern verkündet die Regierung traditionell jedes Jahr am 22. August den von ihr festgesetzten Aufkaufpreis für die jetzt reifen Johannisbrotfrüchte und sie legt gleichzeitig den Beginn der Erntekampagne fest. Innerhalb von drei Wochen müssen die Bäume in einer arbeitsintensiven Prozedur abgeerntet und die Schoten in Säcke abgefüllt sein, um danach von der Kooperative eingesammelt, gewogen und auf Lastwagen geladen zur Verarbeitung nach Famagusta (Gazi Magusa) transportiert zu werden. Hier sorgen Maschinen für die Trennung von Kernen und Frucht. Das zerkleinerte Fruchtfleisch verwandelt sich in ein nahrhaftes Zusatzfutter für Wiederkäuer und bleibt im Land, während die Kerne (der Samen) überwiegend nach Italien zur Weiterverarbeitung exportiert werden. Es liegt auf der Hand, dass die Höhe des garantierten staatlichen Abnahmepreises den Ernteeinsatz entscheidend beeinflußt. Wenn, wie im Jahre 1999, der Erzeuger einen Kilopreis von nur 17 - 18 Pfennig erhält, werden etliche Bauern die Früchte sich selbst überlassen - zur unbändigen Freude der Baumratten, die Eichhörnchen gleich im grau-wolligen Pelz und langem Rattenschwanz durch das Geäst turnen und sich die zuckerreiche Frucht schmecken lassen. Ihre eigentliche Lieblingsspeise sind freilich die höchst nahrhaften inneren Schichten der Rinde von Ästen und Stämmen und hier richten sie wirklich Schaden an.

Johannisbrot-Lagerhaus an der Nordküste
Johannisbrot-Lagerhaus an der Nordküste

Drei Sorten des Johannisbrotbaumes sind in Nordzypern heimisch. Davon ist die Varietät "Tylliria" die meistverbreitete, die sich auch in anderen Ländern wie Griechenland, Israel und USA gut eingelebt hat. Ihre Schoten erreichen eine Länge von 17 cm bei einem Zuckergehalt von 51 %. Relativ kurz mit 13 cm ist die Sorte "Koundourka" (Kundurga), die häufig auf der Karpaz-Halbinsel anzutreffen ist. Ihr Zuckergehalt liegt bei 50 %. Vergleichsweise hoch ist bei dieser Sorte der Gewichtsanteil der Kerne (14-15 %) am Gesamtfruchtgewicht. Die im Durchschnitt zehn Kerne machen bei den anderen Sorten nur 8 % des Gewichts aus. Auch vorzugsweise auf der langgezogenen Halbinsel im Nordosten Zyperns wächst die Sorte "Koumbota" (Kumboda). Ihre Schoten erreichen gut 20 cm Länge und 53 % Zuckergehalt. Die Bäume dieser Varietät wachsen zu beachtlichen Höhen heran. Im Vergleich zu den anderen Sorten sind die Kumboda-Früchte etwas "knorrig" ausgebildet.

Welche Vielfalt an Produkten aus dem Fruchtfleisch und den Kernen der Johannisbrotschote gewonnen werden kann, beschreibt ausführlich das Kapitel   "Der Johannisbrotbaum". Hier sei noch auf eine nordzyprische Spezialität hingewiesen, die Besucher unbedingt kosten sollten. "Pekmez" heißt sie. Es ist ein dickflüssiger, schwarzer, sirupähnlicher und mineralienreicher Extrakt, der auf Joghurt köstlich mundet. Gemischt mit der Sesampaste Tahin oder einer Tomatensauce beigegeben, entstehen überraschende kulinarische Genüsse. Die Herstellung von "pekmez" ist zeitaufwendig und ein beliebtes Dorfereignis. In größerer oder kleinerer Gesellschaft werden die Schoten mit einem starken Stein zerkleinert und dann für eine lange Nacht in einem großen Kessel in heißem Wasser geköchelt. Am nächsten Tag wird der wässrige Saft umgegossen und weiter eingekocht, bis er die gewünschte sämige Konsistenz erhält.

 


Suchen bei schwarzaufweiss



Reiseveranstalter Nordzypern