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Reiseführer Nordzypern

Famagusta

Othellos Geschichte

Als Großbritannien 1878 das Kommando auf Zypern übernahm, wurde es in einigen Zirkeln der englischen Society zu einer Lieblingsbeschäftigung, nach verwehten Spuren Albions auf der Insel zu fahnden. Man wurde rasch fündig: die Jahrhunderte währenden Handelsaktivitäten der „Levant Company“ in Zyperns Hafenstädten kamen wieder ans Licht und noch weiter zurückblickend, stieß man auf Richard Löwenherz` zyprisches Abenteuer 1191, das seinem treuen Vasallen Guy de Lusignan ein Inselkönigreich bescherte. Und man erinnerte sich an eine ominöse „seaport-town in Cyprus“, die William Shakespeare in seiner „Othello“-Tragödie als Schauplatz genannt hatte. Dabei, so die einhellige Meinung, konnte es sich nur um die berühmte Hafenstadt Famagusta handeln und als der in so vielen Szenen erwähnte Handlungsort „castle“ kam nur ihre Zitadelle in Frage.

Othelloturm, Famagusta, Nordzypern

Fundstück im Hof des Othelloturms


Shakespeare selbst äußerte sich nicht näher über die Örtlichkeiten. Er war nie in Zypern gewesen. Doch in Europas gebildeten Kreisen hatte man durchaus Kenntnis von den Vorgängen auf der fernen Insel. Man wusste von der Bedrohung durch die Osmanen und den fieberhaften Verteidigungsanstrengungen der Venezianer. Einige Bemerkungen Othellos zu seinen Offizieren scheinen das zu erhärten, wie etwa im 3. Akt, 2. Szene: „I will be walking on the works . . .This fortification, gentlemen – shall we see`t ?”

Der Mohr – eine historische Gestalt ?

Nun war, als Shakespeare “Die Tragödie von Othello, dem Mohren von Venedig“ niederschrieb (1603), Famagusta schon einige Jahrzehnte in osmanischer Hand. Der frühere Glanz war längst dahin, die Befestigungen ramponiert, die Zitadelle verwaist. Nicht das Zypern seiner Zeit, sondern eine Erzählung aus einer Novellensammlung, die 1565 erschienen war, diente Shakespeare als Anregung. Ihr Autor, der aus Ferrara stammende Giovanni Battista Giraldi Cinthio (1504-1573), versammelte im Stile von Boccaccios “Decamerone” 112 moralisierende Erzählungen unter dem Titel “De Gli Hekatommithi”. Die siebente Erzählung der III. Dekade führt uns auf die Spur des Mohren. Sie beginnt:


„Es lebte einmal in Venedig ein Mohr, der sehr tapfer und von stattlicher Gestalt war. Und wegen seiner im Kriege bewiesenen großen Erfahrung und Klugheit wurde er von der Signoria der Republik hoch geschätzt...“


Es ist die ausgeschmückte Geschichte des Cristoforo (auch: Cristofalo) Moro (der nur dem Namen nach ein „Mohr“ war). Als „luogotenente di Cipro“ (etwa: Statthalter) war er 1506 von der Serenissima nach Zypern versetzt worden – „a man who was married four times, and his private life was not very exemplary“, wie jemand schrieb. 1508 wurde er aus Zypern zurückgerufen, nachdem seine Frau dort unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war. Möglich, dass Cinthio in die abgründige Geschichte des Moro Bruchstücke aus dem Leben des Francesco da Sessa eingeflochten hat. Auch er war Offizier in venezianischen Diensten auf Zypern. „Il capitano moro“ nannte man ihn wegen seiner süditalienischen Herkunft. 1544 wurde er in Ketten nach Venedig zurückgebracht. Venezianische Gerichtsakten sprechen in diesem nicht minder undurchsichtigen Fall von mildernden Umständen und einer zehnjährigen Haftstrafe.

Othelloturm, Famagusta, Nordzypern

Fundstück im Hof des Othelloturms

Das Drama

Nach dem im nächtlichen Venedig angesiedelten ersten Akt des „Othello“, verlagert sich das Geschehen nach dem hinfort einzigen Schauplatz, der „seaport-town in Cyprus“. In verschiedenen Räumen der Burg, in ihrem Garten, auf einem offenen Platz nahe dem Kai, schließlich „in a bedchamber in the castle“ treibt die Handlung der Katastrophe zu.
Shakespeares großes Bühnendrama um Intrigen, Eifersucht und Mord, um die Verstrickungen seiner Protagonisten Othello und Desdemona, Jago und Cassio erlebte seine Erstaufführung 1604 im Beisein des englischen Königs. Hamburg (1776) war die erste deutsche Stadt, in der die Tragödie gezeigt wurde.
Gioacchino Rossini nahm sich des Themas in seiner Oper „Otello“ an (1816), doch erst Giuseppe Verdi gelang 1887 eine, wie es heißt, „kongeniale Vertonung“.
Die Hauptfiguren Othello und Jago waren in großen Kinofilmen Paraderollen für Emil Jannings, Werner Kraus, Orson Welles und Laurence Olivier.

 


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