Reiseführer Nordzypern
Famagusta
Karmeliter-Kirche
Die Kirche „Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel“
hat als einziges Gebäude eines an dieser Stelle gelegenen Karmeliter-Konvents
überlebt. Der Klosterkomplex entstand im letzten Drittel des 14.
Jahrhunderts.
Die vom Propheten Elijah inspirierten Ordensmitglieder verehren in besonderer
Weise die Jungfrau Maria. So wurde die Kapelle des Stammklosters der Karmeliter
im Karmel-Gebirge (heutiges Israel) ihr geweiht. Auch spätere Kirchengründungen
waren zumeist Marienkirchen wie die in Famagusta.
Das Karmeliter-Kloster im nordwestlichen Winkel der Stadtbefestigung beherbergte
längere Zeit mit dem Erzbischof von Kreta, lateinischem Patriarchen
von Konstantinopel, päpstlichem Gesandten in der Levante -Petrus
Thomasius- einen prominenten Kirchenmann. Philip de Mézières,
zyprischer Kanzler in Lusignandiensten, erzählt in seiner „Vita
S. Petri Thomasii“ von der Absicht des Klerikers, die orthodoxen
Griechen zur Annahme des lateinischen Ritus zu bewegen und er berichtet
über seinen tragischen Tod, Folge seines unermüdlichen Einsatzes
für die Gläubigen Famagustas.
Er habe, so de Mézières, darauf bestanden, für den
gerade verstorbenen Bischof Leodegarius de Nabanalis die Weihnachtsfestlichkeiten
1365 in der Nikolaus-Kathedrale zu zelebrieren. Trotz angeschlagener Gesundheit
habe er den langen Weg zur Kathedrale zu Fuß bei schlechtem Wetter
zurückgelegt, sich Fieber zugezogen und sei Anfang 1366 gestorben.
Sein Leichnam wurde in der Marienkirche beigesetzt, später umgebettet,
schließlich exhumiert und nach Europa überführt. Schon
bald wurde er in den Kanon der Heiligen aufgenommen.
Das Bauwerk
Die Marienkirche ist schon seit vielen Jahrzehnten eine
Ruine. Das Dach ist gänzlich verschwunden. Bögen über Fenstern
und Portalen scheinen den fragilen Wänden noch Halt zu geben. Vorbilder
für den gotischen Bau sind in Südfrankreich zu finden. Er gilt
unter Kennern als ungewöhnlich stilgenau konstruiert und gut proportioniert.
Das ohne Seitenschiffe errichtete Gotteshaus erstreckt sich über
vier Joche (gewölbte
Raumabschnitte) und eine Dreiseitenapsis. Zwei schmale Seitenkapellen
mit spitz zulaufenden Tonnengewölben liegen dem dritten Joch an.
Man erkennt lanzettförmige Fenster und über dem Hauptportal
ein breites dreigeteiltes, noch mit Maßwerk versehenes Fenster,
ausgeschmückt mit einem Dreipass und zwei Vierpässen, die von
Kreisen eingefasst sind. Auffallend: die starken achteckigen, pyramidenförmig
abschließenden Strebepfeiler an den Ecken der Hauptfassade, quadratisch
mit abgeschrägten Enden und weniger wuchtig ist das Strebewerk an
den Seitenwänden.
Die einst üppige Ausmalung des Kircheninnern im italienischen Stil
des 14. und 15. Jahrhunderts wird in absehbarer Zeit völlig verschwunden
sein. Mit viel Phantasie lässt sich hier und da noch ein Farbrest
ausmachen.
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