Reiseführer Nordzypern
Epiphanios-Basilika
Basiliken (von griech. „basilikós“ = königlich) entwickelten sich als neue Bauform im Italien des 2. vorchristlichen Jahrhunderts. Zu den Besonderheiten dieses oft monumentalen Bauwerks zählten sein erhöhtes Mittelschiff, zwei oder mehr durch Säulenreihen voneinander getrennte Seitenschiffe und ein zumeist von größter Einfachheit geprägtes Äußeres. Die Basilika war seinerzeit weit verbreitet und diente als Ort für Gerichtsverhandlungen, als Behördensitz, häufig als Markthalle, auch als Wechselbank und als Audienzhalle in kaiserlichen Palästen. Als das Christentum zur dominierenden Religion des Römischen Reiches aufstieg, bot sich der große rechteckige Langbau als Vorbild für die mehrschiffige Kirche an. Kein eigenständiger Sakralbaustil entstand bis zum 6. Jahrhundert – die Antike wirkte fort und frühchristliche Baumeister bedienten sich weiter der Prinzipien monumentaler römischer Raumarchitektur.
Das Ruinenfeld der Epiphanios-Basilika
Auch die salaminische Epiphanios-Basilika entsprach mit ihren stattlichen
Außenmaßen von 58 x 42 m monumentalen römischen Vorbildern.
Sie übertraf sogar berühmte, zeitgleich entstandene Basiliken
wie die idyllisch auf dem Aventin über Rom gelegene dreischiffige
Santa Sabina-Basilika (54,5 x 24,8 m) oder die fünfschiffige Aghios
Dimitrios-Basilika in Thessaloniki (44 x 33 m).
Sie war eines der größten Gotteshäuser ihrer Zeit.
Besuchern der Ausgrabungsstätte ist verständlicherweise die Enttäuschung anzumerken, denn kein Prachtbau – und sei er noch so ruinenhaft – liegt vor ihnen, nur grasüberwucherte Fundamente, dazwischen Gänge, Säulenstümpfe, am Boden liegende korinthische Kapitelle. Auch die Basilika teilte das Schicksal anderer Bauten in Salamis, die nach Zerstörung und Verfall gegen Mitte des 7. Jahrhunderts skrupellos als Steinbruch ausgeschlachtet wurden.
Mutmaßungen über eine Basilika
Wie sie
einst ausgesehen haben könnte, haben Archäologen und Historiker
zu einem Bild zusammengefügt, das nicht ohne Lücken ist. Sie
entstand gegen Ende des 4./Anfang des 5. Jahrhunderts während der
Amtszeit des Bischofs Epiphanios, der 368 von den Bischöfen Zyperns
zum Metropoliten der Insel gewählt worden war und das Amt bis zu
seinem Tod (403) innehatte.
Entsprechend den Entwürfen jener Zeit waren der Basilika wahrscheinlich
nach Westen ein Narthex und ein Atrium (Vorhof) mit Kolonnaden vorgelagert,
die noch nicht freigelegt werden konnten. Der Narthex überragte die
Breite der Basilika, um auch Zugang zu den Seitenpassagen und zu den außerhalb
des Gebäudes liegenden „katechouména“ (Korridoren)
der dort wartenden Taufkandidaten zu gewähren.
Der Typ des hier beschriebenen fünfschiffigen Gotteshauses sollte
in Zypern auch andernorts entstehen, so in Paphos, Soloi oder Lapithos/Lambousa.
Er weist ein breites Mittelschiff auf, das von je zwei Seitenschiffen
flankiert wird. Eine halbrunde Zentralapsis schließt das Mittelschiff
nach Osten ab. Sie war mit gleichfalls halbrund angeordneten und übereinander
gereihten Steinbänken nebst Bischofsthron im Zentrum ausgestattet,
einer „synthronon“ genannten architektonischen Ergänzung,
die sich auf Vorbilder in der Irenen-Kirche von Konstantinopel und der
Johannes-Kirche in Ephesos stützte. Auch die beiden inneren Seitenschiffe
münden in eine Apsis. Die Gestaltung mit drei vorspringenden Apsiden
ist dem um 480 entstandenen nordsyrischen Pilgerheiligtum Qalat Seman
(St. Simeon der Säulenheilige) entlehnt. Sie wurde in der Folgezeit
noch häufiger beim Bau zyprischer Basiliken angewendet. Auffallend
sind die langen Passagen nördlich und südlich der Seitenschiffe,
die wohl dazu gedient haben mögen, den Ansturm der Gläubigen
besser zu steuern und den Zugang zu den Emporen und zum Annex im Osten
zu erleichtern.
In einem mit Marmorplatten ausgekleideten Grab nahe der südlichen
Apsis vermutet man die Grablege des Epiphanios, der hier 403 mit einer
Sondergenehmigung des ersten byzantinischen Kaisers Arcadios beigesetzt
worden sein soll. Seine sterblichen Überreste wurden, so will es
die Überlieferung, unter Kaiser Leon Anfang des 10. Jahrhunderts
nach Konstantinopel überführt.
Eine neue Kirche und das Baptisterium
Nach
der Zerstörung der Basilika entstand gegen Ende des 7. Jahrhunderts
in der Verlängerung der südlichen Seitenschiffe eine neue kleine
Kirche in basilikalem Stil. Im 9. Jahrhundert wurde sie mit drei Kuppeln
überdeckt und mit Pfeilern verstärkt.
In diesem Bereich östlich der Basilika lag von jeher das Baptisterium
(Taufkirche) mit einem in den Boden eingelassenen, kreuzförmigen
Taufbrunnen. Die Täuflinge legten in einem angrenzenden Raum das
Glaubensbekenntnis ab und schritten dann die Treppen zum Brunnen hinunter.
Nach der Taufe nahmen sie eine andere Treppe, die sie zu einem Verlies
führte, wo sie weiße Kleidung anlegten und vom Bischof mit
heiligem Öl gesalbt wurden.
Von der verschwenderischen Ausschmückung des Baptisteriums zeugen
noch der verbaute prokonnesische Marmor und Mosaiken, wie auch große
mit „opus sectile“ ausgelegte Flächen, die hier und selbst
in der Basilika die Zeiten überdauert haben.
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